Den afrikanischen Boden betreten wir zuerst in Nairobi. Aber
doch noch nicht ganz - wir müssen bei der Zwischenlandung im Flugzeug bleiben.
Es dauert eine weitere Stunde, dann landen wir in Dar es Salaam, in der
Hauptstadt von Tansania. Auch hier bleiben wir nicht lange, am nächsten Tag
geht es mit dem Schnellboot nach Sansibar. Sansibar und Tanghajika bilden die
Union Tansania. Trotzdem ist Sansibar auf seine (pseudo) Unabhängigkeit
erpicht, so müssen wir im Hafen noch einmal eine Passkontrolle über uns ergehen
lassen. Nachdem wir in einem Altstadthotel eingecheckt haben, machen wir uns
gleich auf zur Stadtbesichtigung von Stone Town, wie die Hauptstadt von
Sansibar heisst.
Sie verdankt ihre Gründung dem Sklavenhandel. Es war eine
traurige Zeit, aber sie hat Sansibar viel Reichtum gebracht und die Händler und
Kaufleute konnten sich prächtige Paläste bauen. Auch mit Gewürzen wurden
Vermögen angehäuft. Die Engländer haben den Sklavenhandel zum Erliegen gebracht
und andere Länder wurden zu günstigeren Produzenten von Gewürzen. Und so hat
der Verfall eingesetzt, der bis heute andauert. Es gibt zwar Versuche, die
Schönheit der Stadt wieder herzustellen, doch man ist erst am Anfang, es bleibt
noch viel zu tun. Wenigstens ist die Stadt heute in die Weltkulturerbeliste
aufgenommen, das gibt Hoffnung. Wir feiern auf der Terrasse des „Africa House“
mit einem Drink den gelungenen Start unserer Reise.
Die Stadt selber ist ein riesiges Labyrinth, anders kann man
es nicht sagen. Sie ist ein Knäuel von engen, verwinkelten Gassen, es gibt kein
Durchkommen für Fahrzeuge. Nach nur ein paar Minuten haben wir uns schon hoffnungslos
verlaufen. Man ist nie sicher, ob eine Gasse hinter der Ecke eine Fortsetzung findet
oder in einem Hof endet. Doch die Bewohner zeigen gerne die Richtung zur Küste,
dort kann man ja einen zweiten Versuch starten. Die Leute sind sehr freundlich
und nicht übermässig aufdringlich. „Jambo, Jambo“, mit dem hiesigen Gruss, werden
wir überall willkommen geheissen. Wir wohnen in Stone Town in einem alten Haus,
das liebevoll in ein Hotel umgewandelt wurde. Ja, nicht alles ist perfekt, aber
schliesslich sind wir in Afrika……
Wie schon gesagt ist Sansibar die Gewürze - Insel. Eine
„Spice Tour“ wird allgemein empfohlen. Und wirklich, ein kundiger Führer zeigt
und erklärt uns die Nutzpflanzen. Jetzt wissen wir, wo und wie der Pfeffer
wächst, aber kennen auch unzählige bekannte und unbekannte Gewürze: Vanille,
Muskatnuss, Gewürznelken, Zimt, Kardamom, Zitronengras, Ylang-Ylang, Ginger,
Jackfruit, Litchi, Kaffee, Kakao und einige andere mehr.
Es gibt aber auch
andere Pflanzen wie zum Beispiel die Früchte von „Lip Stick Tree“ mit seinem intensiv
roten Saft. Wozu er gut ist, sagt schon der Name. Afrikanische Frauen wissen ihn
zu schätzen, genauso wie auch den „Soap Tree“, dessen Früchte einen intensiven
Schaum erzeugen und zum waschen bestens geeignet sind.
Wir erfahren auch viel Neues
– zum Bespiel, dass der schwarze, weisse, grüne und rote Pfeffer von derselben
Pflanze stammt, nur die Verarbeitung nach der Ernte ist verschieden.
Am nächsten Tag wollen wir es wissen und so fahren wir, wie
die Einheimischen, mit einem Daladala. So nennt man hier eine Art Sammeltaxi.
Es geht langsam vorwärts, ständig wird angehalten, Leute steigen ein und aus,
Waren werden geladen und beim Empfänger abgeladen. Die Fahrt ist sagenhaft
günstig, für 40 Km zahlen wir kaum einen Dollar. Dafür gibt es sehr engen Körperkontakt
mit Einheimischen, denn es ist die Absicht des Fahrers, so viele Leute wie nur möglich
zu transportieren.
Beim Start sind wir 16 Personen und haben das Gefühl, dass das
Gefährt ausgelastet ist. Doch unterwegs steigen sage und schreibe nochmals acht
Personen mit einigen Hühnern und einer halben Ziege (letzter lebt nicht mehr)
zu. Zum Glück gibt es jede Menge frische Luft (leider aber auch Staub), denn
die Fahrzeuge haben keine Fenster. Unser Ziel ist das Fischerdorf Nungwi an der
Nordspitze der Insel. Mittlerweile ist dort ein Ressort mit vielen Hotels entstanden. Der Grund ist
klar – ein fast unendlicher Strand mit feinstem, schneeweissem Sand.
