Freitag, 27. Juli 2012

Die bangen Tage ohne Brummi

Pünktlich fliegen wir von Kolkata weg. Wir sind froh die Stadt endlich verlassen zu können. Der Flug dauert vier Stunden, Zehn Minuten nach Mitternacht landen wir in einer anderen Welt. Die Sauberkeit blendet uns fast - obwohl es spät in der Nacht ist. Hier funktioniert alles, ohne langes Warten werden wir vom gebuchten Hotel abgeholt. Am nächsten Tag fahren wir in die Stadt. Ich habe es noch nicht gesagt – wir sind in Kuala Lumpur, Malaysias Hauptstadt. Nun beginnen die langen Tage des Wartens. Kuala Lumpur ist eine grosse Stadt, mit über 1,5 Millionen Einwohnern, in der es viel zu sehen gibt. Wir waren vor sechs Jahren hier und haben die wichtigsten Sehenswürdigkeiten schon damals besichtigt. Trotzdem gibt es für uns noch Neues zu entdecken. 


Ein Besuch in einer Moschee ist auch den Ungläubigen erlaubt, während Miro nur die Schuhe ausziehen muss, wird es für Romy komplizierter – sie muss sich der islamischen Kleiderordnung entsprechend anziehen. Der Iran lässt grüssen!


Langsam haben wir aber genug vom Hotelleben und würden lieber in unserem eigenen Bett schlafen. Dazu kommen schlechte Nachrichten. Das Schiff mit dem Brummi, das am 22. Juli ankommen sollte, hat zwei Tage Verspätung. Einige Tage später werden nochmals weitere zwei Tage angekündigt, also wird es erst am 26. Juli einlaufen, wenn nicht noch mehr Hiobsbotschaften kommen. Da nehmen wir die Einladung unserer Bekannten Swee und Yit nach Singapur zu kommen gerne an. Der Stadtstaat ist ja nur „ein Katzensprung“ von Kuala Lumpur (ca. 450 km) entfernt.

Von Singapur sagt man, es sei die Schweiz Asiens. Unser erster Eindruck ist, dass Singapur die Schweiz bereits überholt hat. Breite Strassen, gigantische Hochhäuser und alles wirkt wie ein grosser Park, grün und sauber. Wir fassen uns immer wieder an den Kopf – es sind erst ein paar Tage her, wo wir durch unbeschreiblichen Dreck gelaufen sind. Kein Abfall liegt auf der Strasse, die Gehsteige sind putzsauber, so dass man vom Boden essen könnte. Der Unterschied ist nicht zu beschreiben. Und all das ist möglich ohne sichtbare Aufpasser, ganz selbstverständlich. (Später merken wir schon, dass die Aufpasser fast überall sind - in Form von Beobachtungskameras). Jedes Auto ist mit einem kleinen Gerät ausgestattet,  mit dem Strassen- und Parkgebühren vollautomatisch abgebucht werden. So kann man aber auch  jeder Zeit feststellen, wo sich ein bestimmtes Auto befindet. Auch der öffentliche Verkehr ist vorbildlich organisiert. Am Abend merken wir, dass Singapur eine grosse „Fressbeiz“ ist. Es scheint, dass die Einwohner nicht gerne zu Hause kochen, lieber gehen sie aus. Und Gelegenheiten zum Auswärtsessen gibt es unzählige. Nicht nur zum Essen sondern auch zum Einkaufen. Es hat Einkaufzentren ohne Ende, hier Malls genannt. Und dort findet man wirklich alles – Kirschen aus USA, Milch aus Australien, Butter aus New Zealand, Kiwi aus Chile, Teigwaren aus Italien, Schweizer Schokolade, alles was das Herz begehrt. Die Preise sind auch entsprechend, sie haben das Schweizer Niveau auch bereuts eingeholt.

Wir besuchen das neue Wahrzeichen von Singapur – das Marine Sands Hotel, drei gläserne Türme die oben mit einem Ding verbunden sind, das an eine überdimensionierte Banane erinnert. Darin ist ein Kasino untergebracht in dem der weltweit zweitgrösste Umsatz gemacht wird. Ganz oben gibt es einen über 100 Meter langen Swimmingpool, allerding nur für die  Hotelgäste. Wir genehmigen uns in der luftigen Höhe von 57 Stockwerken einen Drink aus frischer Kokosnussmilch. 

