Donnerstag, 1. November 2012

Zu Hause


An einem regnerischen Montagmorgen landen wir in Zürich, müde nach dem fünfzehnstündigen Flug. Regen – den haben wir genug gehabt, wir sind ja teils während der Regenzeit gereist. Doch dieser Regen hier ist frisch und wir geniessen für das Erste die Kühle, es kommt uns vor als ob das ganze Land mit einer riesigen Klimaanlage ausgerüstet wäre.

Viel hat es sich nicht geändert in den sechseinhalb Monaten die wir unterwegs waren, wenigstens kommt es uns so vor. Aber vielleicht, weil wir in der letzten Zeit schon in „zivilisierteren“ Ländern (Thailand, Singapur, Malaysia) unterwegs waren. Nur unsere Wohnung erscheint uns wieder riesengross – kein Wunder nach der langen Zeit im kleinen VW Bus.

Romy hat am zweiten Tag einen Termin beim Arzt. Der Gips wird definitiv abgenommen und der Bruch untersucht. Wir sind glücklich zu vernehmen, dass keine Unregelmässigkeiten ersichtlich sind. Nun besucht sie fleissig eine Physiotherapeutin und mit etwas Glück wird der Arm wieder so beweglich werden wie vor dem Unfall.

Der Brummi wartet in Malaysia im Schatten einer Kokospalme. Ob es im nächsten Frühling weiter geht? Wir planen noch nicht konkret, zuerst möchten wir die Zeit zu Hause geniessen und alle unsere Freunde und Bekannten wiedersehen. Doch gewisse Ideen haben wir schon – wir wollen den Brummi im nächsten Frühjahr nach Australien verschiffen. Wir müssen wegen seiner Höhe einen HQ Container nehmen und den gibt es nur in 40 Fuss Ausführung. So haben wir noch genug Platz für ein zweites Fahrzeug. Vielleicht liest diese Zeilen jemand, der ähnliche Pläne hat. Wir würden uns über eine Nachricht freuen.

Wie gesagt, wir geniessen die Zeit hier zu Hause. Darum wird es lange Zeit keinen neuen Beitrag in unserem Blog geben. Vielen Dank allen Lesern und Leserinnen für die Treue. Wenn der richtige Zeitpunkt da ist, melden wir uns wieder………


Mittwoch, 17. Oktober 2012

Das letzte Stück


Innerlich tief bewegt vom Besuch des Museums der Todesbahn fahren wir weiter Richtung Süden. Es bleibt uns zwar nicht mehr viel Zeit um Malaysia rechtzeitig zu erreichen (wir haben dort einen Termin mit unseren Bekannten aus Singapur vereinbart), trotzdem wollen wir nicht alle Sehenswürdigkeiten am Weg links liegen lassen. Dazu gehören vor allem die schwimmenden Märkte, die an den Wochenenden im Umkreis von Bangkok stattfinden. Das Leben hier spielt sich an den verwinkelten Kanälen ab, das Verkehrsmittel ist das Boot, entweder altmodisch und leise mit einem Paddel oder mit einem lautstarken Motor angetrieben. Viele der Boote sind zu schwimmenden Garküchen oder Läden umgebaut.

Die Ufer sind gesäumt mit Restaurants und, es könnte ja nicht anders sein, denn das alles ist mittlerweile eine der grössten touristischen Attraktionen, mit unzähligen Geschäften, die Andenken, Schmuck, Kleider und allerlei Ramsch an die von Bangkok in grossen Zahl anreisenden Touristen und Einheimischen verkaufen. Und wie es scheint, läuft das Geschäft nicht schlecht. Da wir an diesem emsigen Treiben teilhaben wollen, buchen wir ein Guest House direkt an einem Hauptkanal. Im Nachhinein erweist sich diese Idee aber nicht als allzu gut.

Die Lage am Wasser ist zwar sehr romantisch, aber wie es heisst – nichts ist vollkommen. Nur eine dünne Holzwand trennt uns vom Steg, an dem Hunderte von lauten Touristen und Einheimischen hin und her laufen.

Die weiteren Tage verbringen wir vorwiegend mit fahren. Die Strassen sind gut und je weiter wir uns von Bangkok entfernen, desto mehr nimmt der Verkehr ab. Von der Strasse aus sehen wir oft prachtvolle Wats (buddhistische Klöster mit Tempeln). Doch wir haben in Thailand schon so viele davon gesehen. Es ist fast unmöglich sie alle aus der Nähe anzuschauen. Da Romy mit ihrem eingegipsten Arm etwas mehr Komfort braucht, heisst es an jedem Nachmittag ein Hotel zu suchen. Manchmal erweist sich die Suche etwas schwierig, denn wir fahren durch Gebiete, die sehr selten von Ausländern besucht werden. Alles ist nur in thailändischer Schrift angeschrieben und in unserem Reiseführer sind diese Orte gar nicht erwähnt. Es klappt zwar nicht auf Anhieb aber wir finden immer eine Bleibe.

Eine Zitterpartie ist der Grenzübergang nach Malaysia. Bekanntlich wollen wir dort das Auto einige Monate stehen lassen und darum müssen wir vermeiden, dass der Zoll in unseren Dokumenten einen Eintrag für das Auto macht. Denn dann dürften wir das Auto nur drei Monate in Malaysia stehen lassen und würden, falls wir diese Frist nicht einhalten, bei der Ausreise Probleme wie seinerzeit in Nepal bekommen. Zum Glück ist der Grenzübergang so unübersichtlich und der Verkehr so gross, dass es uns gelingt durzufahren - ohne dass das Zolldokument des Brummis registriert wird. Gleich nach der Grenze tanken wir das sagenhaft billige malaysische Benzin. Nach Sungai Petani, wo wir das Auto bei einer chinesischen Familie einstellen werden, ist es nicht mehr weit. Wir haben es geschafft die lange Strecke durch ganz Thailand ohne eine Panne zu fahren. Oben, ganz im Norden von Laos, im „Goldenen Dreieck“, hat uns der Brummi ja zum ersten und einzigen Mal, seit wir in der Schweiz gestartet sind, wirklich „stehen“ lassen. Weit abseits der Hauptstrecke auf einer kleinen, löchrigen Piste ging während der Fahrt plötzlich der Motor aus. Alle Startversuche blieben erfolglos. Ein Blick in den Motorraum hat mir gezeigt, dass kein Treibstoff mehr in den Vergaser gelangte. Ich untersuchte den Treibstofffilter, doch der schien in Ordnung zu sein. Also wechselte ich die Benzinpumpe aus, die wir glücklicherweise als Ersatzteil dabei hatten. Und siehe da, der Motor sprang auf Anhieb wieder an. Ohne Ersatzpumpe wären wir wohl etwas länger als uns lieb gewesen wäre, im „Goldenen Dreieck“ geblieben. Wir wollten später in Thailand bei der VW-Vertretung eine neue Reservepumpe besorgen und haben erfahren, dass diese in Deutschland bestellt werden muss, Lieferfrist vier Wochen!

 Bei der Ankunft in Sungai Petani bleiben uns sogar zwei Tage als Reserve. Diese verbringen wir mit putzen und aufräumen – bei fast 40 Grad im Schatten, der spärlich vorhanden ist – kein Vergnügen. Wir planen ja im nächsten Jahr das Auto nach Australien zu verschiffen und die australischen Einfuhrbestimmungen sind bekanntlich sehr streng. Nicht einmal ein Klümpchen Erde oder Dreck darf am Fahrzeug haften bleiben. Der Brummi hat ja viele schlammige Pisten in Tibet und am Mekong hinter sich und sieht unten entsprechend aus. An manchen Stellen könnte man Kartoffeln pflanzen… Drei Arbeiter waschen und putzen mit verschiedenen Mitteln den Unterboden den ganzen Vormittag – trotzdem haben wir den leisen Verdacht, es sei immer noch nicht genug für die strengen Augen der australischen Kontrolleure.

Wir treffen uns mit unseren Bekannten aus Singapur, die ihren hier lebenden Eltern einen Wochenendbesuch abstatten. Im Garten von Yits Grossmutterhaus parkieren wir den Brummi im Schatten einer Kokospalme. Die zweite Etappe unserer Reise ist nun zu Ende, der Brummi wird hier auf uns warten und wir fliegen morgen zurück in die Schweiz. Wir freuen uns schon, vor allem auf das etwas kühlere Wetter. Diesmal ist es nicht ganz ohne Pech und Pannen gegangen aber wir drei haben es geschafft. Ich habe die beste Frau und das beste Auto der Welt - ich danke Euch beiden.

Das Schlimmste unterwegs war der Oberarmbruch von Romy. Gleich nach unserer Rückkehr in die Schweiz wird sie zum Arzt gehen. Dort wird der Gips abgenommen und der Arm untersucht. Da wird sich zeigen, ob unsere Entscheidung, nicht sofort in die Schweiz zu fliegen, richtig war.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Es geht weiter

Heute fahren wir ins Spital von Chiang Mai. Es sind 6 Tage seit dem Unfall vergangen. Bis zehn Tage kann man noch operieren, falls es sich als nötig er weist. Wieder durchlaufen wir die ganze Spitalprozedur – Registrierung, Zuweisung zu der zuständigen Abteilung, neue Röntgenbilder, das Gespräch und die Beurteilung durch den Arzt, der Gang zu der Kasse. Dazwischen warten, warten und noch einmal warten. Dann das Gespräch mit dem zuständigen Chirurgen. Er meint, eine Operation würde die Beweglichkeit der Schulter verbessern. Allerdings könne diese auch durch eine Operation nicht mehr zu 100 % hergestellt werden.

Um ganz sicher zu gehen fotografieren wir die neuen Bilder ab Bildschirm ab (heute bekommt man sie auf einer CD) und schicken sie der REGA-Ärztin. Sie hat sie dann einem Chirurgen vom Spital Winterthur zur Beurteilung vorgelegt und er war auch der Meinung, eine Operation sei nicht zwingend. Wir sind glücklich über diese Aussage und entscheiden uns, unsere Reise wie  geplant fortzusetzen - auch wenn es für Romy umständlich ist. Wir wissen noch nicht, ob sie überhaupt im Bus schlafen kann. Das ist aber kein Problem, es hat ja eine Menge von Guest Houses und Hotels hier. Genauso ist es mit Kochen, man kriegt überall was und sonst bin ich gefordert. Ich glaube, für Romy wird die grösste Einschränkung sein, dass sie nicht mehr so gut fotografieren kann. Und einen Gips in dieser Hitze und Luftfeuchtigkeit zu tragen ist auch nicht gerade lustig.


