Sonntag, 28. Juli 2013

Der Fotografin Freude und Leid

Bevor wir weiter in den Süden fahren, machen wir einen Abstecher nach Coral Bay. Noch einmal geniessen wir das Südseegefühl pur. Palmen, weisse, sandige Strände, Schwimmen und Schnorcheln sind angesagt. Dann fahren wir weiter Richtung Süden. Ein Abstecher gilt dem Kalbarri National Park, der aus zwei Teilen besteht, der Küste mit eindrucksvollen Kliffs und dem Landesinneren mit, wie kann es anders sein, farbenprächtigen Schluchten. 



Die Landschaft ausserhalb des Parks besteht nicht mehr aus unendlichem Buschland, wo höchstens Kühe und Schafe weiden oder ein paar Känguruhs hüpfen, sondern aus riesigen Feldern, auf welchen Getreide angebaut wird. Zuerst können wir uns an dieses üppige Grün des Frühlingsgetreides nur schwer gewöhnen. Die ursprüngliche Vegetation bildet nur noch kleine Insel darin. So wird die leicht hügelige Struktur des Landes gut sichtbar und wir kommen uns manchmal vor wie in Toskana. Mitteln in dieser Landschaft liegt ein besonderes Land, die Hutt River Provinz, der wir einen Besuch abstatten.

Besonders ist es deswegen, weil es ein von Australien unabhängiges Land ist. Ja, das wissen nicht alle, denn in der Schule lernt man, dass es auf dem australischen Kontinent nur ein einziges Land gibt. Wie ist das nun möglich? Irgendwann, in den Siebzigern Jahren, verfügte die australische Regierung Einschränkungen für die Weizenproduktion. Während fast alle Farmer dies mit der Faust im Sack schluckten, hat sich der Besitzer einer Farm gewehrt. Mit seiner Bauernschläue hat er Lücken und Unklarheiten in den Gesetzen - bis zurück in die Landbesitznahme durch die englischen Kolonisten - gefunden und ausgenutzt. Im Jahr 1970 hat er sein Farmland als ein von Australien unabhängiges Fürstentum ausgerufen und sich selber zum Prinzen erklärt. Er musste diese Form wählen, da der Adel durch die damaligen britischen Gesetze speziell geschützt war, so haben wir es wenigstens verstanden. Prinz Leonard ist heute 88 Jahre alt. Die Staatsflagge weht bei unserer Ankunft auf Halbmast, vor zehn Tagen ist die Prinzessin, seine Frau, im Alter von 84 Jahren gestorben. Sein Sohn. zeigt uns den Regierungssitz und beantwortet unsere Fragen. Und wirklich, es gibt fast alle Attribute eines unabhängigen Staates: Banknoten, Briefmarken, Wappen und sogar einen Staatswagen – ein Mercedes Jahrgang 1964. Für einen Betrag von 250 Dollar kann man die Staatsbürgerschaft erwerben. Angeblich gibt es auch eine Armee, die aber unbewaffnet sei, wird uns versichert. Kein einziger Staat der Welt hat die Hutt River Province anerkannt, natürlich auch die australische Regierung nicht. Sie lässt Prinz Leonard gewähren, hat aber schnell die Gesetze so geändert, dass niemand mehr seinem Beispiel folgen kann. Wir haben schon eine gewisse Sympathie für Leute, die sich dem Diktat der jeweiligen Regierungsbeamten schlau widersetzen und erklären dem Prinzen feierlich: „Wir haben uns die Zeit genommen und sind mit diesem alten Auto von der Schweiz bis hierher gefahren, um ihr Land kennenzulernen“. Der Prinz nickt zufrieden und wir können als Ehrengäste eine Nacht hier übernachten ohne die Visagebühr von zwei Dollar zahlen zu müssen. Auf alle Fälle geniessen wir es einen Tag „ausserhalb“ Australiens zu verbringen.