Mit unseren Bekannten erkunden wir die ganze Insel, doch nach vier Tagen müssen wir zurück nach Malaysia. Am letzten Abend geniessen wir der Hitze zum Trotz zusammen ein Original Schweizer Fondue, auch das gibt es hier im Supermarkt.

Mit dem Bus fahren wir wieder zurück nach Port Klang, wo der Brummi ankommen soll. Das Bangen geht aber weiter, es wird klar, an meinem Geburtstag werde ich das Auto nicht mehr sehen. Insgeheim habe ich gehofft, es würde klappen, leider wird das Schiff laut neuesten Berichten erst an diesem Tag einlaufen. Bis dann der Container aus dem Hafen und der Brummi aus dem Container ist wird es noch ein paar Tage dauern. Nach Indien macht es uns Malaysia auch nicht leicht. Beim Zoll erfahren wir, dass wir für die Freigabe einen ICP - International Circulation Permit brauchen. Das bekommt man aber nur in Putrajaya, der neuen Verwaltungshauptstadt, die allerdings gut zweieinhalb Stunden Zugfahrt vom Hafen entfernt ist. Um das Dokument zu bekommen, brauchen wir den ganzen nächsten Tag, denn zuerst müssen wir eine temporäre Autoversicherung abschliessen. Die erste Agentur schickt uns aber weg: „Sorry, wir versichern keine Fahrzeuge die älter als 20 Jahre sind“ lautet die Begründung. Das schockt uns schon etwas, denn ohne Versicherung kein ICP und ohne ICP kommt das Auto nicht aus dem Hafen. Zum Glück finden wir die UniAsia Versicherung, die keine solchen Limits hat. Mit der Versicherung fahren wir nach Putrajaya. Die Regierung von Malaysia hat alle Ministerien aus Kuala Lumpur dorthin übersiedelt. Es ist eine neue, moderne, auf der grünen Wiese gebaute Stadt. Sehr schön zwar, aber die Wege dort sind lang und so brauchen wir viel Zeit zu dem entsprechenden Gebäude zu gelangen. Nach längerem Warten bekommen wir die Bewilligung. Es dauert hier alles etwas länger, denn der Ramadan hat angefangen und ohne Sprit, sprich ohne Essen, mahlen die Mühlen langsam. Der Weg zurück dauert doppelt so lang, vielleicht merkt auch der Zug, dass es Ramadan ist, denn er hält immer wieder auf offener Strecke an. Und so bleibt für ein feines Geburtstagsessen am Abend keine Zeit. „Wird nachgeholt“ sagt Romy, denn auch das Geburtstagsgeschenk gibt es heute noch nicht. Es ist im Auto und wer hätte gedacht, dass wir so lange darauf warten müssen. Wir gehen ins Bett und schlafen mit der Hoffnung ein, vielleicht morgen endlich unser Auto zu sehen.

Auf diesem Weg danke ich allen ganz herzlich für die lieben Geburtstagswünsche. Es hat mich sehr gefreut, dass ihr – trotz der geografischen Entfernung – an mich denkt. Mein Geburtstag war wegen der Probleme mit dem Auto und den entsprechenden Dokumenten ganz schön stressig. Umso mehr hat mich jedes E-Mail gefreut. Vielen lieben Dank.


Samstag, 14. Juli 2012

Tagebuch einer Verschiffung II und ein Nachruf


Wie versprochen der zweite Teil unseres Tagebuches aus Kolkata.

11.07. Mittwoch: Wir laufen in der Umgebung des New Markets. Es macht aber keinen Spass, überall sieht es gleich aus, Dreck, Elend, viel zu viele Menschen, chaotischer Verkehr. Am Nachmittag gehen wir wieder zur Agentur. Die Ladenbesitzer unterwegs kennen uns schon und grüssen und freundlich. Wir bringen die zweite Rate der Anzahlung – wegen dem Limit am Bankomaten können wir täglich nur eine bestimmte Summe beziehen. Dabei erfahren wir, dass das Schiff zwei Tage Verspätung hat. Das hebt unsere Stimmung naturgemäss nicht wirklich.