Inzwischen sind, nach der Veröffentlichung des letzten Blogbeitrags, viele liebe Genesungswünsche für Romy eingegangen. Sie möchte sich auf diesem Weg bei allen Bloglesern bedanken. Es tut sehr gut zu wissen, dass man im Unglück nicht alleine ist. Vielen, vielen Dank.

Zuerst besuchen wir Cordula und Jochen, zwei Deutsche, die schon 10 Jahre unterwegs sind. Ihnen ist es gelungen im Jahr 2004 durch Myanmar zu fahren – ein Versehen der Behörden, wie sie glauben, denn seither hat das niemand mehr geschafft, bekanntlich leider auch wir nicht. Sie wohnen seit zwei Jahren in einem Haus in der Nähe von Chiang Mai und der Landrover im Garten wartet bis es wieder weiter geht. Wir verbringen den Nachmittag und Abend mit Erzählen. Es tut immer gut sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und den einen oder anderen Tipp zu bekommen.

Bevor wir Chiang Mai endgültig verlassen wollen wir die „grösste“ Attraktion mit eigenen Augen sehen. Es ist das „Tiger Kingdom“, wo etwa 40 Tiger leben. Nicht die Tiger sind die eigentliche Attraktion, sondern dass man zu ihnen in die Gehege gehen kann - für entsprechendes Eintrittsgeld und unter Aufsicht versteht sich. Dann kann man die Tiger streicheln und sich mit ihnen, wie mit einer Hauskatze, fotografieren lassen. Das findet grossen Zuspruch vor allem bei asiatischen Touristen. Die Tiger lassen sich das ohne Murren gefallen, sie sind alle in Gefangenschaft geboren und an Menschen gewöhnt. Die Frage ist natürlich berechtigt, wie dies mit einer tiergerechten Haltung zu vereinbaren ist.

Nun Fahren wir also weiter. Zuerst geht es in die östliche Richtung zur Grenze mit Myanmar. Nachdem wir das städtische Gebiet um Chiang Mai verlassen haben, sind wir wieder in der Natur, wir durchfahren eine hügelige Gegend mit schönen Reisterassen, dicht am höchsten Berg Thailand vorbei. Mit seinen etwa 2200 Meter ist er aber nicht wirklich ein Riese. Wir bekommen ihn leider nicht zu sehen denn sein Gipfel hüllt sich in Wolken. In der Nähe von Mae Siriang erreichen wir die Grenze zu Myanmar und fahren gut 200 Kilometer an ihr entlang Richtung Süden.

Unterwegs stossen wir auf Dörfer, die eigentlich Flüchtlingslager sind. Die Flüchtlinge kamen über den Fluss und suchten Sicherheit vor der Willkür und Verfolgung des Militärs von Myanmar. Hier werden sie durch thailändische Behörden geduldet und durch internationale Hilfsorganisationen betreut. Die Lager bestehen aus einfachen Bambushütten mit Blätterdach, die dicht aneinander gebaut sind.

Scheinbar werden sie nicht bewacht und die Leute können sich frei bewegen. Sie bebauen kleine Felder in der Umgebung der Dörfer. Wenn aber Romy fotografieren will, ist sofort jemand zur Stelle, der sie darauf hinweist, dass das Fotografieren hier nicht erlaubt ist. Sie verstehen auch kein Englisch und damit ist kein Gespräch möglich. Wir hoffen, dass mit der verbesserten politischen Situation in Myanmar diese Menschen bald nach Hause kehren können.

Unser Ziel heute ist Mae Sot. Hier überspannt eine „Freundschaftsbrücke“ den Fluss nach Myanmar. Ausländer können ihren Pass deponieren und die Grenzstadt in Myanmar einen Tag besuchen. Viele machen es um bei der Wiedereinreise ein neues thailändisches Visum zu bekommen. Hier, über diese Brücke wären wir eingereist, wenn wir die Genehmigung für Myanmar bekommen hätten.

Weiter geht es nun, immer Richtung Süden. Fast jeder kennt den Film oder wenigstens das Lied „Die Brücke am Kwai“. Es gibt sie aber wirklich, hier in der Nähe der Stadt Kanchanaburi. Der Fluss heisst aber nicht Kwai, sondern Khwae. Die Geschichte, die der Film erzählt, beruht auf wirklichen Ereignissen. Im Zweiten Weltkrieg wurde Thailand vom japanischen Militär besetzt, wie auch ein Teil von Birma, dem heutigen Myanmar, die damals eine britische Kolonie war. Ein weiteres Vordringen Richtung Indien wurde vorbereitet. Aus diesem Grund wurde eine Bahnlinie zu der Grenze gebaut um den Nachschub für den weiteren Vormarsch zu ermöglichen. Der Bau wurde vor allem durch Kriegsgefangene ausgeführt. Engländer, Amerikaner, Australier, Holländer und viele andere mussten hier unter unvorstellbaren Bedingungen und oft nur mit blossen Händen schuften. Tausende liessen hier ihr Leben, gestorben an Krankheiten, Unterernährung und der Brutalität der japanischen Aufseher. Ein Kriegsfriedhof mit langen Reihen der Grabsteine zeugt von diesen Verbrechen.

Die Brücke selber ist nun eine Attraktion geworden. Ganze Busladungen, vor allem asiatischen Touristen, werden herangekarrt und dürfen über die Brücke hin und zurück laufen. Am Abend wird sie farbig beleuchtet. Rund herum gibt es eine grosse Anzahl Andenken-Supermärkte, Restaurants und alles, was diese Touristen angeblich brauchen. Der Rubel rollt. Irgendwie ist mir komisch zu Mute, wenn ich denke, wie die Kriegsgefangenen hier damals gelitten haben.

Dann geht es weiter Richtung Süden. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit um Malaysia rechtzeitig zu erreichen.

Wir leben noch.



Donnerstag, 27. September 2012

Wenn einer eine Reise tut…

…hat er nicht nur schöne und angenehme Erlebnisse, sondern auch andere – aber davon später.
Zuerst fahren wir weiter nach Norden. Hier ist Laos sehr hügelig und es leben in dieser Region viele verschiedene Ethnien, Hill Tribes, also Bergstämme, wie sie genannt werden. Um möglichst viel über sie zu erfahren und ihre Dörfer kennen zu lernen, buchen wir eine Tour.


 Bald sind wir aber regelrecht überfordert, denn es gibt so viele Stämme und jeder hat seine eigenen Gebräuche und Trachten, errichtet verschiedene Arten von Häusern, redet unterschiedliche Sprachen und baut vorzugsweise andere Pflanzen an. Früher haben viele der Stämme Opium angebaut. Durch die Politik der Regierung verbunden mit Umsiedlung und der Einführung anderer Verdienstmöglichkeiten ist die Kultivierung von Opium angeblich verschwunden.

„Vielleicht, irgendwo an versteckten Orten in den Bergen ist es noch möglich“, gibt unser Guide zögernd zu. Schliesslich befinden wir uns hier im berühmt, berüchtigten „Goldenen Dreieck“ an der Grenze von Laos, Myanmar und China.“ Angebaut wird aber nur noch für den Eigengebrauch“, betont er. Die Menschen verdienen jetzt ihren Unterhalt mit Kautschuk-Bäumen. Die Folgen für die Umwelt sind umstritten, denn dafür wird der Wald gerodet und es entstehen riesige Monokulturen.

Wir sind jetzt nur noch 19 km von der chinesischen Grenze entfernt. Hier wären wir eingereist, wenn die chinesischen Behörden in diesem Jahr Tibet nicht gesperrt hätten. Eine perfekt ausgebaute Strasse verbindet China mit Thailand, die sonst keine gemeinsame Grenze haben. Riesige Lastwagen pendeln zwischen den beiden Grenzübergängen und geben Zeugnis vom regen Warenaustausch. Ganz gemütlich erreichen wir Houay Xai, eine kleine Stadt am Mekong. Hier verbringen wir unsere letzte Nacht in Laos.


Die Brücke über den Fluss ist noch im Bau, wir müssen eine Fähre benutzen um rüber nach Thailand zu gelangen. Wir verabschieden  uns von diesem magischen Fluss, dem wir auf einer Länge von gut
2000 km gefolgt sind. Leider wird der Abschied anders als wir uns vorgestellt haben. Die Fähre legt am anderen Ufer an, und dann passiert es…

Romy steigt als erste aus, um mich beim Verlassen der Fähre zu fotografieren. Die Ausfahrt ist schlammig, und ohne überhaut reagieren zu können rutscht sie aus und stürzt zu Boden. Während ich mich um die Einreiseformalitäten kümmere, sitzt sie wie ein Häufchen Elend auf einer kleinen Mauer. Es wird auch mir als Laie klar, dass hier etwas nicht stimmt. Zum Glück im Unglück sind wir in Thailand, wo das Gesundheitswesen  recht gut ist und es gibt in diesem Grenzort ein Spital. Unser GPS weiss sogar den Weg und so fahren wir so schnell wie möglich hin. Liebevoll kümmern sich die Krankenschwestern um Romy. Ihre Schulter wird geröntgt und der Notfallarzt stellt die Diagnose – der Oberarmknochen (Humerus) ist gebrochen. Da es in diesem Spital keinen Orthopäden gibt und man glaubt, dass eine Operation nötig ist, schickt man uns in ein etwa 120 km entferntes Spital in der Provinzhauptstadt Chiang Rai. Dort macht man in der Notaufnahme alle Vorbereitungen wie EKG etc. für die Operation. Als der Facharzt nach Stunden kommt – es ist mittelweile spät am Abend – meint dieser, eine Operation sei nicht nötig. So wird den Oberarm und die Schulter vergipst und Romy auf die Station gebracht, sie muss diese Nacht im Spital bleiben. Ich schlafe im Bus auf dem Parkplatz nebenan. Von Schlafen kann man aber nicht reden. Tausende Gedanken kreisen in meinem Kopf. Wird Romy gesund? Wie geht es weiter…

Und so lernen wir ein thailändisches Spital von innen kennen. Eine Erfahrung, auf die wir gerne verzichtet hätten. Das Spital (es ist eine private Stiftung) macht einen guten Eindruck und alle Angestellten sind sehr freundlich. Romy ist hier gut aufgehoben, einzig die Sprache ist teilweise ein Problem. Was uns auffällt, ist eine viel kleinere Anzahl an Krankenschwestern als bei uns. Die Pflege der Kranken wird grossenteils von den Angehörigen übernommen. Es ist auch ganz normal, dass diese die ganze Nacht auf einer Matte schlafend neben dem Krankenbett verbringen. Romy liegt in einem Vierbettzimmer und es sind teilweise bis zu 20 Menschen anwesend, vor allem zu den Essenszeiten. Nach der Arztvisite wird Romy nach Hause entlassen. Doch wir sind bekanntlich zurzeit unterwegs zu Hause. Ob es weitergehen kann ist noch unklar. Da Romy nicht in unser Bett im Auto kriechen kann, checken wir in ein Hotel ein. Die unterschiedlichen Aussagen betreffend einer Operation des Armes verunsichern uns. Romy ruft die REGA (Schweizerische Rettungsflugwacht) an und fragt nach medizinischem Rat. Es funktioniert ausgezeichnet mit Schweizer Präzision. Per E-Mail schicken wir die abfotografierten Röntgenbilder und bald ruft die Ärztin zurück. Es handelt sich um einen Grenzfall, in der Schweiz würde man wahrscheinlich operieren, meint sie. Ihr Ratschlag ist, nach einer Woche Vergleichsbilder machen zu lassen. Dann, je nachdem, wie der Knochen zusammen wächst, muss operiert werden. Romy entscheidet sich erstmals, diese eine Woche abzuwarten. Allerdings fahren wir nach zwei Tagen nach Chiang Mai, der grössten Stadt im Norden Thailands. Ein Tag sind wir unterwegs und testen dabei, ob das Reisen auf dieser Art und Weise überhaupt möglich ist. Chiang Mai hat eine schöne Altstadt mit sehr vielen Tempeln. Das nehmen wir nur am Rande wahr. Uns beschäftigt die Frage, was die neuen Röntgenbilder zeigen werden, denn nach der Auskunft der REGA-Ärztin sollte eine Operation innerhalb von 10 Tagen erfolgen.

