Sonntag, 3. November 2013

Wieder im Outback

Wir fahren nun wieder gegen den Norden bis Port Augusta. Die Weingebiete um Barossa- und Clare Valley liegen hinter uns. Wir durchqueren jetzt Landstriche, wo nur eines angebaut wird: Getreide. Schier unendliche Felder bis zum Horizont, alles nur Getreide. Dazwischen stehen ein paar verbliebene Bäume. Wegen der wenigen Niederschläge wird vor allem Weizen mit einem sehr kurzen Halm angebaut. Die Felder sind jetzt gold-gelb und die Ernte hat gerade angefangen, riesige Mähdrescher ziehen ihre Kreise. In jedem Dorf stehen, von weitem sichtbar und den mittelalterlichen Burgen nicht unähnlich, Silos, wohin die Ernte eingefahren wird. Dieses Bild setzt sich auch auf der Eyre Halbinsel fort. Wir sind aber nicht unterwegs, um über die Fortschritte bei der Ernte zu berichten. Unser Ziel sind die Nationalparks, die auch hier reichlich sind. Namentlich möchten wir die Lincoln und Coffin Bay Nationalpark erwähnen, beide an der Küste gelegen, an der Südspitze der Halbinsel. Unter den vielen Tieren dort haben wir auch einen uns unbekannten Meeresbewohner gesehen und wir sind uns seitdem nicht einig, um was für ein Tier es sich handelt.


Um zur richtigen Lösung zu kommen schreiben wir deshalb unter unseren Lesern einen kleinen Wettbewerb aus. Wer kann uns helfen - was für ein Tier ist auf dem nebenstehenden Bild? Unter den richtigen Antworten wird ein Gewinner ausgelöst, der Hauptpreis ist eine gute Flasche Wein, natürlich aus Australien. Auf eure Antworten sind wir gespannt.

Dann geht es in den Gawler Ranges Nationalpark. Dieser Park muss unlängst errichtetet worden sein, es gibt hier fast keine Infrastruktur wie in anderen Parks. Vielleicht gerade deshalb fühlen wir uns hier wohl, denn hier ist alles noch ursprünglich. Es ist für uns gar nicht wie in einem Park sondern wie in der wilden Natur. Über einfache Pisten, die die Farmen miteinander und mit der übrigen Welt verbinden, nehmen wir die Abkürzung zum Stuart Highway. Hier ist es schon zu trocken um Getreide anzubauen, nur die Schafe fühlen sich in dieser Gegend wohl. Da das Futter aber nur spärlich wächst, sind für ihre Haltung grosse Flächen nötig. Die einzelnen Farmen haben oft Ausmasse einiger Schweizer Kantone. Endlich ist die Rüttelei auf den unbefestigten Strassen vorbei, wir haben wieder den perfekten Asphalt des Stuart Highway unter den Rädern - eine Wonne. Diese Strasse verbindet den Süden mit dem Norden, sie ist eine der wichtigsten Achsen Australiens. Doch wir verlassen sie bald wieder.

Das Land, das bis jetzt flach, fast ohne Bäume und sehr wüstenhaft war, verändert sich plötzlich. Immer mehr ist es mit Haufen von Erde übersät, die wie Minivulkane wirken. Es sieht aus als ob riesige Maulwürfe hier ununterbrochen gewühlt hätten. Und es sind wirklich Maulwürfe gewesen, allerdings in menschlicher Gestalt. 