12.07 Donnerstag: Heute wäre der letzte Tag, an welchem wir den Abflug nach Malaysia noch verschieben könnten. Darum gehen wir wieder zur Agentur um nachzufragen, ob wirklich alles klappt. Die Antwort ist positiv. Ich bin aber sehr skeptisch, denn wir haben drei Monate Indienerfahrung. Später besuchen wir den Botanischen Garten auf der anderen Seite des Flusses. Leider regnet es fast die ganze Zeit. Das grösste Abenteuer ist die Fahrt zurück mit dem öffentlichen Bus.

13.07. Freitag: Der Tag der Wahrheit! Aber zuerst besuchen wir das „Mutter Teresa Haus“. Hier hat Mutter Teresa mit anderen Ordnerschwestern gelebt und ist nun auch hier begraben. Ein Museum ist ihrem Leben und ihrem Werk gewidmet. Es ist sehr eindrucksvoll was diese zierliche Frau geleistet hat. Nur frage ich mich, wie könnte es denn hier aussehen ohne ihr unermüdliches Engagement? Gibt es denn noch eine Steigerung von dem, was wir hier tagtäglich auf der Strasse antreffen? Es ist für uns kaum vorstellbar. Doch wie man die Situation der 1,5 Millionen Menschen in den Slums und in den Strassen Kakotas verändern könnte, dafür haben wir auch kein Rezept und diese Hilflosigkeit schlägt uns aufs Gemüt.

Am Nachmittag geht es wieder einmal mehr zur Agentur. Zwar müssen wir über eine Stunde warten aber dann endlich halten wir alle Dokumente in der Hand. Das Carnet mit dem wichtigen Ausreisestempel und die „Bill of Lading“ im Original. Dieses Dokument ist enorm wichtig, ohne das Papier würden wir den Container mit dem Brummi in Malaysia nicht freibekommen. Wir sind sehr erleichtert, offerieren der ganzen Belegschaft eine Schachtel  indischer Süssigkeiten und verabschieden uns. Falls jemand die Verschiffung von Kolkata aus wagen möchte, können wir diese Agentur „Nilja Shipping“ empfehlen, obwohl auch hier einige Fehler passiert sind. Doch soll es bei anderen Agenturen weit schlimmer sein, wie wir von anderen Reisenden wissen. Leider kann ich dieses Ereignis nicht mit einem Bier feiern, Alkohol gibt es in Kolkata nur in den sehr teuren Restaurants und Bars.

14. 07. Samstag: Genau vor 14 Tagen sind wir in Kolkata angekommen. Heute Abend fliegen wir weiter nach Malaysia. Hoffentlich wird es dort etwas einfacher, das Auto aus dem Hafen zu bringen. Wir werden sehen und berichten. Weil das Schiff zuerst den Hafen von Singapur anläuft dauert die Fahrt nach Malaysia 9 Tage.


Ein Nachruf

Das Abenteuer Indien liegt (fast) hinter uns. Wir haben viel gesehen und erlebt, wir haben in der Hitze Rajastans und der Kälte der hochgelegenen Gebiete Ladakhs gelitten. Wir haben viele Menschen verschiedener Religionen getroffen  und die Probleme Indiens (ein bisschen) näher kennengelernt. Vor allem die Bevölkerungszunahme betrachten wir als die  grösste Herausforderung der Zukunft für das Land. Am meisten hat uns der chaotische und gefährliche Verkehr auf der Strassen zu schaffen gemacht. Wir sind sehr froh, dass wir so viel Glück hatten und ihn ohne Unfälle gemeistert haben. Denn eine Versicherung hat hier niemand – wir auch nicht. Der einzige Schaden war der kaputte Spiegel, aber das war meine eigene Schuld.

Es gibt ein Sprichwort: Indien kann man lieben oder hassen. Wir haben beide Pole kennengelernt. Es war eine aufregende, anstrengende und nachhaltige Erfahrung – aber sie noch einmal machen möchten wir eigentlich in diesem Leben nicht mehr. 