Auf der Fahrt Richtung Perth erwartet uns noch eine grosse Attraktion. Schon zu Hause hat Romy von den schönen Bildern aus diesem Nationalpark geschwärmt. Es ist der Pinnacles National Park südlich von Cervantes. Aus der goldfarbenen Sandwüste scheinen hier Tausende von Kalksteinsäulen zu wachsen. Einige von ihnen sind bis zu fünf Meter hoch. Durch diese „Landschaft“ darf man ausnahmsweise sogar auf einem unbefestigten Weg mit dem Auto fahren. Wir kommen gegen Abend an, die Sonne ist durch dicke Wolken verhüllt. Romy wird aus Enttäuschung ungehalten. Kein gutes Licht, keine guten Bilder, schimpft sie und zeigt mir verschiedene Bilder aus Prospekten, die wirklich schön sind. Die Säulen strahlen dort goldfarben, während die vor uns jetzt grau sind und wie Betonpfeiler aussehen. Doch es liegt nicht in meiner Macht die Sonne scheinen zu lassen. Und als es dann noch zu regen anfängt, ist Romys gute Laune endgültig dahin. Im strömenden Regen fahren wir zurück nach Cervantes zum Campingplatz. „Die Wettervorhersage für morgen ist schlecht“, beantwortet die Frau im Campingbüro unsere Frage, „erst in drei Tagen sollte es wieder sonnig sein“. Romy ist so frustriert, dass sie (zugegeben mit meiner Hilfe, ich kann sie ja mit diesem Frust nicht alleine lassen) eine ganze Tafel Schokolade verspeist währen der Regen laut auf das Autodach trommelt.

Es geschehen manchmal Wunder. Entgegen der Wettervorhersage scheint am Morgen die Sonne. Ohne Frühstück verlassen wir eilig den Campingplatz und fahren wie die Feuerwehr in den Park. Es sind 15 Kilometer und die Sonne kann es sich jederzeit wieder anders überlegen. Doch Glück gehabt, sie tut es nicht und Romy kann nun in Ruhe ihre erträumten Bilder schiessen. Natur pur, denn es hat hier noch keine Besucher - wir sind die Ersten im Park!



Nun sind wir alle zufrieden, holen das Frühstück nach und fahren weiter Richtung Süden. Wir besuchen unterwegs noch den Yanchep National Park mit einem schönen See. Der Park ist auf Wochenendbesucher aus Perth ausgerichtet. Wir bekommen hier zum ersten Mal die putzigen Koalabären zu sehen. Am nächsten Tag erwartet uns eine andere Art von Wildnis, nämlich eine Stadtwildnis. Wir werden Perth, die Hauptstadt Westaustraliens erreichen.


Samstag, 20. Juli 2013

Wa(h)lbeobachter

Wie in unserem letzten Blog versprochen, hier ein Situationsbericht unserer Walbeobachtung: Kaum sind wir eine halbe Stunde mit dem Katamaran unterwegs, da tauchen ca. 100 Meter vor uns zwei Wale auf. Es sind Buckelwale, ungefähr 15 Meter lang, mit einem Gewicht zwischen 25 und 30 Tonnen. Ausgelassen toben sie herum, schlagen mit ihren Flossen lautstark auf das Wasser, immer und immer wieder. 


Dann schiesst plötzlich einer von ihnen in die Höhe, ungefähr die Hälfte seiner Körperlänge wird sichtbar und so sehen wir, wie riesig diese Tiere in Wirklichkeit sind. Mit einem lauten „Plumps“ fällt er ins Wasser zurück, sodass es weit aufspritzt. Der andere schlägt mehrmals mit der Schwanzflosse auf das Wasser. Es sieht aus, als würden die beiden eine Schau für uns inszenieren. Noch nie haben wir Wale so ausgelassen spielend erlebt. Irgendwann tauchen sie ab, hinterlassen noch ein paar Luftblasen aus ihren Blaslöchern und sind verschwunden. Es dauert aber nicht lange, bis der nächste auftaucht. Das Boot versucht etwas näher an ihn heran zu kommen, doch der Wal verschwindet. Plötzlich taucht er keine 20 Meter von uns auf und schiesst senkrecht nach oben. Romy erschreckt sich so, dass sie zu fotografieren vergisst und somit das Jahrhundertbild verpasst. Es wimmelt hier, dicht vor der Küste, nur so von diesen Riesenmeeressäugetieren. In den vier Stunden, die wir mit dem Boot unterwegs sind, sehen wir sicher 50 Wale. Oder sind es nur vielleicht immer wieder die gleichen? Das leibliche Wohl kommt bei der Tour nicht zu kurz. Ständig werden verschiedene Häppchen, Tapas, Sushi und Getränke angeboten. Viel zu schnell geht die Zeit vorbei und wir müssen wieder von Bord.

