Hi-Tech begrüsst uns gleich an der Grenze, wir werden
fotografiert, mit einem Gerät der neuesten Generation werden uns
Fingerabdrücke abgenommen und gespeichert. Genau gesagt nur bei Romy, bei mir
belässt es der Grenzbeamte bei einem Bild. Hat er die Fingerabdrücke vergessen
oder sehe ich vielleicht harmloser aus? Das Zollbüro finden wir nicht und so
fahren wir weiter. “Never ask the government too much” ist unsere Devise. Gleich
hinter der Grenze stehen mehrere Kasinos. In Thailand ist das Glückspiel
verboten und das nutzen die Kambodschaner natürlich aus.
Unser nächstes Ziel, Siem Reap, ist der Ausgangpunkt für die
Besichtigung der weltbekannten Tempeln um Angkor Wat. Doch zuerst haben wir
etwas Wichtigeres vor. In Siem Reap befinden sich zwei der fünf Spitäler, die
Dr. Beat Richner, bekannt in der Schweiz unter seinem Künstlernamen Beatocello,
in Kambodscha gegründet hat. Heute, wie an jedem Samstag, gibt er ein Konzert. Dabei
spielt er Cello und erzählt von seiner Arbeit. Und die ist wirklich
beeindruckend. Die leidenden Kinder in Kambodscha (wo nach der Vertreibung der
Roten Khmer alles zerstört war) vor Augen und mit einer grossen Portion
Idealismus im Herzen hat er seine gutgehende Kinderarztpraxis in Zürich
geschlossen und sich dem Gedanken verpflichtet, den kambodschanischen Kindern
zu helfen. Mit Schweizer Perfektion hat er seitdem fünf Kinderspitäler
aufgebaut – drei in Phnom Penh und zwei hier in Siem Reap. Die Behandlung der
Kinder in diesen Spitäler ist kostenlos und darum ist er auf Spenden
angewiesen. Von der kambodschanischen Regierung kommt wenig, zu arm ist das
Land. Die Schweiz deckt mit 4 Millionen Franken knapp 10% des Budgets ab, alles
andere sind private Spenden. Wie wir uns überzeugen konnten, ist dieses Geld
gut angelegt. Gerade jetzt, in der Regenzeit, herrscht eine
Dengue-Fieber-Epidemie. Nur sehr wenige Kinder überleben diese Krankheit ohne
entsprechende Behandlung. Kinder im Dengue -Fieber -Schock können nur mit einer
Bluttransfusion gerettet werden. Darum brauchen die Spitäler nicht nur viel
Geld sondern auch viele Blutkonserven. Aus den Worten des Beatocello hört man
viel Engagement aber auch eine gewisse Verbitterung – er muss um jeden Franken
kämpfen damit er seine Arbeit hier machen kann. Und von denen, die dieses Elend
mitverursacht haben (gemeint sind die USA mit ihrer Politik) hört er nur
Ausreden.
Falls jemand von unseren Lesern etwas Gutes tun möchte, die Nummer
des Spendenkontos in der Schweiz ist 80-60699-1,
die Spende kann bei der Steuererklärung abgezogen werden. Nach dem Konzert
haben wir Gelegenheit mit ihm persönlich zu reden. Romy bekommt einen Termin,
um im Spital für ihren Artikel im „Limmatthaler“ fotografieren zu können.
Am nächsten Tag gehen
wir dort hin. Dr. Richner nimmt sich die Zeit für uns und zeigt uns mit Stolz ein
Teil des Spitals und erklärt uns die Zusammenhänge. Dabei wird er ständig durch
sein Mobiltelefon unterbrochen. Von den kambodschanischen Angestellten wird er
höflich mit „Sir“ angesprochen. Die Blicke der Mütter, die mit ihren Kindern
auf Entlassung warten, sind mit Dankbarkeit erfüllt. Denn es ist allen klar –
ohne sein Lebenswerk würden viele dieser Kinder nicht mehr leben oder den Rest
ihres Lebens behindert bleiben.
Szenenwechsel: Die Tempel um Angkor Wat bilden die grösste
Tempelgruppe der Welt und der Haupttempel Angkor Wat, der zum UNESCO Kulturerbe
gehört, ist der weltweit grösste Einzeltempel. Es überrascht uns deshalb nicht,
dass wir hier auf eine riesige Menge, vorwiegend chinesischer, Touristen
treffen. Bereits diskutiert man über eine zahlenmässige Begrenzung der
Besucher. Der Schönheit und Erhabenheit der Tempel tut der Rummel keinen
Abbruch, die besondere Atmosphäre, die diese Anlagen ausstrahlen, geht dabei aber
leider verloren.
Wir stehen mit unserem Auto im Garten eines kleinen Hotels.
Als wir am ersten Tag müde und von Eindrücken überwältigt von den
Besichtigungen zurückkommen, will Romy das schwere, eiserne Schiebetor öffnen. Unglücklicherweise
fällt dieses um und klemmt ihr dabei den Fuss ein. Durch ihre Schreie alarmiert
eilen Leute herbei, helfen das schwere Tor zu heben und Romy aus ihrer
misslichen Lage zu befreien.
Doch der Fuss ist bös zugerichtet, im Augenblick
schwillt er stark an. Wir haben grosse Befürchtungen, dass etwas gebrochen sein
könnte. Das Hotelpersonal bringt Eis und versucht die Schwellung und den
Schmerz zu lindern. Ich suche inzwischen unsere Medikamentenkiste durch. Das Einzige,
was geeignet scheint, ist ein Gel für Sportverletzungen. Nach einiger Zeit kann
Romy humpelnd mit Unterstützung das Zimmer erreichen wo ich den Fuss verbinde.
Romy ist bekanntlich „hart im Nehmen“, so ein „kleiner“
Unfall kann ihr (fast) nichts anhaben. Am nächsten Tag will sie unter keinen
Umständen im Bett bleiben. Die steilen Treppen der Tempel kann sie aber auch
nicht rauf und runter steigen. Darum machen wir eine Bootstour zum schwimmenden
Dorf in Tonle Sap See. Der Wasserspiegel dieses Sees verändert sich im Lauf des
Jahres um einige Meter. Darum schwimmt in diesem Dorf alles – Häuser, Läden,
Schule, Polizeistation, Restaurants und sogar der Tempel und die Kirche.
Das
Leben spielt sich ausschliesslich auf dem Wasser ab, Kinder fahren mit kleinen
Booten zur Schule und die Händler rudern mit ihren schwimmenden Läden von Haus
zu Haus, eigentlich von Boot zu Boot. Die Bewohner leben vom Fischfang und der Krokodilzucht.
Manchmal werden diese gefährlichen Tiere sogar im unteren Teil des Hausbootes
gehalten. Das Zuschauen bei der Fütterung mit Fischen ist eine schaurige
Angelegenheit.
Romy geht es von Tag zu Tag ein wenig besser, darum wagen
wir uns an weitere Besichtigungen der Tempel von denen es unzählige gibt. Wir
haben die Qual der Wahl, entweder die Grossen und Bekannten mit vielen
Touristen oder die Kleinen, bei denen wir fast alleine sind. Romy will jeden
Tempel besichtigen, schliesslich hat das Ticket 40 USD gekostet. Und ich kann
hiermit bestätigen, dass sie nur einen einzigen ausgelassen hat. Um wirklich
alle zu sehen steigt sie sogar in einen Ballon, der an einem 200 Meter langen
Seil rauf und runter gelassen wird.