Wir nähern uns Coober Pedy, der Opalstadt und die Erdhaufen sind der Abraum der zahlreichen kleinen Bergwerke. Unter dem Boden wird nach Opalen gesucht. Durch geschickte Gesetzgebung wurde es den grossen Gesellschaften praktisch verunmöglicht, hier Bergwerke zu betreiben. Denn man kann hier nur ein sogenanntes „Claim“ von 50 x 100 Meter registrieren lassen und höchstens drei Mineure können zusammen eine Mine betreiben. Und nicht nur das, Opale sind eine Glücksache. Die Geologen können zwar herausfinden, wo Opale vorkommen könnten. Ob sie dort aber auch zu finden sind, steht auf einem anderen Blatt. Dazu braucht es eine gute Nase und vor allem viel Glück. Man erzählt gerne Geschichten von Männern, die nur mit einem T-Shirt nach Coober Pedy kamen und Millionäre wurden. Es ist eines der letzten Abenteuer in unserer zivilisierten Welt. Schwer ist es abzuschätzen, was die Motive der Männer und einigen Frauen sind, die in diese Einöde ziehen. Aussicht auf Reichtum oder eine Sehnsucht nach einem Leben, wo man noch seines Glückes eigener Schmied ist? Wir können es nur vermuten. Die Bedingungen hier sind hart, jetzt sind die Temperaturen mit 40 Grad noch einigermassen erträglich, aber im Sommer erreicht die Quicksilbersäule nicht selten 50 Grad und mehr. Es gibt zwar Maschinen, aber die sind teuer, darum ist viel harte Handarbeit nötig. Im Moment macht die Stadt eher einen etwas traurigen Eindruck, Häuser stehen zum Verkauf, viele Geschäfte sind geschlossen. Für viele Mineure war die harte Arbeit mit einem ungewissen Ausgang doch zu anstrengend und sie liessen sich durch die grossen Bergbauunternehmen abwerben. In den Eisen- Kupfer- Uran- Gold- und anderen Bergwerken herrscht Mangel an Arbeitskräften. Die grossen Firmen bieten geregelte Arbeitszeit und guten, regelmässigen Lohn. Da haben natürlich viele zugesagt. Die, die geblieben sind, mühen sich weiter ab und hoffen auf das grosse Glück.

Typisch für Coober Pedy sind die „Blower“. Denn überall in der Welt haben die Mineure das gleiche Problem: wie bringt man den Abraum aus dem Bergwerk? Hier hat man es mit einem überdimensionierten „Staubsauger“, eben einem „Blower“ - genial gelöst. Auf einem ausrangierten Lastwagen wird ein starker Dieselmotor montiert, der einen riesigen Ventilator antreibt. Eine Röhre führt in das Bergwerk, dort wird durch den starken Sog das lose Material angesaugt und an die Oberfläche befördert. Dort, wo mit diesem Gerät gearbeitet wird,
steigt eine hohe Staubsäule zum Himmel

Typische sind hier auch die „Dugouts“. Aus Not und wegen den hohen Temperaturen haben einige Leute angefangen in den alten Bergwerkstollen zu wohnen. Dort herrscht das ganze Jahr ein angenehmes Klima. Heute werden die unterirdischen Wohnungen mit einer grossen Maschine aus dem Sandstein gefräst. Wir konnten einige besuchen. Alles, ausser Tageslicht, ist dort, wie in einem normalen Haus, vorhanden. Die Wohnungen sind modern eingerichtet, sogar ein unterirdisches Schwimmbecken haben wir gesehen. Aber nicht nur Wohnungen, sondern auch Kirchen, Geschäfte und Werkstätten gibt es hier unter der Erde.



Es gibt aber noch mehr zu sehen in Coober Pedy. Kaum 30 km hinter der Stadt breitet sich eine fantastische Landschaft aus, Breakaways genannt, die ihresgleichen sucht. Hügel und Hänge mit allen möglichen Farben von Rot über Gelb bis Braun. Auch Schneeweiss fehlt nicht. Hier wurden schon etliche bekannte Filme gedreht.


Ein Stück weiter stossen wir auf „Dingo Fence“, den Dingozaun. Es soll mit einer Länge von 5300 Kilometern der längste Zaun und gleichzeitig das längste menschliche Bauwerk der Welt sein – doppelt so lang wie die chinesische Mauer. Gebaut wurde er, um die Dingos am weiteren Vordringen nach Süden zu hindern. Während im Norden eher Rinder gehalten werden, die für die Dingos als Beute zu gross sind, sind es im Süden vorwiegend Schafe, die ein leichter Fang für die hungrigen Wildhunde wären. Es scheint, dass der Zaun seinen Zweck gut erfüllt, auf alle Fälle wird er gut unterhalten.

Freitag, 25. Oktober 2013

Das kleine Australien

Mit einer sündhaft teuren Fähre haben wir in knapp einer Stunde nach Kangaroo Island übergesetzt. Es fährt hier nur eine Gesellschaft und wo kein Konkurrent ist, sind die Preise bekanntlich meistens hoch. Kangaroo Island, südlich von Adelaide gelegen, ist für uns „Australien im Kleinformat“. Gleich erkläre ich warum. Das Eiland ist knapp 155 km lang und 55 km breit, aber das ist nicht der einzige Grund. Für uns ist die Insel ein verkleinerter Kontinent, weil fast alles vorhanden ist, was sich auf dem Festland finden lässt - ohne riesige Entfernungen zurücklegen zu müssen.