Am nächsten Tag sind etwas kleinere Tiere auf dem Programm. Wir fahren zum „Broome Bird Observatory“, einer Vogelbeobachtungstation in einer einsamen Bucht. In dem kleinen Camping sind scheinbar nur fanatische Vogelbeobachter anwesend. Sie können jeden Vogel beim Namen nennen und erkennen ihn sofort, auch aus grosser Entfernung. Begeistert berichten sie über die erfolgreichen Sichtungen, die sie schon hatten. Da können wir nicht mithalten und die englischen Vogelnamen sind uns sowieso total fremd. Aber Romy mit ihrem neuen langen Rohr, sprich 600 Millimeter Teleobjektiv, rettet die Situation. Sie wird von allen als eine grosse Tierfotografin eingeschätzt. Wir lernen, dass es hier zwei Gruppen von Vögeln gibt, die Waldvögel und die Strandläufer. Letztere laufen lieber, wie der Name sagt, am Strand auf der Suche nach kleinen Krabben und Muscheln. Unglaublich, dass einige der Vogelarten über 10‘000 Kilometer weit bis nach Sibirien fliegen und im Winter wieder hierher zurückkommen. Leider gibt es hier auch noch kleinere Tiere als die Vögel und zwar reichlich. Es sind die Moskitos, die uns regelrecht aussaugen. Aber davon war früher schon die Rede. Nun haben wir aber eine neue Waffe gegen sie. Eine freundliche Campingnachbarin hat uns Moskitospiralen geschenkt. Angezündet stinken sie zwar, aber sie wirken.

Nun wird es Zeit weiterzufahren. Wir wollen den Karijini National Park im Landesinnern besuchen. Die Attraktionen hier sind tiefe Schluchten und Wasserfälle. Der Boden enthält sehr viel Eisen. Dadurch wirkt alles irgendwie rostig. Hoffentlich steckt sich der Brummi nicht an. Auch das Visitors Centre des Parks wurde aus rostigem Eisen gebaut. Ganz in der Nähe gibt es grosse Bergwerke, wo Eisenerz für den Export abgebaut wird. Für den Abtransport hat man Eisenbahnen bis zum Hafen von Port Hedland gebaut. Da bringen kilometerlange Züge das abgebaute Erz zu den Verladeanlagen, wo schon riesige Schiffe warten. Später in Japan oder China entstehen daraus neue Autos oder andere Gebrauchsgegenstände. Das Geschäft blüht, es sind hier neue Städte entstanden, um die Arbeiter unterzubringen, so zum Beispiel Tom Price, nach dem Entdecker des Eisenvorkommens benannt.


Das nächste Ziel ist Exmouth. Die Stadt alleine wäre nicht die Reise wert, aber in der Umgebung befinden sich zwei bedeutende National Parks. Auf der Halbinsel ist es der Cape Range National Park und im Meer der Ningaloo Maritime National Park. Im Schatten des grossen Bruder, des Great Barrier Riffs, ist dieses Korallenriff wenig bekannt, obwohl es auch zum Weltnaturerbe gehört. Der Riff verläuft hier oft nur in kleiner Entfernung vor der Küste.