Donnerstag, 20. September 2012

Laos – der Norden


Unser nächstes Ziel ist Vang Vieng. Eine kleine Stadt doch ein grosses „Muss“ für jeden Backpacker (Rucksackreisender). Jede Menge von Hotels, Guest Houses, Restaurants und Bars zeugen davon. Zugegeben, die Stadt liegt in einer fantastischen Karstlandschaft an einem Fluss. Das Angebot für das junge Publikum ist gross. Aktivitäten sind angesagt: Trekking, Klettern, Höhlen besichtigen, Kajak fahren und vor allem Tubing, das heisst, sich in einem Lastwagenschlauch mehrere Kilometer den Fluss hinunter treiben zu lassen.
Für viele liegt die Herausforderung allerding darin, unterwegs möglichst viele der Bars am Ufer zu besuchen. Einige sind schon stockbesoffen auf der Flussfahrt ertrunken. Und am Abend gehen die Partys auf der Partyinsel (so wird sie genannt) weiter spät in die Nacht. Das Bier in Laos ist billig, dann so what.





Für uns geht es weiter nordwärts in die Berge. Die Strassen sind in guten Zustand aber sie bestehen nur aus Kurven und so ist die Geschwindigkeit automatisch begrenzt. Von den Aussichtspunkten bieten sich Ausblicke über die fantastische Landschaft – fast wie von einem Flugzeug. Wir fahren zu der Ebene der Tonkrüge. Diesen Namen hat man während des Vietnamkrieges oft in den Nachrichten gehört. Da dieses Gebiet von den laotischen Kommunisten (Phatet Lao) besetzt war, wurde es von den Amerikanern schwer bombardiert, trotz der Tatsache, dass die Tonkrüge eine grosse historische Bedeutung haben. Die deutsche Übersetzung „Tonkrüge“ ist allerdings falsch.
Die Krüge, die zu Hunderten in der Landschaft stehen, sind aus Stein gefertigt. Sie sind hohl, bis 2.70 Meter hoch mit einem Meter Durchmesser. Einige haben einen Deckel. Wer sie angefertigt hat und zu welchem Zweck ist umstritten. Es gibt viele Deutungen, von Aufbewahrungsgefässen für Wein oder Getreide über Graburnen eines unbekannten Volkes bis zu den Ausserirdischen reicht die Palette. Viele dieser Krüge haben bei den Bombardierungen und Kämpfen schwer gelitten. Auch die Gegend, teilweise immer noch von den Bombenkratern übersät, ist noch nicht komplett von den nicht explodierten Minen gesäubert. Deshalb darf man sich nur auf den schmalen, markierten Wegen bewegen. Eigentlich möchte die Regierung von Laos die Ebene der Tonkrüge zum UNESCO Welterbe deklarieren lassen. Aber so lange das Gebiet nicht sicher ist, wird die Anerkennung abgelehnt. So sind auch hier Expertenteams am Werk und suchen mühsam Meter um Meter nach den in der Erde verborgenen Kampfstoffen. In der Mitte unserer Besichtigung werden wir plötzlich mit grosser Bestimmtheit aufgefordert das Gelände zu verlassen. Aus sicherer Entfernung können wir dann beobachten, wie die gefundenen Bomben zur Explosion gebracht werden. Die Explosionen sind gewaltig, man mag nicht daran denken, wie es damals war, als der Bombenregen auf die Menschen niederging.

Szenenwechsel, wir sind in Luang Prabang angekommen. Diese Stadt hat es in die UNESCO Liste geschafft und das mit vollem Recht. Es ist eine ruhige, wunderbare Stadt. Die Anzahl der Vats (Klöster) ist unüberschaubar. Sie sind keine Museen, in jedem leben Mönche, in jedes kommen Gläubige zum Beten. Morgen früh laufen die Mönche gekleidet in leuchtend orange Gewänder mit ihren Schalen durch die Gassen, wo sie von den Gläubigen schon erwartet werden. Diese legen Reis und andere Lebensmittel oder selten auch Geld in die Schalen. 
Dabei bedanken sich die Spender, nicht die beschenkten Mönche, denn schliesslich haben sie durch die Annahme der Spenden den Gläubigen ermöglicht, eine gute Tat zu tun, was sich dann auf ihr nächstes Leben auswirken wird.

Die Lage der Stadt an der Mündung des Nam Khan Flusses, welcher hier mit dem Mekong zusammenfliesstt, ist einzigartig. Fast zu drei Vierteln ist sie von Wasser umgeben. So spielt sich das Leben hier zu einem grossen Teil am Wasser ab. Wir haben Glück, dass gerade jetzt ein Langbootrennen stattfindet.

Die Boote sind über 30 Meter lang und festlich geschmückt, die Mannschaften jeweils in einer einheitlichen Farbe gekleidet. Angetrieben von 50 Ruderern, die jeweils zu zweit nebeneinander im Langboot sitzen, erreicht das Gefährt eine unglaubliche Geschwindigkeit. Es fahren immer zwei Boote in einer Runde um den Sieg. Da es Dutzende von Teams gibt, dauert das Rennen den ganzen Nachmittag. Wir finden aber nicht heraus, wie die Ausscheidung genau vorgenommen wird. Es ist aber auch nicht wichtig, denn das Ganze ist hauptsächlich ein Volksfest. Die Strassen sind für den Verkehr gesperrt und die ganze Stadt ist mit Kind und Kegel auf den Beinen. Jeder Platz am Ufer ist besetzt und für die, die nicht hier sein können, gibt es eine Liveübertragung im Fernsehen.

Auch das Wetter ist uns hold und so geniessen wir den Aufenthalt hier. Wir besuchen (fast) alle grösseren Vats, das Museum im ehemaligen Königpalast, machen einen Bootausflug auf dem Mekong zu einer Höhle, in den angeblich Tausend Buddha Statuen stehen und anschliessend zu einem „Whisky“ Dorf, wo aus gegorenem Reis auf eine recht primitive Art und Weise Schnaps gebrannt wird. So schlecht ist er aber nicht, stellen wir nach einer Kostprobe fest. Auch Wasserfälle in der Umgebung entgehen unserer Aufmerksamkeit nicht. Am besten dort gefallen uns allerding die jungen Elefanten mit welchen man gemeinsam ein Bad unterhalb des Wasserfalls nehmen kann. Romy zeigt wieder einmal ihre gute Seite und kauft ihnen einen Bund Bananen. Ein bisschen unsicher wirkt sie dann schon als sie ihnen die Bananen einzeln reicht.


Mittwoch, 12. September 2012

Laos – unsere ersten Eindrücke


 Die Nationalstrasse Nummer 13 führt dem Mekong entlang. Oft allerdings in einiger Entfernung, so dass wir den Fluss nur ab und zu sehen. Doch wir machen auch Abstecher ins Landesinnere. Der erste ist eine Rundfahrt durch das Bolaven Plateau. Es liegt um die 1000 Meter über Meer und das allein schon lockt uns, denn wir hoffen ein paar Tage in etwas kühlerer Umgebung verbringen zu können. Und so sind die Sehenswürdigkeiten hier vor allem Wasserfälle. Das kristallklare Bergwasser stürzt sich teilweise mehr als hundert Meter über die Felsen hinunter. Wir atmen etwas auf, denn die Temperaturen auf dieser Höhe sind um etwa fünf Grad niedriger als unten am Mekong. Die Gegend ist bekannt für den Anbau und die Verarbeitung von Kaffee. 
Die laotische Zubereitungsart von Kaffee ist für uns etwas ungewohnt. Ein Glas wird etwa zu einem Viertel mit süsser Kondensmilch gefüllt, dann wird eine sehr schwarze Brühe drauf gegossen. Es schmeckt nach Kaffee und es ist sehr süss und natürlich sehr kalorienhaltig. Man sagt, ein Kaffee-Lao, wie sich das Gebräu nennt, ersetzt eine Mahlzeit.

Den nächsten Abstecher starten wir in Thakhek. Wieder geht es in die Berge, diesmal zu einem Stausee. Das Gefälle in den Bergen und die grossen Niederschläge nutzt man zur Stromproduktion. Da Laos wenig Industrie hat wird der Strom zu 95 Prozent nach Thailand exportiert. Riesige Hochspannungsleitungen überspannen den Mekong, der hier die Grenze bildet. Wir fahren zuerst durch ein wunderschönes Karstgebiet mit vielen Höhlen. Beim Kraftwerk beginnt die Strasse zu steigen bis der Stausee erreicht ist. Leider hat man die Bäume vor dem Stauen nicht gerodet. Sie stehen nun abgestorben im Wasser - als stumme Zeugen vom schnellen Profit. Die überflutete Biomasse fault und gefährdet den Fischbestand. Ein weiterer Zeuge ist die Strasse. Bis zum See ist sie gut ausgebaut, danach verwandelt sie sich in eine üble Piste.

