Drei Tage lang spulen wir die Autobahn gegen Norden ab, in
Deutschland mit viel Lastwagenverkehr, überfüllten Rastplätzen und Staus, dann geht
es weiter nach Dänenmark bis zu der Nordspitze nach Hirsthals. Noch der letzte
Sprung in den Bauch der Noröna Fähre und dann ist Erholung pur angesagt.
Es
überrascht uns sehr, dass um diese frühe Zeit so viele Leute nach Island
fahren. Bald erfahren wir den Grund: Um die Fähre in der Nebensaison
auszulasten, werden so genannte „Minikreuzfahrten“ angeboten. Sie dauern eine
Woche mit 36 Stunden Aufenthalt in Island und 8 Stunden auf den Färöer Inseln. Ewas
zu wenig für uns, denken wir. Das Meer ist fast spiegelglatt, so gefällt uns
die Seefahrt. An einigen Bohrinseln vorbei kommen wir nach zwei Nächten nach
Torshafn, der Hauptstadt der Färöer Insel. Die „Minikreuzfahrer“ verlassen das
Schiff und steigen in die bereit stehenden Busse ein um eine Inselrundfahrt zu
machen. Wir unternehmen einen ausgedehnten Bummel durch die Stadt. Nach 8
Stunden fahren wir weiter, noch eine Nacht und dann landen wir früh am Morgen
in Seydisfjödur auf Island. Es dauert aber noch gut eine Stunde bis wir an Land
dürfen. Der Brummi ist hinter vielen Lastwagen richtig eingemauert. Die
Formalitäten sind kurz – wir bekommen einen Kleber auf die Windschutzscheibe
verpasst und betreten die Insel. Der erste Eindruck, der sich später oft
bestätigen wird: Wir sind eindeutig zu früh gekommen. Auf der Passstrasse nach Egilsstadir liegt noch viel
Schnee. Statt der wunderbaren Aussicht auf den Lögurinn See sehen wir nur eine
graue Wand aus der es ausgiebig regnet. Egilsstadir ist eine grössere Stadt und
darum gilt es unsere Vorräte aufzufüllen. Da es nicht erlaubt ist frische
Produkte wie Fleisch, Eier und Milcherzeugnisse nach Island zu bringen, ist
unser Kühlschrank ziemlich leer. Beim Einkaufen erfahren wir die zweite
schmerzliche Erkenntnis – es ist alles brutal teuer hier, bald sind wir
überzeugt, dass die Schweiz ein Billigland ist. Tanken müssen wir noch nicht,
das haben wir in Dänenmark erledigt. Aber bald wir der Tank leer sein und die
neue Füllung wird dann Fr. 2.20 pro Liter kosten. Genug gejammert, das haben
wir ja mehr oder weniger gewusst. Und es hat ja überall genug, bis zum Rand
gefüllte Geldautomaten…
Eine wichtige Entscheidung steht noch an – wollen wir die
Insel im Uhrzeigersinn umrunden oder aber in der Gegenrichtung? Wir entscheiden
uns für die zweite Option und fahren los. Die Strasse Nummer 1, Ringstrasse
genannt, führt um die ganze Insel. Da sie meistens nah an der Küste verläuft,
ist sie auch im Winter vorwiegend schneefrei. Die Küste ist zerklüftet und so
muss jeder Fjord umgefahren werden. Bald ist der erste Tag zu Ende und wir suchen
einen Campingplatz. Seit drei Jahren ist es in Island verboten irgendwo in der
freien Natur zu übernachten. Der Grund dafür sind die kaum zu verkraftende
Massen von Touristen, die jedes Jahr die Insel überfallen. Das übernachten auf
dem Camping hat den Vorteil, dass wir Stromanschluss haben können. Wir haben einen
elektrischen Heizlüfter an Bord und so ist es dann im Brummi bald angenehm
warm. Doch nichts ist bekanntlich umsonst. Angeblich sind die Stromkosten dank
Wasserkraft in Island sehr niedrig (deswegen hat sich hier an mehreren Orten an
der Küste die Aluminiumindustrie angesiedelt). Das gilt aber nicht für die
Campingplätze, hier werden ohne mit der Wimper zu zucken 10 Franken pro Nacht
verlangt. Romy meint, dass, wenn wir uns jede Nacht diesen Luxus leisten, hier die
Stromkosten für den einen Monat höher sind als für den Rest des Jahres zu
Hause. Wir haben noch die Gasheizung aber unsere Gasvorräte sind zu knapp um
jeden Tag damit zu heizen zu können.