Die Strände sind fantastisch und man braucht nicht einmal Hundert Meter mit dem Schnorchel zu schwimmen und schon kann man eine Wunderwelt erleben. Korallengärten in unvorstellbarer Vielfalt, dazwischen schwimmen bunte Fische. Jeder schwärmt davon, wie schön es ist. Ja, hier werden Südseeträume war. Leider haben wir keinen Schnorchel dabei, wir haben nicht an jede Eventualität gedacht. (da hätten wir viel mehr Dinge mitnehmen müssen und der Brummi wäre total überladen). Das Problem löst sich im Gespräch mit freundlichen Einheimischen, die den Brummi bewundern und uns ausfragen. “Unglücklicherweise haben wir keine Schnorchel mit dabei“, füge ich am Schluss unseres Gesprächs an.“ Kein Problem, wir haben genug Reserveschnorchel, ihr könnt euch welche aussuchen“ geben sie unaufgefordert zur Antwort. Und so können auch wir diese verborgene Wasserwelt mit den eigenen Augen sehen. Romy versucht sie sogar mit der Kamera im Unterwassergehäuse einzufangen. Aber nichts ist vollkommen, ein starker, kalter Wind vom Land sorgt dafür, dass wir es nicht allzulange im Wasser aushalten. An diesem schönen Ort würden wir gerne länger bleiben.

Das Problem ist, dass man nur auf den Campingplätzen des Nationalparks übernachten darf. Und die sind alle – wie schon ein grosses Schild bei der Touristeninformation in Exmouth verkündet hat – ausnahmslos besetzt. Um das Ökosystem zu schützen, werden nur eine begrenzte Anzahl Personen in den Park gelassen. Trotzdem fahren wir in den Park. Am Parkeingang fragt uns die Rangerin „Braucht ihr vielleicht eine Unterkunft? Gerade bekam ich eine Meldung, dass ein Platz in einem Camping frei geworden ist“. Ist das nicht ein Glückstag? So bleiben wir drei Tage, besuchen verschiedene Strände und machen Wanderungen ins Hinterland. Es gibt viele Tiere hier. Känguruhs grüssen uns am Morgen beim Aufstehen, Emus laufen uns über den Weg und natürlich eine Menge Vögel. Am besten gefallen mir die grossen Schwärme der Rosakakadus mit ihrem lauten Gekreische.


Freitag, 12. Juli 2013

Westwärts

Bekanntlich besteht Australien aus sechs Bundesländern. Und wie in der Schweiz die Kantone, hat auch hier jedes Bundesland seine eigene Regierung und sein Parlament, also auch eigene Gesetzgebung. Wir haben nun den nördlichen Teil des Northern Territory verlassen und fahren Richtung Westen nach Western Australia. Die Grenze überrascht uns mit einer strengen Kontrolle. Nein, Ausweise und dergleichen interessieren niemand. Es ist wieder die Quarantäne und die interessiert sich für Obst, Gemüse, Honig und noch ein paar andere Dinge. Wir haben es gewusst und entsprechen eingekauft. Auch hat Romy kurz vor der Grenze aus allem Gemüse ein ausgezeichnetes Mittagessen gezaubert. Trotzdem muss sie sich von zwei restlichen Kartoffeln und einer Zwiebel trennen. Sie wandern in eine Abfalltonne.

Die erste Stadt in Western Australia heisst Kununurra, ein schönes Städtchen an einem See gelegen und ein kleiner, aber sehenswerter Nationalpark gleich vor der Haustür. Dort unternehmen wir kurze Wanderungen und in der Stadt stocken wir unsere Vorräte wieder auf. Alles gut, eigentlich ja, wenn es das leidige Thema Haftpflichtversicherung für das Auto nicht geben würde. Klar haben wir gleich in Darwin eine abgeschlossen, doch die gilt nur in Northern Territory, so wurde uns gesagt. Also bemühen wir uns um eine neue beim Strassenverkehrsamt, denn die obligatorische Motorfahrzeughaftpflichtversicherung kann man nur bei diesem Amt abschliessen. „Eine Versicherung, kein Problem“, sagt uns die freundliche Beamtin nach einem langen Telefongespräch mit Vorgesetzten im fernen Perth und schreibt uns einen Zettel mit den nötigen Unterlagen. „Das Auto muss zuerst die technische Inspektion bestehen“, teilt sie uns weiter mit. Das Dokument, wonach der Brummi eine solche Inspektion vor zehn Tagen mit Bravour bestanden hat, beeindruckt sie nicht. „Wir akzeptieren keine Inspektion von anderen Staaten“ ist die kurze Antwort. Ja klar, denke ich mir, vielleicht würde man am Zürcher Strassenverkehrsamt auch keine Bestätigung aus anderen Kantonen akzeptieren. Hier kann man zum Glück die Inspektion bei einer privaten Garage ausführen lassen. Die erste Garage ist ausgebucht, der nächste freie Termin wäre in drei Tagen. Freude herrscht, nur Romy ist zunehmend sauer. Bei der zweiten Garage haben wir mehr Glück. Der Besitzer mit rumänischen Wurzeln sieht es wie wir – eine bürokratische Schikane. So kontrolliert er nur die Daten und stellt uns die Bestätigung aus. Natürlich reklamieren wir nicht, auch nicht, als wir die amtlichen Gebühr von 94 $ bezahlen müssen (ca. Fr. 90.--). Ende gut, alles gut, am Schluss bekommen wir eine Versicherung, die angeblich im ganzen Land, sprich in allen Bundesländern gültig sein soll. In Darwin hat man uns allerdings gesagt, dass es keine Versicherung gibt, die in ganz Australien gültig ist. Aber vorerst sind wir ja nun einige Zeit in Western Australia.