 Fangen wir mit den Landschaften an. Es gibt Eukalyptuswälder, grosse Grünflächen, wo Kühe und Schafe friedlich weiden, Getreidefelder, sogar einen Weinberg haben wir gesehen. Eine Wüste, genannt „Little Sahara“ mit fast schneeweissen Dünen hat es auch, Höhlen mit wunderbaren Tropfsteinen, sandige Strände, aber auch schroffe Klippen mit alten Leuchttürmen und bizarr geformten Felsen. Dann die Tierwelt: Känguruhs, Koalas, Emus, Platypus und Konsorten tummeln sich hier, aber unerwartet finden wir auch Pinguine, Pelzrobben und Seelöwen vor. 

Die weniger angenehmen Tiere wie das Krokodil, der Dingo aber auch Kaninchen fehlen hier ganz. Ein grosser Teil der Insel ist als Nationalpark ausgewiesen und somit geschützt. Damit es so bleibt, wurden strenge Bestimmungen erlassen. So müssen zum Beispiel die Haustiere der Inselbewohner – Hunde und Katzen – mit einem Chip versehen und „desex“ werden. Das Wort „desex“ finde ich übrigens eine sehr nette Bezeichnung und würde es zeitgemäss finden, wenn man es auch in der deutschen Sprache einführen würde, anstelle dieser barbarischen Ausdrücke wie kastrieren oder sterilisieren.


Das Leben auf der Insel verläuft ganz ruhig und ohne Stress. Die Einheimischen sind nett zu den Touristen, sie trinken ihr Bier in Pubs wie anderswo im Land. Die einzige Aufregung ist die Ankunft der Fähre. Uns hat die Insel sehr gefallen- auch wenn das Wetter nicht mitgespielt hat. Nach dem Fotografieren von Seelöwen am Strand braucht es längere Zeit bis Romys klammen Finger wieder warm werden. Dabei ist laut Reiseführer die beste Zeit für einen Inselbesuch von September bis November.








Nun ist aber wieder einmal Stadtleben angesagt, wir sind in Adelaide, der Hauptstadt des Bundesstaates Südaustralien. Zwar hat die Stadt nicht so herausragende Sehenswürdigkeiten wie zum Beispiel Sydney, dafür geht es aber geruhsam zu. Nur eine halbe Stunde zu Fuss brauchen wir von unserem Campingplatz bis ins Zentrum. Der Weg führt durch die Rosenabteilung des wunderschönen Botanischen Gartens, wo gibt denn es so was? Die Fussgängerzone haben viele Strassenkünstler und Sänger, oder die, die sich dafür halten, in Beschlag genommen. Nach der Anzahl der Bars, Restaurants und anderen Verpflegungsstätten urteilend, essen die Bewohner vorwiegend auswärts. Wir machen es ihnen gleich, auch unsere Campingküche bleibt zwei Tage lang geschlossen.


Etwa 60 Kilometer weiter ist die Welt wieder ganz anders. Wir sind im Barossa Valley. Diesen Namen kennt sicher jeder, der einmal einen guten australischen Wein gekostet hat. Das Tal ist das grösste Weinanbaugebiet Australiens, knapp über 20% der australischen Weine werden hier erzeugt, wovon die riesigen Tanks hinter den schmucken Weingütern zeugen. Kilometerlang ziehen sich die Reben durch die Landschaft, .die Reihen wie mit einem Lineal gezogen. Zum Unterschied von Europa werden hier die Reben nicht an den Hängen, sondern im Talboden gepflanzt. Mit dem Weinanbau haben 1842 religiös verfolgte deutsche Protestanten angefangen, die hierher als Siedler mit Rebzweigen im Gepäck ankamen. Davon zeugen heute noch die Kirchen und Friedhöfe mit deutschen Anschriften. Überall locken Weingüter mit bekannten und unbekannten Namen zur Gratisprobe und natürlich zum Kauf. Die Preise sind hoch, ein Schnäppchen zu finden ist ein Glücksfall. Ab 20 Dollar pro Flasche ist man dabei, doch für einen wirklich guten Tropfen muss man 50 oder noch mehr hinblättern. Die Listen mit den angebotenen Weinen sind lang, vom Shiraz bis zum Riesling. Vor allem Japaner und Chinesen probieren eine Sorte nach der anderen, Roten, Weissen und dann noch ein Portwein zum Abrunden, alles zusammen oder durcheinander. Ich komme mir vor wie auf dem Weinschiff in Zürich. Wir halten uns vornehm zurück, probieren zwei Sorten, denn schliesslich muss der Brummi zu unserem heutigen Schlafplatz bewegt werden. Dort angekommen, können wir in den letzten Sonnenstrahlen des Tages den gekauften Wein richtig geniessen.