Ich muss mich etwas umgewöhnen, eine solche Piste sind wir seit Ladakh nicht mehr gefahren. Zum Glück regnet es nicht, denn der rote Laterit Boden wäre sonst sehr rutschig. Mit einer Geschwindigkeit von 20 Km/h erreichen wir bei Lak-So wieder eine asphaltierte Strasse. Es ist nicht mehr weit zur vietnamesischen Grenze. Während der kriegerischen Auseinandersetzung verlief hier der berühmte Ho-Chi-Min Pfad. Aus diesem Grund haben die Amerikaner die ganze Gegend jahrelang schwer bombardiert. Verhältnismässig zu der Einwohnerzahl ist Laos das Land, auf das die meisten Bomben abgeworfen wurden, man schätzt über 2 Millionen Tonnen. Die meisten waren sogenannte Streubomben, von welchen jede einzelne bis 680 kleine, etwa tennisballgrosse Bomben erhielt. Bei Tests wurde nachgewiesen, dass bis zu 30% dieser Bomben nicht explodiert sind. Diese tödliche Fracht liegt nun überall verstreut und heute noch passieren fast täglich Unfälle. Sehr oft sind Kinder betroffen.

Verschiedene Organisationen versuchen das Land zu säubern und wir haben Gelegenheit eine Gruppe bei der Arbeit zu beobachten, natürlich aus sicherer Entfernung. Das grösste Problem ist, dass die meisten Gebiete nun dicht mit Vegetation überwachsen sind. Diese muss sehr vorsichtig entfernt werden damit die Mettaldetektoren überhaupt eingesetzt werden können. Jede Fundstelle wird mit einer rotweissen Stange markiert. Am Ende des Tages werden die gefundenen Bomben mittels einer Sprengladung zur Explosion gebracht. Es ist eine gefährliche und langwierige Arbeit. Jährlich säubern die Gruppen etwa 40 Km². Da aber schätzungsweise 87 000 Km² betroffen sind, wird ihnen die Arbeit noch lange nicht ausgehen.
Wir erreichen Vientiane, die Hauptstadt von Laos. Es ist eine angenehme Stadt. Der Verkehr hält sich in Grenzen, das Zentrum ist übersichtlich und alles was ein Reisender braucht ist in ein paar Strassen zu finden – Hotels, Geschäfte mit Schweizer Schokolade, gute Restaurants und Cafés mit feinem Cappuccino, Bäckereien mit gutem, dunklen Brot, Geschäfte mit Weinen aus aller Welt und, und, und. Dazu Bankomaten die freundlich bis zu zwei Millionen auf einmal herausgeben um das alles zu finanzieren, eine gelbe Post Card genügt. 


Sehenswürdigkeiten gibt es eigentlich nicht sehr viele und so lassen wir alles langsam angehen. Sowie so, die grösste Sehenswürdigkeit ist der Mekong. Majestätisch fliesst er an der Stadt vorbei. Die neue, pompöse Uferpromenade tut dem keinen Abbruch. Jeden Abend versammeln sich hier die anwesenden Touristen und viele Einheimische um den Sonnenuntergang zu beobachten. Zugegeben, es ist jetzt in der Regenzeit etwas schwierig, doch wir haben gleich am ersten Abend Glück – der Sonnengang wird fast perfekt (80% sagt Romy). Lange könnte man in dieser Stadt verweilen und das Leben geniessen, doch nach drei Tagen heisst es für uns weiter zu ziehen. Der Mekong wird uns weiter bis in den hohen Norden von Laos begleiten


Dienstag, 4. September 2012

Regenzeit in Kambodscha


Ohne Probleme erreichen wir die Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. Die Strasse führt durch eine schier endlose Ebene mit Reisfeldern, die jetzt in der Regenzeit wunderbar frisch grün sind. Ja, unsere Reiseplanung war nicht in jeder Hinsicht optimal…aber wenn man verschiedene Länder / Gebiete besucht, kann man nicht überall zur besten Zeit sein. Nun ist es aber nicht so, dass es dauernd ohne Unterbruch regnen würde, es sind teils heftige Regenschauer, die höchstens zwei Stunden dauern, selten länger. Dadurch liegen die Temperaturen nur noch bei 35 Grad, die Luftfeuchtigkeit allerdings bei 80 – 90 Prozent, echt ätzend. Aber das Land in dieser Zeit zu erleben ist auch eine Erfahrung wert.

Phnom Penh ist eine aufstrebende Stadt, die ersten Hochhäuser streben bereits zum Himmel. Was wir so oft gehört haben – Kambodscha sei sehr korrupt – bewahrheitet sich gleich. Wir fahren in eine Polizeifalle und schon sind wir 5 USD los, ohne uns eigentlich irgendwelcher Schuld bewusst zu sein. Auch das Bezahlen ist speziell in Kambodscha, alle grösseren Beträge werden in amerikanischen Dollars bezahlt. Da es aber keine Münzen gibt, bekommt man als Retourgeld dann die einheimische Währung Riel zurück.

Es ist unglaublich wie viel Leid das Land in der jüngsten Vergangenheit erleiden musste. Die Herrschaft der Roten Khmer zwischen 1975 und 1979 lastet schwer auf der älteren Generation. Damals wurden, je nach Schätzungen, zwischen zwei und drei Millionen Kambodschaner brutal ermordet, oder sind an Hunger und Krankheiten, bedingt durch den Krieg, gestorben (ein Drittel der kambodschanischen Bevölkerung). Alles nur, weil man eine reine kommunistische Gesellschaft aufbauen wollte. Alle, die scheinbar in diese Gesellschaft nicht passten, seien es Gebildete, Mönche, solche die eine fremde Sprache beherrschten oder auch nur Brillenträger waren (das galt als intellektuell), wurden kurzerhand eliminiert. Das eindrucksvolle Zeugnis dieser Terrorherrschaft kann man im ehemaligen Sicherheitsgefängnis sehen, das in ein „Genozides Museum“ umgewandelt wurde. Waren es Menschen oder Tiere, die dieses unermessliche Leid dem eigenen Volk angetan haben? Wir haben in der Schule gelernt, was für Gräueltaten die Nazis im Zweiten Weltkrieg verübt hatten. Für uns war das eine ferne Vergangenheit. Die Roten Khmer aber haben in den Siebzigerjahren gewütet – in einer Zeit, in der wir in Europa ein gutes Leben führten. Der Westen, vor allem die USA, haben nichts unternommen, wollten davon gar nichts wissen, obwohl sie auch an der politischen Entwicklung in Kambodscha beteiligt waren.

Doch es gibt zum Glück auch schönere Dinge hier in der Hauptstadt, der Königspalast und die Silberpagode, um einige Sehenswürdigkeiten zu nennen. Man kann hier auch sehr gut essen, vielleicht eine Hinterlassenschaft der französischen Kolonialherren. Ein Fischfilet mit einer sämigen Sosse – ein Gedicht. So etwas habe ich nicht mehr gegessen seit wir die Schweiz verlassen haben.

Hier treffen wir auch das erste Mal auf den Mekong, die Lebensader Südostasiens. Hier in Phnom Penh mündet ein anderer Fluss in den Mekong, der Tonle Sap. Und das ist vielleicht der einzige Fluss auf der Welt, der seine Fliessrichtung ändert. In der Regenzeit, wenn der Mekong Hochwasser führt, fliesst er „rückwärts“ und füllt den riesigen Tonle Sap See mit Wasser. In der Trockenzeit fliesst dann das Wasser zurück in den Mekong und weiter in sein Delta in Vietnam.

Wir werden nun dem Mekong lange Zeit bis nach Nord - Laos folgen. Doch bevor wir Kambodscha verlassen, wollen wir noch die seltenen Flussdelfine sehen. Mit einem kleinen Fischerboot mit einfachem Aussenbordmotor kreist unser Bootsmann im überfluteten Wald, denn die Tiere halten sich nicht gern in der starken Hauptströmung auf. Die Fahrt zwischen den Bäumen ist allein schon ein Erlebnis. Wir wollen schon fast die Hoffnung aufgeben, die Tiere zu Gesicht zu bekommen, doch dann haben wir aber Glück – wir sichten eine Gruppe. Die Flussdelfine sind viel kleiner als ihre im Meer lebenden Verwandten, sind aber gleich verspielt.

Der Grenzübergang nach Laos ist problemlos ausser dass die Beamten gerne ein Trinkgeld hätten. Und gleich danach kommt ein weiteres Highlight – die Mekong Wasserfälle.


Auf einer breiten Front stürzen sich die gewaltigen, braunen Fluten etwa 15 Meter in die Tiefe. Gischt sprüht und ein Donnern erfüllt die Luft. Hier mussten die Franzosen in der Kolonialzeit ihre Träume von einem durchgehenden Wasserweg bis nach China begraben. Aber klein beigeben wollten sie auch nicht. Sie haben grosse Verladerampen, eine Brücke und eine sieben Kilometer lange Eisenbahn quer durch die Mekong Inseln gebaut um auf dieser Weise die Wasserfälle zu umgehen. Auf der Trasse dieser Eisenbahn kann man heute wunderbar Fahrrad fahren und die grüne tropische Landschaft bewundern, in der die alten Dampflokomotiven vor sich hin rosten. Da Romy nach dem Unfall in Siem Reap aber noch nicht in die Pedalen treten kann, haben wir uns für diese Rundfahrt ein kleines Motorrad gemietet.


In Laos sind wir übrigens wieder Millionäre geworden. Für einen Franken bekommen wir ungefähr 8000 Kip. Der Bankomat spuckt freundlich grade auf einmal eine Million davon aus. Doch so schnell wie sie kommt, so schnell ist sie wieder weg…

Samstag, 25. August 2012

Kambodscha – Vergangenheit und Gegenwart


Hi-Tech begrüsst uns gleich an der Grenze, wir werden fotografiert, mit einem Gerät der neuesten Generation werden uns Fingerabdrücke abgenommen und gespeichert. Genau gesagt nur bei Romy, bei mir belässt es der Grenzbeamte bei einem Bild. Hat er die Fingerabdrücke vergessen oder sehe ich vielleicht harmloser aus? Das Zollbüro finden wir nicht und so fahren wir weiter. “Never ask the government too much” ist unsere Devise. Gleich hinter der Grenze stehen mehrere Kasinos. In Thailand ist das Glückspiel verboten und das nutzen die Kambodschaner natürlich aus.