Nun sind wir wieder unterwegs. Unser Ziel ist der Bungle-Bungle Nationalpark. Eigentlich heisst er richtig Purnululu, was in der Ureinwohnersprache „Sandstein“ heisst. Der Park ist bekannt für die ocker- und schwarzgestreiften Felsen, die an Bienenstöcke erinnern. Die auffälligen abgerundeten Felsenformationen bestehen aus Sandstein und komprimierten Kieselsteinen, welche die Zeit in Millionen von Jahren verwittern lies. Die verschiedenfarbigen Streifen werden durch den unterschiedlichen Lehmgehalt und die Porosität verursacht. Das Gestein in den dunklen Schichten ist durchlässiger und ermöglicht dadurch Algenwachstum, die helleren Streifen enthalten oxidiertes Eisen. Um die ganze Pracht zu überblicken, leisten wir uns etwas besonders: einen Helikopterflug über den Park. Der Heli ist ganz klein, nur drei Passagiere haben darin Platz. Es hat keine Türen. Das ist gut für das Fotografieren, aber es lässt uns den starken, von dem Hauptpropeller verursachten Wind, hautnah spüren. Wir kreisen über die Felsen und unsere Finger drücken den Kameraauslöser ohne Unterlass. So viele Bilder innerhalb so kurzer Zeit haben wir noch nie gemacht. Es ist wirklich einmalig und die 30 Minuten sind schneller vorbei als es uns lieb ist. Wir landen voll unvergesslicher Eindrücke.




Am nächsten Tag fahren wir in den Park und unternehmen dort verschiedene Wanderungen. Man muss sich streng an die ausgeschilderten Wege halten. Teils wegen der Sicherheit, denn allzuleicht kann man sich hier verlaufen, teils, weil bestimmte Plätze den Aborigines heilig sind und nicht betreten werden dürfen. Schwer zu sagen aus welchem Winkel die Felsen schöner sind – vom Boden oder aus der Luft betrachtet. Kaum zu glauben, dass dieses Gebiet von Weissen erst in den 1980-er Jahren entdeckt wurde.



 Und es geht weiter. Langsam wird uns bewusst, wie gross Australien eigentlich ist. Oft fahren wir Hundert Kilometer ohne dass sich die Landschaft merklich verändert. Siedlungen gibt es wenige und da heisst es unbedingt den Tank bis zum Rand füllen, denn die nächste Tankstelle kann 300 Km weit entfernt sein und man weiss nicht mit Sicherheit, ob sie auch Benzin hat. Es gibt natürlich auch Höhepunkte und das sind die zahlreichen Nationalparks.

Ich nenne nur zwei, die uns besonders gefallen haben: Der Tunnel Creek und Windjana Gorge. Der Zutritt ist angeblich nur für 4x4 Fahrzeuge erlaubt, aber Brummi schafft es ohne Probleme. Nur das oft tiefe „Wellblech“ der Piste ist nicht so angenehm zu fahren. Tunnel Creek ist wie es der Name sagt, ein Bach, der sich hier durch einen Hügelzug „durgefressen“ hat. Entstanden ist ein etwa 750 Meter lange Höhle, ein eigentlicher Tunnel, der sich durchwandern lässt. Allerdings muss man dabei oft durch bis zu 70 cm tiefes Wasser waten und ohne gute Taschenlampe gibt es kein Durchkommen.