Dienstag, 10. Juli 2012

Tagebuch einer Verschiffung I


Um von Indien nach Südostasien zu gelangen gibt es zurzeit auf dem Landweg keine Möglichkeit. Uns bleibt als letzte Variante, von Kolkata aus nach Malaysia zu verschiffen. Und Verschiffen heisst, das Auto  in einen Container zu verladen und wir selber müssen fliegen. Um das unglaublich undurchschaubare Vorgehen etwas anschaulicher zu machen werde ich es in Form eines Tagebuches schildern.

30.06. Samstag: Wir erreichen Kolkata am frühen Nachmittag. Chaotischer Verkehr, aber es sind die letzten Kilometer in Indien, tröste ich mich. Die Suche nach einem Hotel beginnt. Das Guest House, das uns Jan empfohlen hat, verfügt nur über einen kleinen Parkplatz, sie erlauben uns nicht dort unser Auto abzustellen. Also weitersuchen, denn wir wollen den Brummi nicht auf der Strasse parkieren. Nach der erfolgreichen Suche gehen wir spät essen und dann ist relaxen angesagt. Das Hotel heisst „Dee Empresa“, ist nicht gerade billig, aber sehr sauber und hat Wi-Fi, das werden wir in den nächsten Tagen unbedingt brauchen
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01.07. Sonntag: Heute ist alles geschlossen, wir verbringen die Zeit mit Stadtbesichtigung. Sehenswert ist nicht viel in dieser Stadt und die Entfernungen sind gross. Am meisten gefällt uns das Victoria Memorial, ein Gebäude aus weissem Marmor, noch aus der Kolonialzeit.

02.07. Montag: Es geht los. Wir haben einige Adressen, die klappern wir ab und lernen eine Menge dabei. Es gibt 20 und 40 Fuss (Länge) Container, dann noch HQ, open top and flat rack Container. Bald stellt sich heraus, dass wir wegen der Höhe unseres Autos einen HQ Container brauchen, Und diesen gibt es in Indien nur als 40 Fuss Container. Heisst, die Angelegenheit wird recht teuer. Übrigens macht uns keiner der Agenten einen Kostenvoranschlag. Angeblich setzt sich der Preis aus vielen Komponenten zusammen, die zuerst abgeklärt werden müssen.
Heute hat es angefangen zu regnen. Auch die Temperatur ist um einiges tiefer. Wir haben den Monsun, der übrigens schon zwei Wochen Verspätung hat, nach Kolkata gebracht.

03.07. Dienstag: Noch einmal kontaktieren wir die gestern angesprochenen Agenturen. Wir werden auf Nachmittag vertröstet, dann auf Morgen. Inzwischen passiert etwas Unerwartetes. Ich will meinen Augen nicht trauen als ich in der Nähe von unserem Hotel einen VW Bus mit französischen Kennzeichen auf der Strasse sehe. Wir lassen dort einen Zettel, bis am Abend meldet sich niemand.

04.07. Mittwoch: Der Franzose meldet sich. Er will sein Auto auch verschiffen und ist bereits in Verhandlungen mit einer Agentur. Da wir ja den 40 Fuss Container brauchen in welchen zwei Autos Platz haben, beschliessen wir zusammen zu spannen. Die Agentur macht uns einen interessanten Preis. Wir werden noch in andere Büros gefahren, viele Formulare werden ausgefüllt und unterschrieben. Es scheint wir haben Glück. Der einzige Wermutstropfen ist, dass das Schiff erst am 13. Juli ablegt.

05.07. Donnerstag: Der erste grosse Dämpfer. Die Agentur teilt uns mit, dass es aus administrativen (rechtlichen?) Gründen nicht möglich ist zwei Autos von verschiedenen Besitzern in einen Container zu laden. Indische Gesetze und Vorschriften folgen einer anderen Logik. Der Traum vom günstigen Preis schwindet dahin, wir müssen den 40 Fuss alleine berappen. Es sind USD 1700, alle Gebühren auf der indischen Seite sollen in diesem Preis enthalten sein. Auch buchen wir den Flug nach Kuala Lumpur für den 14.07., denn eine Flugbestätigung will die Schiffsagentur auch noch von uns.