Unser nächstes Ziel, Siem Reap, ist der Ausgangpunkt für die Besichtigung der weltbekannten Tempeln um Angkor Wat. Doch zuerst haben wir etwas Wichtigeres vor. In Siem Reap befinden sich zwei der fünf Spitäler, die Dr. Beat Richner, bekannt in der Schweiz unter seinem Künstlernamen Beatocello, in Kambodscha gegründet hat. Heute, wie an jedem Samstag, gibt er ein Konzert. Dabei spielt er Cello und erzählt von seiner Arbeit. Und die ist wirklich beeindruckend. Die leidenden Kinder in Kambodscha (wo nach der Vertreibung der Roten Khmer alles zerstört war) vor Augen und mit einer grossen Portion Idealismus im Herzen hat er seine gutgehende Kinderarztpraxis in Zürich geschlossen und sich dem Gedanken verpflichtet, den kambodschanischen Kindern zu helfen. Mit Schweizer Perfektion hat er seitdem fünf Kinderspitäler aufgebaut – drei in Phnom Penh und zwei hier in Siem Reap. Die Behandlung der Kinder in diesen Spitäler ist kostenlos und darum ist er auf Spenden angewiesen. Von der kambodschanischen Regierung kommt wenig, zu arm ist das Land. Die Schweiz deckt mit 4 Millionen Franken knapp 10% des Budgets ab, alles andere sind private Spenden. Wie wir uns überzeugen konnten, ist dieses Geld gut angelegt. Gerade jetzt, in der Regenzeit, herrscht eine Dengue-Fieber-Epidemie. Nur sehr wenige Kinder überleben diese Krankheit ohne entsprechende Behandlung. Kinder im Dengue -Fieber -Schock können nur mit einer Bluttransfusion gerettet werden. Darum brauchen die Spitäler nicht nur viel Geld sondern auch viele Blutkonserven. Aus den Worten des Beatocello hört man viel Engagement aber auch eine gewisse Verbitterung – er muss um jeden Franken kämpfen damit er seine Arbeit hier machen kann. Und von denen, die dieses Elend mitverursacht haben (gemeint sind die USA mit ihrer Politik) hört er nur Ausreden.

Falls jemand von unseren Lesern etwas Gutes tun möchte, die Nummer des Spendenkontos in der Schweiz ist 80-60699-1, die Spende kann bei der Steuererklärung abgezogen werden. Nach dem Konzert haben wir Gelegenheit mit ihm persönlich zu reden. Romy bekommt einen Termin, um im Spital für ihren Artikel im „Limmatthaler“ fotografieren zu können.

Am  nächsten Tag gehen wir dort hin. Dr. Richner nimmt sich die Zeit für uns und zeigt uns mit Stolz ein Teil des Spitals und erklärt uns die Zusammenhänge. Dabei wird er ständig durch sein Mobiltelefon unterbrochen. Von den kambodschanischen Angestellten wird er höflich mit „Sir“ angesprochen. Die Blicke der Mütter, die mit ihren Kindern auf Entlassung warten, sind mit Dankbarkeit erfüllt. Denn es ist allen klar – ohne sein Lebenswerk würden viele dieser Kinder nicht mehr leben oder den Rest ihres Lebens behindert bleiben.

Szenenwechsel: Die Tempel um Angkor Wat bilden die grösste Tempelgruppe der Welt und der Haupttempel Angkor Wat, der zum UNESCO Kulturerbe gehört, ist der weltweit grösste Einzeltempel. Es überrascht uns deshalb nicht, dass wir hier auf eine riesige Menge, vorwiegend chinesischer, Touristen treffen. Bereits diskutiert man über eine zahlenmässige Begrenzung der Besucher. Der Schönheit und Erhabenheit der Tempel tut der Rummel keinen Abbruch, die besondere Atmosphäre, die diese Anlagen ausstrahlen, geht dabei aber leider verloren.

Wir stehen mit unserem Auto im Garten eines kleinen Hotels. Als wir am ersten Tag müde und von Eindrücken überwältigt von den Besichtigungen zurückkommen, will Romy das schwere, eiserne Schiebetor öffnen. Unglücklicherweise fällt dieses um und klemmt ihr dabei den Fuss ein. Durch ihre Schreie alarmiert eilen Leute herbei, helfen das schwere Tor zu heben und Romy aus ihrer misslichen Lage zu befreien.

Doch der Fuss ist bös zugerichtet, im Augenblick schwillt er stark an. Wir haben grosse Befürchtungen, dass etwas gebrochen sein könnte. Das Hotelpersonal bringt Eis und versucht die Schwellung und den Schmerz zu lindern. Ich suche inzwischen unsere Medikamentenkiste durch. Das Einzige, was geeignet scheint, ist ein Gel für Sportverletzungen. Nach einiger Zeit kann Romy humpelnd mit Unterstützung das Zimmer erreichen wo ich den Fuss verbinde.


Romy ist bekanntlich „hart im Nehmen“, so ein „kleiner“ Unfall kann ihr (fast) nichts anhaben. Am nächsten Tag will sie unter keinen Umständen im Bett bleiben. Die steilen Treppen der Tempel kann sie aber auch nicht rauf und runter steigen. Darum machen wir eine Bootstour zum schwimmenden Dorf in Tonle Sap See. Der Wasserspiegel dieses Sees verändert sich im Lauf des Jahres um einige Meter. Darum schwimmt in diesem Dorf alles – Häuser, Läden, Schule, Polizeistation, Restaurants und sogar der Tempel und die Kirche. 

Das Leben spielt sich ausschliesslich auf dem Wasser ab, Kinder fahren mit kleinen Booten zur Schule und die Händler rudern mit ihren schwimmenden Läden von Haus zu Haus, eigentlich von Boot zu Boot. Die Bewohner leben vom Fischfang und der Krokodilzucht. Manchmal werden diese gefährlichen Tiere sogar im unteren Teil des Hausbootes gehalten. Das Zuschauen bei der Fütterung mit Fischen ist eine schaurige Angelegenheit.

Romy geht es von Tag zu Tag ein wenig besser, darum wagen wir uns an weitere Besichtigungen der Tempel von denen es unzählige gibt. Wir haben die Qual der Wahl, entweder die Grossen und Bekannten mit vielen Touristen oder die Kleinen, bei denen wir fast alleine sind. Romy will jeden Tempel besichtigen, schliesslich hat das Ticket 40 USD gekostet. Und ich kann hiermit bestätigen, dass sie nur einen einzigen ausgelassen hat. Um wirklich alle zu sehen steigt sie sogar in einen Ballon, der an einem 200 Meter langen Seil rauf und runter gelassen wird.


Aber es gibt hier noch viel anderes zu sehen. Zum Beispiel die „Silk Farm“. Und da unser Projekt bekanntlich „Die Seidenstrasse“ heisst, fahren wir dorthin. Zum ersten Mal können wir den ganzen Prozess der Seidenherstellung mitverfolgen, von den Maulbeerbäumen angefangen, deren Blätter für die Nahrung der Raupen dienen, dem ganzen Lebenszyklus der Seidenraupe, dem Spinnen, Färben, Weben, Nähen bis zum fertigen Produkt im Fabrikladen. Wir haben viel Neues gesehen und erfahren, doch nun ist es Zeit weiterzufahren, das nächste Ziel ist die Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. 

Montag, 20. August 2012

Das Leben in Bangkok


Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei – das ist allgemein bekannt. Auch für uns gehen die schönen Tage auf Ko Samui zu Ende. So wie wir gekommen sind verlassen wir mit der Fähre die Insel und fahren zu den Stränden an der Westküste nach Khao Lak. 

Von diesem Strand schwärmten alle uns bekannten Reisenden. An Weihnachten und Neujahr haben dort teilweise bis zu zehn Fahrzeuge unter den Kokospalmen gestanden, wurde uns mit Begeisterung berichtet. Wir haben aber leider nicht so eine gute Zeit erwischt – der Strand ist zwar da, das Meer und die Palmen auch und sogar die Massagefrauen, sonst aber niemand. Darum bleiben wir nicht lange und fahren weiter Richtung Norden. Gleich wie in Malaysia sind hier die Ölpalmen sehr verbreitet. Wir kommen zu einem breiten Fluss der hier die Grenze zu Myanmar bildet. Das Ufer auf der anderen Seite ist mit dichtem, undurchdringlichen Urwald bedeckt, kein Dorf, kein Mensch. ist zu sehen. Vielleicht 50Meter Wasser trennen uns von dem Land, durch das wir so gerne gefahren wären. Es hat nicht sein dürfen, etwas Wehmut befällt uns beim Blick auf die gegenüber liegende Seite. So bleibt uns hier nur die Besichtigung einer Höhle mit Fledermäusen auf der thailändischen Seite. Ein Mann, der im Fluss fischt, fällt uns auf, besser gesagt wir ihm. Beim Gespräch stellt sich heraus, dass er ein Amerikaner ist, der als Manager für eine amerikanische Ölfirma arbeitet. Beim Abschied bekommen wir eine Einladung in sein Haus in Bangkok.
Immer weiter geht es Richtung Norden. Die Ölpalmen werden irgendwann von Reisfeldern abgelöst. Die Zahl der Dörfer nimmt zu, der Verkehr wird dichter, wir haben die Vororte von Bangkok erreicht. Der GPS leistet nur bedingte Hilfe, denn oft laufen vier Strassen parallel oder sogar übereinander, das Gerät ist eindeutig überfordert -ich übrigens auch. Zum Glück kann ich mich an den Ampeln etwas erholen, die Rotphasen dauern jeweils über eine Minute lang. Die Hinweisschilder sind zwar vorhanden, leider kommen die Namen nicht auf unserer Strassenkarte vor. Langsam arbeiten wir uns zu unserem Guest House in der Nähe der berühmten Khao San Strasse vor. Wir werden in Bangkok wieder in einem Guest House wohnen und die Stadt zu Fuss erkunden.

Natürlich können wir die weltbekannten Sehenswürdigkeiten nicht links liegen lassen – Grand Palace, Wat (Kloster) Pho mit dem liegenden Buddha, Wat Arun und andere Tempel. Dort sind wir leider nicht die einzigen. Ganze Busladungen, vorwiegend chinesischer Touristen, mindern etwas die Freude an den farbenprächtigen Anlagen, wir werden geschubst und müssen lange anstehen. Doch die Stadt ist gross und sie hat Hunderte von Klöstern und Tempeln die vielleicht nicht so bekannt sind aber nicht minder schön.


Für sie hat der Pauschaltourist natürlich keine Zeit in seinem Programm - zu unserem Vorteil. Aber wenn wir uns auch noch so anstrengen würden, um alle Klöster und Tempel zu sehen, bräuchten wir Monate.
Selbstverständlich bietet die Stadt viel mehr als nur Tempel. Das interessanteste in Bangkok ist das Strassenleben. Die engen Gassen mit Garküchen, Tuck-Tucks, die durch die Strassen rattern, Märkte und vor allem der Fluss und Kanäle. Unzählige Boote tummeln sich auf dem Wasser, grosse und kleine, schnelle und langsame. Es grenzt an Wunder, dass hier nicht zu einer Kollision kommt. Und für die „Fussfaulen“ kann es nichts Besseres geben als die Stadt vom Wasser aus zu erkunden. Das Leben hier hat viele Seiten. Die Massagesalons, die die verschiedensten Arten von Massage anbieten - alles anständig natürlich. Auch wir anvertrauen unsere müden Füsse den kundigen Händen der Massagefrauen. Da sind noch die unzähligen Schneidergeschäfte, die in 24 Stunden für wenig Geld Massanzüge fertigen. Die Optiker und Dentisten – neue Brille oder Gebiss, alles kann man schnell und billig haben. Es leben auch viel Fremde in der Stadt, teilweise illegal. Den hier lebenden Europäern verdankt man den guten Kaffee, Kuchen und nicht zuletzt das dunkle Brot. Klar erreichen die Preise für solche „Leckereien“ europäisches Niveau aber wer monatelang das pappige weisse Brot gegessen hat, kümmert sich nur am Rand darum.