Auch im Skaftafell Nationalpark verschont uns der Regen
nicht. Es regnet in Strömen den ganzen Nachmittag und die halbe Nacht. Aber am
nächsten Morgen ist das Wetter klar und wir können wie geplant zum Svartifoss
wandern.
Der breit angelegte Weg lässt ahnen, wie viele Wanderer hier im Sommer
unterwegs sind. Jetzt ist es hier aber noch ruhig. Der Wasserfall ist bekannt
wegen den Basaltsäulen. Der heutige Tag ist eine löbliche Ausnahme, am nächsten
Tag regnet es wieder. Ein schweres Los für Romy als Fotografin (und für mich,
der sich ihre Klagen anhören muss). Dazu pfeift uns ständig ein orkanstarker
Wind um die Ohren.
Beim Gullfos und beim Geysir sieht es etwas besser aus. Der
Geysir spielt mit uns seine Spielchen. Er richtet sich gar nicht an regelmässige
Zeiten, mal macht er lange Pausen, mal schiesst er zweimal hintereinander seine
Fontäne gegen den Himmel. Geduld ist angesagt. Dafür können wir in Thingvellir
eine schöne Wanderung unternehmen. Hier tagte früher das Parlament von Island,
hier wurden Gesetze verkündet und Urteile gesprochen. Es war das älteste
Parlament weltweit und die Isländer sind sehr stolz auf diese Tradition.
Bei unserer Ankunft in Reykjavik regnet es wieder einmal.
Wir gehen essen und fahren zum Camping.
Gleich nebenan liegt die grosse Badeanlage von Reykjavik. Dort
verbringen wir den ganzen Nachmittag in einem Hot Pot mit 38 Grad warmen
Wasser. Da spielt es keine Rolle, dass der Regen uns von oben etwas abkühlt.
Romy hat früher viel von den Vikingern, den unerschrockenen
Nordmännern, gehört und gelesen. Unter anderen haben sie Island entdeckt und in
Besitz genommen. Da passt es gut, dass es in einem Vorort von Reykjavik eine
„Vikinger Village“ gibt. Ja klar, es ist alles im Vikingerstil nachgebaut,
sogar das Restaurant. Die Bedienung ist auch entsprechend gekleidet. Wir
leisten uns dort ein deftiges „Vikingermahl“ und können sogar einen schönen
Sonnenuntergang erleben. Da fällt uns das isländische Spruchwort ein: „Wenn
Ihnen unser Wetter nicht gefällt, dann warten Sie eine viertel Stunde“. - Wenn es so einfach wäre! Sonst kommt der
zweite Spruch zur Anwendung: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte
Kleidung“. Doch mit viel Glück erleben wir manchmal an einem Tag alle vier
Jahreszeiten.
In Reykjavik, wo zwei Drittel der isländischen Bevölkerung
lebt, gibt es einige alte herausgeputzte Häuser, die bekannte Hallgrimskirkja,
Harpa – das neue Opernhaus mit moderner Fassade aus Glasswaben und Perlan. Letzteres
ist ein moderner Bau der an ein gerade gelandetes UFO erinnert. Eigentlich ein
Zwecksbau, bestehend aus riesigen Heisswassertanks für die Heizung und
Warmwasserversorgung von Reykjavik. Damit es nicht so nüchtern aussieht, hat
man darüber eine Glaskuppel gestellt mit Restaurant und Aussichtsterrasse. Nun
ist es für uns Zeit die Hauptstadt Richtung Westen zu verlassen. An der
Ausfallstrasse hat es insgesamt 18 Kreisel hintereinander, ich habe sie
gezählt. Bald aber hat uns die Natur wieder und wir harren der Dinge, die da
kommen werden (hoffentlich schönes Wetter).