06.07. Freitag: Der zweite Dämpfer. Das, was wir von anderen Overländern immer wieder gehört haben, nämlich, dass die Zöllner in Kolkata sehr korrupt sind, bewahrheitet sich. Ob das die Agentur gewusst oder erst jetzt erfahren hat, bleibt fraglich. Mit dem Schmiergeld sind die Zöllner gar nicht kleinlich. Gut USD 450 verlangen sie für ihre Diente – eigentlich nur einen Stempel im „Carnet de Passage“, ein Dienst, der bei der Ausreise an einer Landesgrenze noch nie etwas gekostet hat. Das sind in Indien mehr als zwei Monatslöhne eines Facharbeiters. Wir ärgern uns grün und blau. Das Schlimmste daran – wir können dagegen nichts machen, denn der Seeweg ist die einzige Möglichkeit unser Auto aus dem Land zu bringen. Als Alternative käme nur die Ausreise nach Pakistan in Frage und das ist uns zu gefährlich. Das alles wissen die Zöllner natürlich und so können sie ihre Forderungen in die Höhe schrauben.

07.07. Samstag: Heute sind wir genau eine Woche hier. Zuerst scheint nicht viel zu passieren, dann bekommen wir die Nachricht, dass heute das Auto verladen wird. Mit den Leuten von der Agentur fahren wir etwa eine halbe Stunde zum Hafen. Der Container steht bereit. Wir haben grosse Bedenken, ob wir hineinfahren können, denn die Agentur hat mit der Gesamthöhe des Containers gerechnet, aber nicht bedacht, dass der Rahmen für das Einfahrtstor einiges niedriger ist. Ich montiere die Dachluke ab um ein paar Zentimeter zu gewinnen, dann machen wir den ersten, vorsichtigen Versuch. Weitere Massnahmen wären die Luft aus den Reifen rauszulassen. Doch es klappt, der Brummi steht in dem grossen Container ziemlich verloren. Wir lernen als weiteres Wort „lashing“ kennen. Drei Arbeiter mit einem Aufseher kommen um das Auto im Container mit dicken Stahlseilen festzuschnüren. Denn ein Container kann auf dem Schiff selber oder beim Verladen an den Kranseilen bedenklich schwanken. Ich will mir nicht auszumalen wie es ausgehen würde, wenn dabei das Auto anfangen würde im Container hin und her zu rollen. Die Arbeit zieht sich bis in die späten Abendstunden. Nur das vorgesehene Benzinabpumpen wurde „vergessen“, wir reklamieren nicht, denn wir haben den Tank fast halb voll. Der letzte Blick und ein Foto, dann wird die schwere Containertüre geschlossen und versiegelt. Ob wir den treuen Brummi je wiedersehen? Am Montag soll der Container in den Hafen zur Zollinspektion gefahren und dann am 12. Juli auf das Schiff verladen werden. Wenn es alles klappt… Der Weg zurück in die Stadt gestaltet sich sehr schwierig, denn in der Hafennähe ist zu dieser Stunde kein Taxi aufzutreiben.


08.07. Sonntag: Da heute nicht gearbeitet wird hoffen wir auf einen ruhigen Tag. Wir machen Tempelbesichtigungen und eine Bootsfahrt auf dem Ganges.

09.07. Montag: Zuerst fahren wir zum thailändischen Konsulat für das Visa, denn an der Grenze gibt es nur eine Bewilligung für 15 Tage. Beim Mittagessen lernen wir eine Gruppe junger Mädchen aus Spanien kennen. Sie sind für einen Monat hier um Freiwilligenarbeit im „Mutter Theresa Haus“ zu machen. Nachmittag wieder Besuch bei der Agentur. Wir bekommen die Rechnung und gleichzeitig sollen wir eine Unbedenklichkeitsbestätigung des Automobilclubs von Indien vorlegen. Dieser Klub hat wirklich mit uns nicht zu tun, so lehnen wir ab.