Windjana Gorge, ausnahmsweise nur 20 km weiter, ist eine wunderschöne Schlucht. Hohe rot-schwarze Felsen ragen empor. Der Fluss bildet dazwischen zahlreiche Pools. Allerdings muss man vom Baden Abstand nehmen, auch wenn es so heiss ist – an den Sandbänken sonnen sich nämlich die Bewohner, es sind Süsswasserkrokodile. Zwar sollen sie den Menschen nicht so gefährlich sein, aber ein Biss ist etwa so angenehm wie der eines Kampfhundes.


Nun sind wir in Broome angelangt und somit an der Westküste Australiens. Hier wird es richtig touristisch. Eine Attraktion sind die Kamelsafaris am Strand bei Sonnenuntergang. In einer langen Reihe schreiten die Kamele würdevoll am Strand entlang, hinter ihnen versinkt die rote Sonne im Meer. Die Silhouetten der Kamele spiegeln sich im Wasser. Romys Foto- Herz hüpft. Morgen ist Whale Watching angesagt. Ob wir dabei Walfische sehen werden? Davon werden wir im nächsten Beitrag berichten.


Freitag, 5. Juli 2013

Top End

„Top End“ nennt man in Australien den hohen Norden des Kontinents. Bekanntlich ist in Australien  alles anders, beginnend mit den Jahreszeiten bis zu den Raumverhältnissen. Je weiter man nach Süden fährt, desto kühler wird es und umgekehrt.




Mit einem Abstecher zum Frogg Damm beginnen wir unseren Besuch im Kakadu National Park. Dieser Park ist wegen den Naturschönheiten, den Felsenbildern der Aborigines und der speziellen Flora und Fauna in die UNESCO Weltnaturerbeliste aufgenommen worden. Der Frogg Damm ist ein Überbleibsel von einem ehrgeizigen Projekt aus den fünfziger Jahren. Damals wollte man hier im grossen Stil Reis anbauen. Es lief nicht alles nach Plan und so hat man das Projekt nach einigen Jahren aufgegeben. Heute gehört der See hinter dem Damm den zahlreichen Wasservögeln, Fischen, Schildkröten und Krokodilen. Vor diesen wird überall gewarnt. Es sind vor allem die Salzwasserkrokodile, hier Salties genannt, die den Menschen gefährlich werden können. Trotz ihres Namens leben sie auch im Süsswasser und können bis zu 5 Meter lang werden. Man hat sie bis in die neunziger Jahre erbarmungslos gejagt und sie wären beinahe ausgerottet worden. Heute stehen sie unter Schutz und sie haben sich prächtig vermehrt. Darum stehen auch überall Warnschilder – so wird die Regierung auf einfache Weise alle Haftungsansprüche los. Man ist ja gewarnt worden, heisst es dann im Falle eines Falles. Das könnte man auch in der Schweiz einführen – Warnschilder vor Bären.

Bei der Weiterfahrt donnern uns riesige Lastwagen mit vier Anhängern, ganze 55 Meter lang, sogenannte Road Trains, mit grosser Geschwindigkeit entgegen. Besser, wenn man an den Strassenrand ausweicht, denn zum Bremsen brauchen diese Ungetüme sehr lange Strecke. Sie transportieren Uranerz aus den umstrittenen Minen mitten im National Park zum nächsten Hafen.

Australien ist ein Camper Land, es scheint, dass das die ganze Bevölkerung mit Wohnwagen oder Wohnmobilen unterwegs ist. Überall stehen Campingplätze zur Verfügung. Von ganz einfachen Anlagen mit nur einem Plumsklo bis zu Luxusanlagen mit Swimmingpool. Im Nationalpark muss man sich auf diesen Plätzen oft selber registrieren. Man schreibt den Namen und die Fahrzeugnummer auf ein Couvert, legt das Geld hinein, klebt es zu und wirft es in eine Box.