Donnerstag, 17. Oktober 2013

Immer der Küste entlang

Von Canberra fahren wir direkt zur Küste. Nun werden wir längere Zeit am Meer entlang fahren, zuerst in südlicher, dann in westliche Richtung. Auch hier gibt es unterwegs eine grosse Zahl von National Parks. Sie bieten statt Schluchten und Wasserfälle nun vor allem Strände: lange, weisse und gelbe, wunderschöne Sandstrände, wo kaum ein Mensch anzutreffen ist.


 Das Meer blockiert durch Dünen und Sandbarrieren die Mündungen zahlreicher Flüsse. Das Wasser kann nicht abfliessen und dadurch sind im Hinterland malerische Seen entstanden, wahre Paradiese für Fischer und Vogelbeobachter. Wie schade, dass wir kein Boot dabei haben. Das Fischen wäre auch ohne ein Boot vom Ufer aus gut möglich, leider kann niemand von uns einen Fisch töten und ausnehmen. Da nehmen wir schon lieber einen aus dem Supermarket. 

Die zahlreichen Pelikane haben es in dieser Hinsicht besser, sie verschlingen einen Fisch samt Kopf und Schuppen.

Eines Morgens weckt uns ein ungewöhnliches Geräusch aus dem Schlaf, als ob jemand ganz fein ans Auto klopfen würde. Aus dem Fenster ist nichts zu sehen, ausser einer Herde Kühe, die unweit hinter einem Zaun friedlich grasen. Auch ein Rundgang ums Auto bringt keine Klärung. Ausserdem hört man jetzt gar nichts mehr. Gut, es musste von den Kühen kommen, sonst ist weit und breit niemand. Kaum sitzen wir wieder im Auto und frühstücken, ist das Geräusch wieder da. Ich wiederhole meinen Rundgang, das Klopfen verschwindet - ohne dass ich die Ursache dafür finden kann. Doch es geht weiter, zurück im Auto ist das Geräusch wieder da. So geht es eine Weile bis Romy die Ursache entdeckt. Ein Vogel läuft am Auto vorbei und sieht in der verchromten Radkappe sein Ebenbild.

Noch nie etwas von der Funktion eines Spiegels gehört, betrachtet er es als seinen Feind und greift ihn an. Sein Spiegelbild tut natürlich das Gleiche und das führt zu einem erbitterten Kampf, fast bis zur Erschöpfung. Unaufhörlich pickt der arme Vogel gegen das Blech der Radkappe, was das Geräusch zur Folge hat, das uns geweckt hat. Als wir wegfahren ist der Vogel wahrscheinlich mächtig stolz, den Gegner verjagt zu haben.

Einen National Park müssen wir besonders erwähnen. Es ist Wilson Promontory Nationalpark auf einer Halbinsel im Südosten von Melbourne. Dort wollen wir Bekanntschaft mit einem neuen Bewohner Australiens, dem Wombat machen. Zu diesem Zweck wandern wir fast drei Stunden auf einem Wanderweg, wo es garantiert diese Tiere geben soll. So hat es die nette Dame im Visitors Centre behauptet. Möglicherweise haben wir etwas falsch gemacht, denn wir haben unterwegs keine Tiere gesehen. Was sehen wir aber bei unserer Rückkehr auf einer Wiese in der Nähe des Campingplatzes? Einen Wombat friedlich grasen. Wie es so heisst, das Gute liegt manchmal ganz nah.