Dann läutet eines Abends unser Mobiltelefon. Was ich noch nicht geschrieben habe, wir haben eine thailändische Nummer. Es ist der Amerikaner, den wir beim Fischen kennengelernt haben. Er wiederholt seine Einladung und wir sagen gerne zu. Am nächsten Tag holt er uns mit seinem Dienstauto (mit Chauffeur) ab. Und so bekommen wir die Gelegenheit das Leben eines internationalen Managers aus der Nähe zu erleben. In seinem schönen, im thailändischen Stil eingerichteten Haus, bei gutem Essen und einer Flasche französischen Wein reden wir über Gott und die Welt bis tief in die Nacht. David hat sehr grosses Interesse an der Art unseres Reisens, offen spricht er davon gerne auch etwas Ähnliches zu unternehmen, was wir ihm auch gerne glauben. Danke David für diesen besonderen Abend. Und deinem Fahrer, dass er uns zum Hotel zurückgebracht hat. Alleine wäre es etwas schwierig, denn so einen guten Wein haben wir zuletzt in der Schweiz getrunken.
Aber auch hier gilt das vorweg gesagte – alles hat ein Ende. Wir verlassen Bangkok genauso mühsam wie wir gekommen sind. Diesmal ist die Richtung nach Osten, zu der kambodschanischen Grenze. Auf dem Rückweg von Laos werden wir noch einmal nach Thailand kommen. Es hat nicht viel Sehenswürdigkeit unterwegs, die eine hat es aber in sich.

In einem Schuppen ist ein Mechaniker daran den rostigen alten VW Bussen ein zweites Leben zu geben. Romy sagt es nicht viel aber ich bin begeistert. So einen alten VW- Bus - Oldtimer zu fahren war immer mein Traum. Vielleicht einmal später, denn jetzt ist das Reisen dran. Morgen werden wir ein neues Land betreten, was wird uns in Kambodscha erwarten? 

Donnerstag, 9. August 2012

Wir leben in einem Haus


Die meisten Leute leben in einem Haus. Wir auch, doch unser Haus hat bekanntlich vier Räder und steht jeweils immer wieder an einem anderen Ort. Aber diesmal ist es anders, wir leben in einem richtigen Haus! Und es ist nicht irgendein Haus. Es hat eine riesige Terrasse mit Meeresblick, rund herum wachsen Kokospalmen und Bananenstauden und es steht mitten in der Natur. Die nächsten Nachbarn sowie eine Autostrasse sind weit weg. Ein kleines Paradies sozusagen. 

Nun .muss ich aber erklären wie wir dazu gekommen sind. Wir wollten schon immer ein paar Tage Strandurlaub einschalten hier in Thailand. In Krabi haben wir angefangen und wollten weiter nach Phuket fahren, doch war uns der Rummel dort eigentlich zu viel. Zu viele Touristen, zu viel Aktivitäten. Da kam uns die Einladung von Bianca und Florian sehr willkommen. Die beiden sind mit unserer Gruppe im letzten Jahr eine Teilstrecke durch Tibet gefahren. Allerdings nicht nach Nepal wie wir, sondern direkt nach Südostasien.

Während wir in der Schweiz den Winter verbracht haben, sind sie in Laos, Thailand, Malaysia und Kambodscha herumgereist. Nun geht ihre Reise langsam dem Ende entgegen, ihr Auto wird bald nach Europa verschifft. Sie haben sich zum Schluss ihrer Reise etwas Besonderes geleistet und ein Haus auf Kho Samui gemietet. Eben das Haus, das ich am Anfang erwähnt habe. Gern haben wir Phuket links liegen lassen und folgten der Einladung. Die Insel Kho Samui ist wirklich eine Perle unter den thailändischen Inseln - ohne jede Hektik. So sitzen wir nun auf der besagten Terrasse bei Gin und Tonic, schauen dem Sonnenuntergang zu und erzählen und erzählen. Über das was wir und was sie erlebt haben. Über Bekannte, die wir und sie unterwegs getroffen haben. Oft stellen wir fest, dass die Welt eigentlich klein ist. Sie haben Reisende getroffen, die wir auch irgendwo getroffen haben. Oder sie haben von Leuten und Vorkommnissen gehört, von denen wir auch gehört haben. Für uns besonders wichtig – sie haben Länder und Gebiete bereist, die noch vor uns liegen. So bekommen wir jede Menge nützlicher Tipps.

Wir sind in richtiger Urlaubstimmung. Es wird lange geschlafen, ausgiebig gefrühstückt und noch ausgiebiger gefaulenzt. Kochen kommt nicht in Frage, wir essen auswärts. Das Meer ist türkisblau, der Sand am Strand goldfarben und das Wasser auch für Romy warm genug. Es heisst also das Leben geniessen. Im Hier und Jetzt, wie schön ist das nach dem Stress mit Verschiffung von Kolkata. Ja, Kolkata scheint für uns jetzt auf einem anderen Planeten zu liegen. Ein Gedanke kommt auf – vielleicht so ein Haus kaufen, um hier, wenigstens für ein paar Monate im Jahr zu leben, träumen ist ja erlaubt.

Aber das Reisen kommt auch nicht zu kurz. Wir buchen einen Ausflug mit dem Boot zu den unbewohnten Nachbarinseln, machen eine Wanderung zu einem Wasserfall und umrunden die Insel.

Bianca und Florian bleiben bis Mitte September hier, der Rückflug ist schon gebucht. Nach sechs gemeinsamen Tagen verabschieden wir uns, packen unsere Sachen ins Auto und verlassen die Insel. Die Fahrt Richtung Bangkok liegt vor uns. Es bleiben schöne Erinnerungen – vielen herzlichen Dank für alles, liebe Bianca, lieber Florian.



Donnerstag, 2. August 2012

Es geht doch weiter


Heute ist der lange ersehnte Tag. Nach den ganzen Erfahrungen der letzten vier Wochen trauen wir der Sache nicht ganz und buchen noch eine zusätzliche Nacht im Hotel. Wir wissen nur eins – gestern ist das Schiff angekommen, aber ob wir den Brummi heute bekommen werden? Unser guter Helfer Thomas (ein Chinese) hilft uns mit den letzten Papieren und bringt uns dann mit seinem Auto in den Hafen. Der Eintritt ist einfach, wir müssen nur die Pässe abgeben.

Und dann stehen wir vor ihm – dem blauen Container. Der Siegel wird aufgebrochen, die Türe aufgemacht und der Brummi kommt zum Vorschein, noch immer mit dicken Stahlseilen gefesselt. Alles da, nichts fehlt ausser einer Stirnlampe, die sich der Zöllner in Indien ausgeliehen hat (und vergessen hat zurück zu geben).
Mit einem feierlichen Gefühl fahre ich ihn ans Sonnenlicht, wir haben ihn wieder! Wir sind froh, dass es unsere letzte Nacht im Hotel ist. Trotz Hitze freuen wir uns schon darauf im Bus schlafen zu können.
Am nächsten Tag fahren wir los, entlang der Westküste der Malaysischen Halbinsel Richtung Norden. Wir haben Malaysia vor sechs Jahren ausgiebig bereist und so fahren wir zügig nach Thailand. Langsam finden wir zu unseren Reiserhytmus zurück. Und ich geniesse die feinen Kochkünste von Romy wieder, nach einem Monat indischer und malaiischer Küche haben wir beide Lust auf etwas anderes.
Über eine 15 km lange Brücke kommen wir nach Penang. Dort wollen wir mit einem Schiffsagenten sprechen, den uns Bekannte empfohlen haben. Er soll für uns eine Verschiffung (brr – schon wieder) organisieren. Nicht jetzt gleich, sondern erst nachdem wir die zweite Reiseetappe beendet ist. Es kommen zwei Destinationen in Frage – nach Hause oder nach Australien, im Moment ist noch alles offen………..
Die Landschaft hier an der Westküste ist nicht berauschend. Es scheint, dass das ganze Land mit Ölpalmen-Plantagen bedeckt ist. Malaysia ist einer der grössten Palmölproduzenten der Welt. Dies bringt nicht nur Geld sondern auch sichtbar ökologische Schäden mit sich. An der flachen, schlammigen Küste selber wachsen dicke Mangrovenwälder. Doch wir haben einen der wenigen Sandstrände gefunden. Da bleiben wir über Nacht und feiern unter Kokospalmen meinen Geburtstag nach. Romy zaubert eine Flasche französischen Champagner hervor, schön gekühlt in unserer Kühltruhe, es gibt ein wirklich würdiges Fest, wenn auch zwei Tage verspätet.


Der Grenzübertritt nach Thailand gestaltet sich problemlos. Nur existiert die Schweiz im thailändischen Computersystem für Fahrzeugregistration nicht. Ja es fahren wahrscheinlich nicht viele Schweizer Autos über diesen kleinen Grenzübergang. So werde ich kurzfristig zum malaysischen Staatsangehörigen, schliesslich kommen wir ja von dort, so die Begründung. Aber ich hätte auch ein Bürger von Swasiland werden können. Auch unser Autotyp gibt es nicht im System. Also wird der VW zum Toyota und wir können einreisen.
Es ändert sich zuerst nicht viel nach der Grenze. In den südlichen Provinzen Thailands leben wie in Malaysia mehrheitlich Moslems und vielleicht ist dies der Grund, warum es an der Strasse viele Kontrollposten gibt. Es gibt hier immer wieder Anschläge von Separatisten. Erst später stossen wir auf die ersten farbenfrohen Thai-Tempel. 


Wenn man Thailand sagt, denkt man vor allem an Badeurlaub. Und so ist auch unsere erste Station Krabi an der Westküste. Von dort aus erreicht man mit dem Boot viele Badeinseln, unter ihnen auch die mit dem romantischen Namen Kho Phi-Phi.