Kokospalmen und smaragdgrünes Wasser ergänzen die Idylle. Das Dorf der
Einheimischen ist dagegen trist – die Hütten aus Betonböcken mit
Wellblechdächern sind so verschachtelt zusammengebaut, dass wir uns bald
verlaufen, denn alle sehen gleich aus. Ein kleiner Fischmarkt und die Dhau-Werft
am Ufer erinnern noch an das Fischerdorf.
Wobei die Bezeichnung Werft masslos
übertrieben ist, die Holzschiffe, Dhau genannt, werden ausschliesslich in
Handarbeit gefertigt. Es gibt keine Elektrizität und somit keine Maschinen,
nicht einmal eine Bohrmaschine. Auch kein Metermass, alles misst der erfahrene
„Ingenieur“ nur mit einer Schnur ab. Drei Monate Arbeit brauchen drei Arbeiter
um ein Schiff herzustellen, alles wird nur aus Holz gefertigt. Ich sehe den
Arbeitern zu, wie sie die Spalten zwischen den Planken mit in Kokosöl getränkter
Baumwolle abdichten, Romy filmt inzwischen mit ihrer neuen Gopro Kamera
Meeresschildkröten unter Wasser.
Der Verkehr ist gelinde gesagt chaotisch. Um meine Nerven zu
schonen mieten wir uns ein Auto mit Fahrer, um die Dörfer und Strände an der
Ostküste zu erkunden. Dort breiten sich überall fantastische Strände aus.
Die
Bedingungen sind auch für die Kitt-Surfer günstig. Angeblich alles Geheimtipps,
aber nach der Anzahl der Surfer urteilend, schon lange nicht mehr ganz geheim. Zurück
in Stone Town ist die ganze Stadt auf den Beinen. Die Muslime – eine Mehrheit von
über 90 Prozent auf Sansibar – feiern heute das Ende der Pilgerfahrt nach
Mekka. So wenigstens haben wir es verstanden. Die Frauen haben die festlichsten
Kleider angezogen, meistens sehr bunt. Doch am buntesten sind die kleinen
Mädchen gekleidet – wie kleine Prinzessinnen stolzieren sie an der Hand ihrer
Mütter. Überall stehen Garküchen und der Duft von gegrilltem Fleisch überdeckt
alle anderen Gerüche. Bis tief in die Nacht zieht sich die Feier hin.
Die Hindus, die hier als Minderheit leben, feiern ebenfalls.
Eine Gottheitstatue wird mit lauter Musik und Gesang durch die Strassen gefahren.
Dabei bewerfen sich die Leute mit Farbpulver. Ich halte mich vorsichtig im
Hintergrund, Romy will natürlich alles aus der Nähe fotografieren und prompt
bekommt sie eine Ladung ab. Die Statue wird anschliessend im Meer versenkt, was
den Leuten eine gute Gelegenheit gibt, die Farbe abzuwaschen. Romy muss
allerdings warten, bis wir zurück im Hotel sind.
Für den letzten Tag haben wir uns etwas Besonderes
vorgenommen, die Insel Chumbe. Sie liegt in einem naturgeschützten Gebiet,
umgeben von einem Korallenriff, 90 Minuten mit dem Boot von der Hauptinsel
entfernt. Aus Naturschutzgründen ist die Anzahl der Besucher begrenzt. Als wir nach der Möglichkeit die Insel zu
besuchen fragen, heisst es überall: ausgebucht. Wir versuchen es trotzdem und
haben Glück. Zwei Personen, die reserviert haben, sind nicht am Pier erschienen
und so können wir mitfahren. Die Insel (man kann hier auch für teueres Geld
übernachten) ist ein kleines Paradies. Kein Verkehr, keine Hast dafür Strand
und Wellen - ein Traum. Romy will unbedingt an der Riffkante schnorcheln und
berichtet von der faszinierenden Unterwasserwelt. Viel zu schnell geht der Tag
zu Ende. Am nächsten Tag bleibt uns nichts anderes übrig - wir müssen von der
Insel Abschied nehmen. Mit der Schnellfähre geht es wieder zum Festland nach
Dar es Salaam. Welcher Gegensatz zum Leben auf der Insel. Das meist gehörte
Wort war „pole pole, was übersetzt heisst: langsam, langsam. Aber fast genau so
oft hörten wir auch: „hakuna matata (mach dir keine Sorgen). Doch wir haben uns
für die Schnellfähre entschieden, weil die normale Fähre schon öfters während
der Überfahrt gesunken ist, wobei leider jedes Mal Hunderte von Passagieren
ertrunken sind.
Morgen sollen wir in Dar es Salaam die „Rovos Leute“ treffen
mit welchen wir zusammen die nächsten Wochen im Zug durch Afrika reisen werden.