Von Melbourne aus wollen (müssen) wir später den Brummi verschiffen (brrr…), darum sparen wir uns die Stadt für das Ende unserer Reise auf. Um sie im Süden zu umgehen, nehmen wir eine Fähre. Wenn das Verschiffen doch auch so einfach wäre, denke ich mir – einen Ticket kaufen, selber an Bord fahren, die Überfahrt geniessen, alles ohne Probleme, ohne Stress. Der Höhepunkt unserer Strecke entlang der Küste bildet die „Great Ocean Road“, die sich dicht am Ufer windet und spektakuläre Ausblicke aufs Meer bietet. Wobei der Fahrer etwas weniger davon geniessen kann, denn die Strasse hat unzählige Kurven und da ist es von Vorteil, wenn die Augen auf die Strasse gerichtet bleiben. Am bekanntesten ist der Abschnitt mit den „Zwölf Aposteln“. So nennt man die Felstürme, die unweit des Ufers im Meer stehen. Wie viele es wirklich sind ist unklar, denn sie sind einem stetigen Wandel unterworfen. Die Brandung ist hier sehr stark. Mit ungeheuerlicher Kraft stossen die Wellen gegen die Uferfelsen und unterspülen sie - so lange, bis diese einstürzen. Dort, wo der Fels etwas widerstandsfähiger ist, bleibt er länger als Turm in der Brandung stehen. Aber auch nicht für die Ewigkeit, denn die Kraft und Ausdauer der Wellen ist stärker, es braucht nur etwas mehr Zeit bis auch er in Sand zermahlen wird und ganz verschwindet.



Weiter entlang der Küste fahrend verlassen wir Victoria und betreten einen neuen Gliedstaat Australiens, Südaustralien. Auch hier gibt es an der Grenze eine Quarantäne, kein Obst oder Gemüse darf die Grenze passieren. Damit haben wir gerechnet und unsere Vorratskiste rechtzeitig geleert. Nichts muss in die an der Grenze bereitstehende Tonne wandern. Auch die Zeit verschiebt sich mit dem Grenzübertritt um eine halbe Stunde. In der ersten grösseren Stadt füllen wir die Vorräte wieder auf. Die Fahrt geht weiter entlang der Küste, unser nächstes Ziel heisst Kangaroo Island.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Land- und Stadtleben

Die Abfahrt von unserem paradiesischen Haus haben wir so festgelegt, dass wir rechtzeitig im Murrurundi eintreffen. Aber davon später. Auf dem Weg dorthin besuchen wir – ja, der Kandidat hat 100 Punkte – einige Nationalparks. Am besten gefällt uns der Cathedral Rock National Park mit seinen gewaltigen Felsenformationen. Dort haben wir die Länge des Wanderweges krass unterschätzt und sind erst nach dem Einbruch der Dunkelheit in dem kleinen Camping zurückgekehrt. Eine Taschenlampe mitzunehmen wäre keine schlechte Idee gewesen!

Die glückliche Rückkehr wollen wir mit einem Feuer feiern, aber daraus wird nichts, obwohl sich Romy soviel Mühe mit Holzsammeln gegeben hat. Unser freundlicher Campingnachbar macht uns darauf aufmerksam, dass infolge des ausbleibenden Regens im ganzen New South Wales ein totales Feuerverbot herrscht. So wird sich ein anderer Camper irgendwann über das mühsam gesammelte Holz freuen. Wir bewegen uns hier in einer Höhe von durchschnittlich 700 Meter. Von den Bergkanten bieten sich nicht nur faszinierende Ausblicke hinunter bis zum Meer, sondern es stürzen sich auch unzählige Wasserfälle in tiefe Schluchten.


Murrurundi ist ein kleines Städtchen, irgendwo auf dem Lande wie viele andere auch. Das Leben geht hier das ganze Jahr über seinen gewohnten Gang. Doch an diesem Wochenende ist etwas los, ein Rodeo ist angesagt. Darum sind wir auch hier - Romy wollte schon lange ein Rodeo in Australien erleben, aber bis heute ergab es sich nie, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Entweder war es gerade schon vorbei oder wir hätten ein paar Wochen warten müssen. Nun hat es geklappt und wir verfolgen die Vorbereitungen. Von Weit und Fern kommen die Farmer und Pferdezüchter mit ihren Wohnwagen angereist. Diese sind besonders gross weil in einer Hälfte die Menschen, in der anderen die Pferde wohnen. Wir merken schnell, dass ein Rodeo hier mehr als nur ein Wettbewerb oder eine Show ist. Es ist ein gesellschaftliches Ereignis, man trifft sich, Neuigkeiten und Erfahrungen werden ausgetauscht, Beziehungen geknüpft und vielleicht sogar auch Ehen angebahnt. Und natürlich ist man stolz auf seine Pferde und die Reitkünste. In Australien ist es üblich am Anfang jeder Veranstaltung die Nationalhymne zu spielen. Alle Zuschauer stehen stramm, Reiter mit Fahnen der Gliedstaaten Australiens umkreisen die Arena. Und dann geht es los, viele Disziplinen sind im Programm. 