10.07. Dienstag: Wir holen die Pässe beim thailändischen Konsulat ab. Wenigstens etwas hat geklappt. Allerdings bringt der Taxifahrer es fertig 146 Rupien auf den Taxameter zu fahren, wo es normalweise um die 90 Rupien kostet. Bei der Rückfahrt machen wir einen Fixpreis von 100 Rupien ab. Beim Hotel sind auf dem Taxameter allerdings nur 55 Rupien. Kaum im Hotel kommt den Anruf von der Agentur, wir sollen die Pässe bringen, der Zoll will die Originale mit den Kopien vergleichen. Es scheint, die Beamten nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Kaum haben wir das erledigt und sind wieder im Hotel, folgt der nächsten Anruf von der Agentur. Wir müssen dringend in den Hafen fahren, denn die Leute können die Chassis- und Motornummer nicht finden. Also ab mit dem Taxi zum Hafen. Ein grosses Problem stellt sich uns in den Weg. Es ist in Indien Ausländern nicht erlaubt einen Hafen zu betreten. Also muss eine Spezialbewilligung her. Das braucht seine Zeit und längere Diskussionen, immer höhere Chefs werden geholt. Dann dürfen wir das Gelände betreten. Interessanterweise braucht Romy aber keine Bewilligung, sie kann einfach mitkommen. Der Container wird geöffnet und ich sehe den Brummi wieder – so schnell habe ich es wirklich nicht erwartet. Nach dem Vergleichen der beiden Nummern dürfen wir wieder gehen. Noch ist das Auto nicht durch den Zoll und bis es auf dem Schiff ist kann noch viel passieren. Die Fortsetzung dieser Story folgt sicher am nächsten Tag. Mehr davon im Teil II.

Dienstag, 3. Juli 2012

Die Flucht nach vorn

Seit Manali geht es mit uns nur noch bergab. Das ist wörtlich gemeint, denn nach vielen, vielen Kurven gibt der GPS nur noch um die 200 Höhenmeter an. Entsprechend steigt die Temperatur und bald haben wir im Auto schon wieder über 40 Grad. Die Umstellung ist brutal, die Schlafsäcke werden im hintersten Winkel des Stauraumes versorgt. Unser erstes Ziel im Tiefland ist Chandigarh. Diese Stadt stellt in Indien etwas Besonderes dar, denn sie wurde erst 1952 gegründet. Nach der Trennung von Indien und Pakistan hat der Bundesstaat Punjab seine alte Hauptstadt Lahore an Pakistan verloren. Die neue Regierung wollte ein Zeichen für die Zukunft setzen und beauftragte den Architekten Le Corbusier mit der Planung. Herausgekommen ist eine moderne Stadt, nach Schachbrettmuster angelegt, mit breiten Strassen - in einer Zeit, wo man in Indien nur wenige Fahrzeuge hatte. Die Blöcke, Sektoren genannt, haben Nummern. Wenn man diese nicht weiss, ist man trotz schnurgeraden Strassen verloren, genau wie in den verwinkelten alten Städten Indiens. Die Stadt macht den Eindruck einer europäischen Stadt allerdings mit einer grossen Prise indischem Charme. Der Zahn der Zeit hat auch hier ganze Arbeit geleistet. Aber nicht nur das Aussehen wirkt europäisch sondern auch die Sitten. Zum Beispiel ist heute am Sonntag alles geschlossen, wie in einem kleinen Schweizer Dorf. Und wir brauchen dringend ein Internet Café. Das finden wir schliesslich auch im besten Hotel der Stadt für teureres Geld, ja wenigstens ist es so klimatisiert, dass wir wieder frieren, wie hoch oben in Ladakh. Auch kann Romy in der hoteleigenen Bäckerei das beste Brot, das wir je in Indien gegessen haben, kaufen.


Doch leider, die Nachrichten sind schlecht. Unsere Hoffnung durch Myanmar fahren zu können, müssen wir endgültig begraben. Und da die Chinesen die Einreisebestimmungen nach Tibet drastisch verschärft haben bleibt uns nur die letzte Möglichkeit – das Auto von Kolkata aus zu verschiffen. Kolkata ist aber fast 2000 km weit weg, also liegen einige harte Fahrtage vor uns, denn 300 km am Tag auf indischen Strassen zu fahren, ist schon rekordverdächtig.