Oft steigen riesige Rauchwolken am Horizont auf. Das Land wird kontrolliert abgebrannt, um den alles vernichtenden Waldbränden in der Trockenzeit die Nahrung vorher zu entziehen. Manchmal kommen die Flammen bedrohlich nah an die Strasse und ein dicker Rauch behindert die Sicht. Aber – alles ist unter Kontrolle – sagen die Rangers. Besonders dramatisch wirkt das Schauspiel in der Nacht, da bilden die Flammen gewaltige, rote Streifen am Horizont.



Das Land, auf dem der Park liegt, gehört den Aborigines, den Ureinwohnern Australiens. Erst vor 20 Jahren haben sie es vom Staat zurückerhalten - nachdem man sich jahrhundertelang nicht um ihre Rechte gekümmert hat. Aber sie haben hier schon immer gelebt. Das bezeugen ihre Zeichnungen an vielen Felsen im Park. Die Aborigines sind ein trauriges Kapitel in der australischen Geschichte. Lange als Bürger zweiter Klasse behandelt, hat man nun ihre Ansprüche anerkannt.
 Da aber das Land schon lange an Siedler verkauft wurde, zahlt man den Aborigines eine Entschädigung in Form einer Unterstützung. Leider wird dieses Geld oft für Alkohol verwendet. Es ist ein trauriger Anblick diese verwahrlosen Menschen zu sehen, meistens in der Nähe von Geschäften, die Alkohol verkaufen. Da das Alkoholtrinken in der Öffentlichkeit nicht erlaubt ist, füllen sie ihn einfach in eine Cola- Flaschen um.



Es gibt viele Tiere im Park. Doch eine Sorte ist besonders lästig. Nein, es sind nicht die Krokodile, es sind gemeine Moskitos. Sie sind schon am Tag sehr unangenehm, aber nach Sonnenuntergang starten sie ihre Offensive erst wirklich. Wehe dem, der sich nicht mit Netz oder Mückenschutzmittel wehren kann. Doch zum Glück hat Romy vorgesorgt und neue Moskitonetze für die Schiebetür und die Heckklappe aus der Schweiz mitgebracht. Nebst menschlichem Blut lieben die Viecher auch die Computerbildschirme. Am Abend am Laptop draussen zu arbeiten ist unmöglich, denn bald verhindert eine krabbelnde Schicht die freie Sicht. Es bleibt ein wichtiger Trost – in Australien übertragen Moskitos keine Malaria.

In Yellow Water unternehmen wir eine Flussfahrt auf dem“ Aligator River“. Nein, Aligatoren leben hier keine. Die ersten Siedler haben diese Gattung verwechselt. Fast lautlos gleitet das Boot im Wasser. Wir können in Ruhe viele Vögel beobachten, die Rangerin, die das Boot steuert, gibt uns Erklärungen, nennt die Namen der Vögel. Krokodile sehen wir auch, meistens aber nur den Kopf. Doch da liegt ein prächtiger Kerl am Ufer, sicher vier Meter lang. In freier Bahn möchten wir ihm nicht begegnen. Es gibt kommerzielle Touren, bei welchen man mittels Fleischbrocken Krokodile
anlockt und sogar zum Springen bringt. Dieses
Vorgehen ist im National Park aber nicht erlaubt.











Eines Abends, wir sind gerade in Katherine, überraschen uns riesiges Knallen verbunden mit Feuerwerk. Heute wird hier der Northern Territory Day gefeiert. Es ist der Tag, an welchem Northern Territory ein gleichberechtigter Bundesstaat von Australien wurde. Vorher war es lange Zeit nur ein Verwaltungsgebiet, ein Territory eben. Uns erinnern die Feierlichkeiten an den ersten August in der Schweiz, allerdings fehlen hier die Höhenfeuer. Aber festliche Ansprachen gibt es schon.

Unser Reiseleben ist zum gewohnten Rhythmus zurückgekehrt, wir sind wieder unterwegs. Fahren wohin wir wollen, halten wo es uns gefällt. Ausser es steht da keines von diesen Verbotsschilder. So vergehen die Tage, einer nach dem anderen. Die Hitze in Darwin ist einer angenehmen Nachtkühle gewichen. Uns freut es. Und es geht uns gut. Nur an die hohen Preise haben wir uns noch nicht ganz gewöhnt.