Ein Kalb mit einem Lasso zu fangen ist vielleicht das einfachste. Schwieriger ist es, dies in Teamarbeit zu machen – ein Mann muss dem Kalb das Lasso um den Hals oder die Hörner, der andere um die Hinterbeine werfen. Beim Rennen um aufgestellte Fässer quer durch die Arena beteiligen sich auch Reiterinnen und sie stehen ihren männlichen Kollegen an Schnelligkeit und Geschicklichkeit in nichts nach. Dagegen bleibt das Reiten auf nicht berittenen Pferden eine reine Männersache, denn es ist nicht ungefährlich. Der Höhepunkt eines Rodeos ist und bleibt aber das Reiten auf Bullen. Auf dem Rücken der kräftigen Tiere wenigstens ein paar Sekunden zu sitzen und nicht mit seinen Hufen oder noch schlimmer seinen Hörnern Bekanntschaft zu machen, verlangt eine grosse Portion Mut und viel Geschick. Oft früher als gewünscht macht der Reiter Bekanntschaft mit dem Sand der Arena. Der Sieger schafft es gerade 12 Sekunden oben zu bleiben. Die Bullen versuchen mit gewaltigen Sprüngen den Reiter los zu werden. Für die Zuschauer ist es ein Riesenspektakel.

Im ganzen Gelände herrscht ein totales Alkoholverbot. Nur in einer kleinen umzäunten Area, wohin man nur durch einen von Securitas bewachten Eingang gelangt, kann man sein Bier oder ein Glas Wein kaufen und trinken - sonst nirgends! So drängen sich vorwiegend Männer mit einer Bierdose in der Hand hinter den Zaun - so wie sich die Rinder etwa hundert Meter weiter in einem anderen Gehege drängen. Die Ähnlichkeit ist natürlich rein zufällig.

Nun liegt uns ein grosses Brocken im Weg, Sydney mit seinen fast 5 Millionen Einwohnern. Und da sehr viele von ihnen in einem Einfamilienhaus wohnen wollen, ist die Stadt unvorstellbar grossgewachsen, genauso wie der Verkehr, der auf den Strassen herrscht. Wir wissen, dass für das Parken im Zentrum astronomische Summen verlangt werden und darum wählen wir diesmal ein anderes Vorgehen. Etwa 17 km vom Zentrum entfernt liegt der Lane Cove River Tourist Park und den steuern wir an. Er ist sehr ruhig gelegen und hat einen nicht zu überbietenden Vorteil: Zehn Minuten zu Fuss dauert es zur Bahnstation und in weiteren zwanzig Minuten sind wir direkt im Zentrum. Alles perfekt, ein einziger Wermuttropfen bleibt der Preis. Sydney, am Meer gelegen, mit der Hafenbrücke und dem Opernhaus gewinnt bei uns den Preis der schönsten Stadt der Welt.

 Hier hat die Besiedlung von Australien durch die Engländer vor etwas mehr als 200 Jahren mit der Gründung einer Sträflingskolonie angefangen. Unglaublich was daraus geworden ist. Wolkenkratzer ragen zum Himmel. Die alten schmuddeligen Lagerhäuser am Hafen hat man zu schicken Begegnungs- und Einkaufszentren ausgebaut. Wir fahren mit der Hafenfähre, um uns die Stadt vom Wasser aus anzuschauen und mit dem Schnelllift auf den Sydney Tower, um sie aus der Luft zu bewundern. In den Strassen herrscht Hektik, entspannen kann man sich in den zahlreichen Parks. Am Abend des ersten Tages, zur „blauen“ Stunde, fotografiert Romy die Stadt vom gegenüber liegenden Ufer. Die Lichter gehen langsam an, die Brücke und das Opernhaus strahlen im Scheinwerferlicht. Ein Anblick, der unbezahlbar ist…



 Für australische Verhältnisse ein Katzensprung von Sydney entfernt liegt Canberra, die Hauptstadt Australiens. Der Gründung geht keine ruhmreiche Geschichte voraus, sondern ein Streit zwischen Sydney und Melbourne um den Standort der neuen Hauptstadt. Der Streit wurde mit der Gründung in einem unbewohnten Gebiet gelöst, etwa auf halben Weg zwischen Sydney und Melbourne. Die Stadt wurde am Reissbrett als eine reine Beamtenstadt entworfen. Hier wird nichts produziert, hier wird „nur“ verwaltet. Zur Besichtigung steht den Steuerzahlern und Touristen das neue Parlament offen.