 Zuerst wollen wir noch eine heilige Stadt besuchen – Haridwar. Dort verlässt der grösste und heiligste Fluss Indiens, der Ganges, die letzten Ausläufer des Himalayas. Hier beginnt er seine lange Reise quer durch Nordindien bis nach Kolkata. (Ja, genau dorthin müssen wir auch, vielleicht ist es ein gutes Omen hier zu starten) Sein Wasser spendet Abermillionen von Menschen die Lebensgrundlage. Darum ist diese Stelle, diese Stadt, besonders heilig. Tausende von Pilgern kommen jeden Tag, um in den noch recht kalten Fluten des Flusses zu baden. 

Hier wird symbolisch ein neues Leben geboren. Jeden Abend wird eine Zeremonie abgehalten – die Verehrung der lebenspendenden Göttin Ganga. Jeder Platz am Ufer und an den Brücken ist besetzt. Kleine Schiffchen mit einer Kerze und Blüten werden den Fluss hinuntergelassen, Priester schwingen Fackeln, Gesang und Glockentöne erfüllen die Luft. Wir verfolgen das Geschehen in der sehr dicht gedrängten Menschenmasse. Trotz der Erhabenheit wird uns bewusst – wenn hier eine Panik ausbrechen sollte dann gibt es kein Entrinnen…












Dann fahren wir los, langsam kämpfen wir uns vorwärts. Das Autofahren in Indien ist wirklich kein Vergnügen, von dem habe ich schon zu Genüge geschrieben. Nur noch ein kurzes Zitat dazu von einem hiesigen Chauffeur. Er sagte uns: „Um den Tag auf indischen Strassen heil zu überstehen braucht es drei Dinge: erstens eine starke Hupe, zweitens sehr gute Bremsen und drittens, viel, viel Glück. Wir glauben auch, dass uns alle Götter Indiens und Tibets beigestanden sind, damit wir den indischen Chaosverkehr überstehen konnten.

Ungefähr auf halber Strecke treffen wir in Varanasi den Ganges wieder. Hier waren wir ja schon zu Beginn unserer Reise in Indien und kennen ein gutes Hotel mit Schwimmbad (die Temperaturen betragen immer noch 44 Grad im Schatten!). Dort wollen wir in einem klimatisierten Zimmer einen Ruhetag einlegen. Es gibt dort auch eine Bar wo man Bier bekommt, in diesem Land keine Selbstverständlichkeit. Doch zu früh gefreut, in Indien kommt es meistens anders als man denkt. Das Hotel ist ausgebucht, am Parkplatz steht ein Festzelt, eine grosse Hochzeitfeier wird vorbereitet. Also fahren wir weiter. Noch zwei Tage müssen wir bis nach Kolkata durchhalten. Es geht nun etwas schneller, denn die Strasse ist vierspurig ausgebaut, eine indische „Autobahn“ sozusagen, allerdings des Öfteren mit Gegenverkehr auf der Überholspur und anderen Schikanen.

Dann sind wir endlich am Ziel. Der etwa 10 Kilometer lange Stau vor und in der Stadt kann uns nicht mehr abschrecken. Wir suchen ein Hotel mit Parkplatz, Letzteres scheint hier Mangelware zu sein. Kolkata ist wirklich keine schöne Stadt. Man sieht viel Armut auf den Strassen. Nicht umsonst hat Mutter Theresa ihre Wirkungsstätte hier gegründet. Nach zwei und halb Monaten hier sind wir schon etwas „indienerfahren“, aber für einen Neuankömmling muss es ein Schock sein. Doch wir haben keine andere Wahl, wir müssen in dieser Stadt so langeausharren, bis der Brummi auf ein Schiff verladen ist. Übermorgen, am Montag, beginnen wir mit den Verhandlungen. Wir haben nur Schlechtes von anderen Reisenden, die von hier aus verschifft haben, gehört und einen Haufen Warnungen bekommen. Wir sind gespannt, Fortsetzung folgt……………………..