Freitag, 27. Juli 2012

Die bangen Tage ohne Brummi

Pünktlich fliegen wir von Kolkata weg. Wir sind froh die Stadt endlich verlassen zu können. Der Flug dauert vier Stunden, Zehn Minuten nach Mitternacht landen wir in einer anderen Welt. Die Sauberkeit blendet uns fast - obwohl es spät in der Nacht ist. Hier funktioniert alles, ohne langes Warten werden wir vom gebuchten Hotel abgeholt. Am nächsten Tag fahren wir in die Stadt. Ich habe es noch nicht gesagt – wir sind in Kuala Lumpur, Malaysias Hauptstadt. Nun beginnen die langen Tage des Wartens. Kuala Lumpur ist eine grosse Stadt, mit über 1,5 Millionen Einwohnern, in der es viel zu sehen gibt. Wir waren vor sechs Jahren hier und haben die wichtigsten Sehenswürdigkeiten schon damals besichtigt. Trotzdem gibt es für uns noch Neues zu entdecken. 


Ein Besuch in einer Moschee ist auch den Ungläubigen erlaubt, während Miro nur die Schuhe ausziehen muss, wird es für Romy komplizierter – sie muss sich der islamischen Kleiderordnung entsprechend anziehen. Der Iran lässt grüssen!


Langsam haben wir aber genug vom Hotelleben und würden lieber in unserem eigenen Bett schlafen. Dazu kommen schlechte Nachrichten. Das Schiff mit dem Brummi, das am 22. Juli ankommen sollte, hat zwei Tage Verspätung. Einige Tage später werden nochmals weitere zwei Tage angekündigt, also wird es erst am 26. Juli einlaufen, wenn nicht noch mehr Hiobsbotschaften kommen. Da nehmen wir die Einladung unserer Bekannten Swee und Yit nach Singapur zu kommen gerne an. Der Stadtstaat ist ja nur „ein Katzensprung“ von Kuala Lumpur (ca. 450 km) entfernt.

Von Singapur sagt man, es sei die Schweiz Asiens. Unser erster Eindruck ist, dass Singapur die Schweiz bereits überholt hat. Breite Strassen, gigantische Hochhäuser und alles wirkt wie ein grosser Park, grün und sauber. Wir fassen uns immer wieder an den Kopf – es sind erst ein paar Tage her, wo wir durch unbeschreiblichen Dreck gelaufen sind. Kein Abfall liegt auf der Strasse, die Gehsteige sind putzsauber, so dass man vom Boden essen könnte. Der Unterschied ist nicht zu beschreiben. Und all das ist möglich ohne sichtbare Aufpasser, ganz selbstverständlich. (Später merken wir schon, dass die Aufpasser fast überall sind - in Form von Beobachtungskameras). Jedes Auto ist mit einem kleinen Gerät ausgestattet,  mit dem Strassen- und Parkgebühren vollautomatisch abgebucht werden. So kann man aber auch  jeder Zeit feststellen, wo sich ein bestimmtes Auto befindet. Auch der öffentliche Verkehr ist vorbildlich organisiert. Am Abend merken wir, dass Singapur eine grosse „Fressbeiz“ ist. Es scheint, dass die Einwohner nicht gerne zu Hause kochen, lieber gehen sie aus. Und Gelegenheiten zum Auswärtsessen gibt es unzählige. Nicht nur zum Essen sondern auch zum Einkaufen. Es hat Einkaufzentren ohne Ende, hier Malls genannt. Und dort findet man wirklich alles – Kirschen aus USA, Milch aus Australien, Butter aus New Zealand, Kiwi aus Chile, Teigwaren aus Italien, Schweizer Schokolade, alles was das Herz begehrt. Die Preise sind auch entsprechend, sie haben das Schweizer Niveau auch bereuts eingeholt.

Wir besuchen das neue Wahrzeichen von Singapur – das Marine Sands Hotel, drei gläserne Türme die oben mit einem Ding verbunden sind, das an eine überdimensionierte Banane erinnert. Darin ist ein Kasino untergebracht in dem der weltweit zweitgrösste Umsatz gemacht wird. Ganz oben gibt es einen über 100 Meter langen Swimmingpool, allerding nur für die  Hotelgäste. Wir genehmigen uns in der luftigen Höhe von 57 Stockwerken einen Drink aus frischer Kokosnussmilch. 

Mit unseren Bekannten erkunden wir die ganze Insel, doch nach vier Tagen müssen wir zurück nach Malaysia. Am letzten Abend geniessen wir der Hitze zum Trotz zusammen ein Original Schweizer Fondue, auch das gibt es hier im Supermarkt.

Mit dem Bus fahren wir wieder zurück nach Port Klang, wo der Brummi ankommen soll. Das Bangen geht aber weiter, es wird klar, an meinem Geburtstag werde ich das Auto nicht mehr sehen. Insgeheim habe ich gehofft, es würde klappen, leider wird das Schiff laut neuesten Berichten erst an diesem Tag einlaufen. Bis dann der Container aus dem Hafen und der Brummi aus dem Container ist wird es noch ein paar Tage dauern. Nach Indien macht es uns Malaysia auch nicht leicht. Beim Zoll erfahren wir, dass wir für die Freigabe einen ICP - International Circulation Permit brauchen. Das bekommt man aber nur in Putrajaya, der neuen Verwaltungshauptstadt, die allerdings gut zweieinhalb Stunden Zugfahrt vom Hafen entfernt ist. Um das Dokument zu bekommen, brauchen wir den ganzen nächsten Tag, denn zuerst müssen wir eine temporäre Autoversicherung abschliessen. Die erste Agentur schickt uns aber weg: „Sorry, wir versichern keine Fahrzeuge die älter als 20 Jahre sind“ lautet die Begründung. Das schockt uns schon etwas, denn ohne Versicherung kein ICP und ohne ICP kommt das Auto nicht aus dem Hafen. Zum Glück finden wir die UniAsia Versicherung, die keine solchen Limits hat. Mit der Versicherung fahren wir nach Putrajaya. Die Regierung von Malaysia hat alle Ministerien aus Kuala Lumpur dorthin übersiedelt. Es ist eine neue, moderne, auf der grünen Wiese gebaute Stadt. Sehr schön zwar, aber die Wege dort sind lang und so brauchen wir viel Zeit zu dem entsprechenden Gebäude zu gelangen. Nach längerem Warten bekommen wir die Bewilligung. Es dauert hier alles etwas länger, denn der Ramadan hat angefangen und ohne Sprit, sprich ohne Essen, mahlen die Mühlen langsam. Der Weg zurück dauert doppelt so lang, vielleicht merkt auch der Zug, dass es Ramadan ist, denn er hält immer wieder auf offener Strecke an. Und so bleibt für ein feines Geburtstagsessen am Abend keine Zeit. „Wird nachgeholt“ sagt Romy, denn auch das Geburtstagsgeschenk gibt es heute noch nicht. Es ist im Auto und wer hätte gedacht, dass wir so lange darauf warten müssen. Wir gehen ins Bett und schlafen mit der Hoffnung ein, vielleicht morgen endlich unser Auto zu sehen.

Auf diesem Weg danke ich allen ganz herzlich für die lieben Geburtstagswünsche. Es hat mich sehr gefreut, dass ihr – trotz der geografischen Entfernung – an mich denkt. Mein Geburtstag war wegen der Probleme mit dem Auto und den entsprechenden Dokumenten ganz schön stressig. Umso mehr hat mich jedes E-Mail gefreut. Vielen lieben Dank.


Samstag, 14. Juli 2012

Tagebuch einer Verschiffung II und ein Nachruf


Wie versprochen der zweite Teil unseres Tagebuches aus Kolkata.

11.07. Mittwoch: Wir laufen in der Umgebung des New Markets. Es macht aber keinen Spass, überall sieht es gleich aus, Dreck, Elend, viel zu viele Menschen, chaotischer Verkehr. Am Nachmittag gehen wir wieder zur Agentur. Die Ladenbesitzer unterwegs kennen uns schon und grüssen und freundlich. Wir bringen die zweite Rate der Anzahlung – wegen dem Limit am Bankomaten können wir täglich nur eine bestimmte Summe beziehen. Dabei erfahren wir, dass das Schiff zwei Tage Verspätung hat. Das hebt unsere Stimmung naturgemäss nicht wirklich.

12.07 Donnerstag: Heute wäre der letzte Tag, an welchem wir den Abflug nach Malaysia noch verschieben könnten. Darum gehen wir wieder zur Agentur um nachzufragen, ob wirklich alles klappt. Die Antwort ist positiv. Ich bin aber sehr skeptisch, denn wir haben drei Monate Indienerfahrung. Später besuchen wir den Botanischen Garten auf der anderen Seite des Flusses. Leider regnet es fast die ganze Zeit. Das grösste Abenteuer ist die Fahrt zurück mit dem öffentlichen Bus.

13.07. Freitag: Der Tag der Wahrheit! Aber zuerst besuchen wir das „Mutter Teresa Haus“. Hier hat Mutter Teresa mit anderen Ordnerschwestern gelebt und ist nun auch hier begraben. Ein Museum ist ihrem Leben und ihrem Werk gewidmet. Es ist sehr eindrucksvoll was diese zierliche Frau geleistet hat. Nur frage ich mich, wie könnte es denn hier aussehen ohne ihr unermüdliches Engagement? Gibt es denn noch eine Steigerung von dem, was wir hier tagtäglich auf der Strasse antreffen? Es ist für uns kaum vorstellbar. Doch wie man die Situation der 1,5 Millionen Menschen in den Slums und in den Strassen Kakotas verändern könnte, dafür haben wir auch kein Rezept und diese Hilflosigkeit schlägt uns aufs Gemüt.

Am Nachmittag geht es wieder einmal mehr zur Agentur. Zwar müssen wir über eine Stunde warten aber dann endlich halten wir alle Dokumente in der Hand. Das Carnet mit dem wichtigen Ausreisestempel und die „Bill of Lading“ im Original. Dieses Dokument ist enorm wichtig, ohne das Papier würden wir den Container mit dem Brummi in Malaysia nicht freibekommen. Wir sind sehr erleichtert, offerieren der ganzen Belegschaft eine Schachtel  indischer Süssigkeiten und verabschieden uns. Falls jemand die Verschiffung von Kolkata aus wagen möchte, können wir diese Agentur „Nilja Shipping“ empfehlen, obwohl auch hier einige Fehler passiert sind. Doch soll es bei anderen Agenturen weit schlimmer sein, wie wir von anderen Reisenden wissen. Leider kann ich dieses Ereignis nicht mit einem Bier feiern, Alkohol gibt es in Kolkata nur in den sehr teuren Restaurants und Bars.

14. 07. Samstag: Genau vor 14 Tagen sind wir in Kolkata angekommen. Heute Abend fliegen wir weiter nach Malaysia. Hoffentlich wird es dort etwas einfacher, das Auto aus dem Hafen zu bringen. Wir werden sehen und berichten. Weil das Schiff zuerst den Hafen von Singapur anläuft dauert die Fahrt nach Malaysia 9 Tage.


Ein Nachruf

Das Abenteuer Indien liegt (fast) hinter uns. Wir haben viel gesehen und erlebt, wir haben in der Hitze Rajastans und der Kälte der hochgelegenen Gebiete Ladakhs gelitten. Wir haben viele Menschen verschiedener Religionen getroffen  und die Probleme Indiens (ein bisschen) näher kennengelernt. Vor allem die Bevölkerungszunahme betrachten wir als die  grösste Herausforderung der Zukunft für das Land. Am meisten hat uns der chaotische und gefährliche Verkehr auf der Strassen zu schaffen gemacht. Wir sind sehr froh, dass wir so viel Glück hatten und ihn ohne Unfälle gemeistert haben. Denn eine Versicherung hat hier niemand – wir auch nicht. Der einzige Schaden war der kaputte Spiegel, aber das war meine eigene Schuld.

Es gibt ein Sprichwort: Indien kann man lieben oder hassen. Wir haben beide Pole kennengelernt. Es war eine aufregende, anstrengende und nachhaltige Erfahrung – aber sie noch einmal machen möchten wir eigentlich in diesem Leben nicht mehr. 

Dienstag, 10. Juli 2012

Tagebuch einer Verschiffung I


Um von Indien nach Südostasien zu gelangen gibt es zurzeit auf dem Landweg keine Möglichkeit. Uns bleibt als letzte Variante, von Kolkata aus nach Malaysia zu verschiffen. Und Verschiffen heisst, das Auto  in einen Container zu verladen und wir selber müssen fliegen. Um das unglaublich undurchschaubare Vorgehen etwas anschaulicher zu machen werde ich es in Form eines Tagebuches schildern.

30.06. Samstag: Wir erreichen Kolkata am frühen Nachmittag. Chaotischer Verkehr, aber es sind die letzten Kilometer in Indien, tröste ich mich. Die Suche nach einem Hotel beginnt. Das Guest House, das uns Jan empfohlen hat, verfügt nur über einen kleinen Parkplatz, sie erlauben uns nicht dort unser Auto abzustellen. Also weitersuchen, denn wir wollen den Brummi nicht auf der Strasse parkieren. Nach der erfolgreichen Suche gehen wir spät essen und dann ist relaxen angesagt. Das Hotel heisst „Dee Empresa“, ist nicht gerade billig, aber sehr sauber und hat Wi-Fi, das werden wir in den nächsten Tagen unbedingt brauchen
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01.07. Sonntag: Heute ist alles geschlossen, wir verbringen die Zeit mit Stadtbesichtigung. Sehenswert ist nicht viel in dieser Stadt und die Entfernungen sind gross. Am meisten gefällt uns das Victoria Memorial, ein Gebäude aus weissem Marmor, noch aus der Kolonialzeit.

02.07. Montag: Es geht los. Wir haben einige Adressen, die klappern wir ab und lernen eine Menge dabei. Es gibt 20 und 40 Fuss (Länge) Container, dann noch HQ, open top and flat rack Container. Bald stellt sich heraus, dass wir wegen der Höhe unseres Autos einen HQ Container brauchen, Und diesen gibt es in Indien nur als 40 Fuss Container. Heisst, die Angelegenheit wird recht teuer. Übrigens macht uns keiner der Agenten einen Kostenvoranschlag. Angeblich setzt sich der Preis aus vielen Komponenten zusammen, die zuerst abgeklärt werden müssen.
Heute hat es angefangen zu regnen. Auch die Temperatur ist um einiges tiefer. Wir haben den Monsun, der übrigens schon zwei Wochen Verspätung hat, nach Kolkata gebracht.

03.07. Dienstag: Noch einmal kontaktieren wir die gestern angesprochenen Agenturen. Wir werden auf Nachmittag vertröstet, dann auf Morgen. Inzwischen passiert etwas Unerwartetes. Ich will meinen Augen nicht trauen als ich in der Nähe von unserem Hotel einen VW Bus mit französischen Kennzeichen auf der Strasse sehe. Wir lassen dort einen Zettel, bis am Abend meldet sich niemand.

04.07. Mittwoch: Der Franzose meldet sich. Er will sein Auto auch verschiffen und ist bereits in Verhandlungen mit einer Agentur. Da wir ja den 40 Fuss Container brauchen in welchen zwei Autos Platz haben, beschliessen wir zusammen zu spannen. Die Agentur macht uns einen interessanten Preis. Wir werden noch in andere Büros gefahren, viele Formulare werden ausgefüllt und unterschrieben. Es scheint wir haben Glück. Der einzige Wermutstropfen ist, dass das Schiff erst am 13. Juli ablegt.

05.07. Donnerstag: Der erste grosse Dämpfer. Die Agentur teilt uns mit, dass es aus administrativen (rechtlichen?) Gründen nicht möglich ist zwei Autos von verschiedenen Besitzern in einen Container zu laden. Indische Gesetze und Vorschriften folgen einer anderen Logik. Der Traum vom günstigen Preis schwindet dahin, wir müssen den 40 Fuss alleine berappen. Es sind USD 1700, alle Gebühren auf der indischen Seite sollen in diesem Preis enthalten sein. Auch buchen wir den Flug nach Kuala Lumpur für den 14.07., denn eine Flugbestätigung will die Schiffsagentur auch noch von uns.

06.07. Freitag: Der zweite Dämpfer. Das, was wir von anderen Overländern immer wieder gehört haben, nämlich, dass die Zöllner in Kolkata sehr korrupt sind, bewahrheitet sich. Ob das die Agentur gewusst oder erst jetzt erfahren hat, bleibt fraglich. Mit dem Schmiergeld sind die Zöllner gar nicht kleinlich. Gut USD 450 verlangen sie für ihre Diente – eigentlich nur einen Stempel im „Carnet de Passage“, ein Dienst, der bei der Ausreise an einer Landesgrenze noch nie etwas gekostet hat. Das sind in Indien mehr als zwei Monatslöhne eines Facharbeiters. Wir ärgern uns grün und blau. Das Schlimmste daran – wir können dagegen nichts machen, denn der Seeweg ist die einzige Möglichkeit unser Auto aus dem Land zu bringen. Als Alternative käme nur die Ausreise nach Pakistan in Frage und das ist uns zu gefährlich. Das alles wissen die Zöllner natürlich und so können sie ihre Forderungen in die Höhe schrauben.

07.07. Samstag: Heute sind wir genau eine Woche hier. Zuerst scheint nicht viel zu passieren, dann bekommen wir die Nachricht, dass heute das Auto verladen wird. Mit den Leuten von der Agentur fahren wir etwa eine halbe Stunde zum Hafen. Der Container steht bereit. Wir haben grosse Bedenken, ob wir hineinfahren können, denn die Agentur hat mit der Gesamthöhe des Containers gerechnet, aber nicht bedacht, dass der Rahmen für das Einfahrtstor einiges niedriger ist. Ich montiere die Dachluke ab um ein paar Zentimeter zu gewinnen, dann machen wir den ersten, vorsichtigen Versuch. Weitere Massnahmen wären die Luft aus den Reifen rauszulassen. Doch es klappt, der Brummi steht in dem grossen Container ziemlich verloren. Wir lernen als weiteres Wort „lashing“ kennen. Drei Arbeiter mit einem Aufseher kommen um das Auto im Container mit dicken Stahlseilen festzuschnüren. Denn ein Container kann auf dem Schiff selber oder beim Verladen an den Kranseilen bedenklich schwanken. Ich will mir nicht auszumalen wie es ausgehen würde, wenn dabei das Auto anfangen würde im Container hin und her zu rollen. Die Arbeit zieht sich bis in die späten Abendstunden. Nur das vorgesehene Benzinabpumpen wurde „vergessen“, wir reklamieren nicht, denn wir haben den Tank fast halb voll. Der letzte Blick und ein Foto, dann wird die schwere Containertüre geschlossen und versiegelt. Ob wir den treuen Brummi je wiedersehen? Am Montag soll der Container in den Hafen zur Zollinspektion gefahren und dann am 12. Juli auf das Schiff verladen werden. Wenn es alles klappt… Der Weg zurück in die Stadt gestaltet sich sehr schwierig, denn in der Hafennähe ist zu dieser Stunde kein Taxi aufzutreiben.


08.07. Sonntag: Da heute nicht gearbeitet wird hoffen wir auf einen ruhigen Tag. Wir machen Tempelbesichtigungen und eine Bootsfahrt auf dem Ganges.

09.07. Montag: Zuerst fahren wir zum thailändischen Konsulat für das Visa, denn an der Grenze gibt es nur eine Bewilligung für 15 Tage. Beim Mittagessen lernen wir eine Gruppe junger Mädchen aus Spanien kennen. Sie sind für einen Monat hier um Freiwilligenarbeit im „Mutter Theresa Haus“ zu machen. Nachmittag wieder Besuch bei der Agentur. Wir bekommen die Rechnung und gleichzeitig sollen wir eine Unbedenklichkeitsbestätigung des Automobilclubs von Indien vorlegen. Dieser Klub hat wirklich mit uns nicht zu tun, so lehnen wir ab.

10.07. Dienstag: Wir holen die Pässe beim thailändischen Konsulat ab. Wenigstens etwas hat geklappt. Allerdings bringt der Taxifahrer es fertig 146 Rupien auf den Taxameter zu fahren, wo es normalweise um die 90 Rupien kostet. Bei der Rückfahrt machen wir einen Fixpreis von 100 Rupien ab. Beim Hotel sind auf dem Taxameter allerdings nur 55 Rupien. Kaum im Hotel kommt den Anruf von der Agentur, wir sollen die Pässe bringen, der Zoll will die Originale mit den Kopien vergleichen. Es scheint, die Beamten nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Kaum haben wir das erledigt und sind wieder im Hotel, folgt der nächsten Anruf von der Agentur. Wir müssen dringend in den Hafen fahren, denn die Leute können die Chassis- und Motornummer nicht finden. Also ab mit dem Taxi zum Hafen. Ein grosses Problem stellt sich uns in den Weg. Es ist in Indien Ausländern nicht erlaubt einen Hafen zu betreten. Also muss eine Spezialbewilligung her. Das braucht seine Zeit und längere Diskussionen, immer höhere Chefs werden geholt. Dann dürfen wir das Gelände betreten. Interessanterweise braucht Romy aber keine Bewilligung, sie kann einfach mitkommen. Der Container wird geöffnet und ich sehe den Brummi wieder – so schnell habe ich es wirklich nicht erwartet. Nach dem Vergleichen der beiden Nummern dürfen wir wieder gehen. Noch ist das Auto nicht durch den Zoll und bis es auf dem Schiff ist kann noch viel passieren. Die Fortsetzung dieser Story folgt sicher am nächsten Tag. Mehr davon im Teil II.