Viele Australier betrachten als grösste Sehenswürdigkeit in Canberra aber das Kriegsdenkmal, das eigentlich ein Museum ist. Alle Schlachten und Kriege, bei welchen australische Soldaten beteiligt waren, sind hier anschaulich dokumentiert. Und es sind viel mehr, als wir Europäer denken würden - von den Burenkriegen in Südafrika bis zu Afghanistan.




Uns dagegen hat das Botschaftsviertel am besten gefallen. Australien hat die ausländischen Regierungen gebeten, die Botschaftsgebäude im Stil der jeweiligen Länder zu bauen. Einige sind dieser Bitte nachgekommen und so sind sehr interessante Bauten entstanden, wie zum Beispiel die Botschaften von Thailand, China, Papua und Indonesien, um einige Beispiele zu nennen. Nicht so die Schweiz, ich denke, da hat man sich beim Bau eher von der Architektur eines Bürogebäudes in einem Zürcher Vorort inspirieren lassen. Einige Grundstücke im Botschaftsviertel sind, aus welchem Grund auch immer, nicht überbaut. Doch auch dort finden sich Botschafter. Es sind die Botschafter der Natur, graue und grosse Känguruhs, die vor den Fenstern der Diplomaten weiden. 

Donnerstag, 26. September 2013

Endlich Ferien

Auf dem Weg nach Brisbane besuchen wir mehrere Nationalparks – Great Sandy und Glass House Mountains um einige zu nennen. Australien ist in dieser Hinsicht ein vorbildliches Land, fast alle noch nicht bebauten oder bewirtschafteten Landflächen wurden unter Schutz gestellt und zu Nationalparks erklärt.

Aber dann liegt nach rund 7‘500 Km seit Perth wieder eine Grossstadt vor uns. Zwei grosse Hindernisse stehen uns bevor. Es gibt einige gebührenpflichtige Strassen und Brücken auf dem Weg. Das wäre an sich kein Problem, die Schwierigkeit liegt darin, dass man die Maut nicht bar zahlen kann, sondern nur elektronisch. Und dazu haben wir nicht das nötige Gerät. Das zweite Problem ist das Parken. Wegen der Höhe sind Parkhäuser für den Brummi ein Tabu und die Parkplätze am Strassenrand kann man nur höchstens zwei Stunde benutzen. Doch weil heute ein Samstag ist, an diesem Wochentag sind einige Parkplätze gratis, und wir es tunlichst vermeiden, mautpflichtige Strecken zu benutzen, lösen wir beide Probleme und können uns auf die Besichtigung der Innenstadt machen. Brisbane liegt an einem breiten Fluss. An einem Ufer ist die City, auf der anderen Seite gibt es viele Parkanlagen.


In der City finden wir ein paar alte Gebäude aus der Kolonialzeit, die als Kulturerbe sorgfältig gepflegt werden. Wir fahren mit einem altmodischen Aufzug, der, wie noch in alten Zeiten, durch einen „Lift Boy“ bedient wird und unter Denkmalschutz steht (nicht der Lift-Boy natürlich), auf die Aussichtsplattform am Glockenturm des Rathauses. Die Aussicht von hier oben ist grossartig. Wie überall stehen in der City viele Hochhäuser, am höchsten wird gerade noch gebaut. Es soll das zweihöchste Australiens werden. Das Leben spielt sich in einer grosszügigen Fussgängerzone. Überall sind Cafés geöffnet, selbsternannte Künstler und Musikanten unterhalten das zahlreiche Publikum. Wir besuchen noch den Botanischen Garten wo Romy die Gelegenheit erhält, eine Hochzeit unter den hundertjährigen Bäumen zu fotografieren. Als ein Ibis hinter der Braut erscheint, denke ich mir: „Was, der Storch ist auch schon da“.

Wir wechseln auf die andere Seite des Flusses und geniessen den sonnigen Nachmittag in den schönen Parkanlagen. Sie sind am ehemaligen Ausstellunggelände der Expo von 1988 entstanden. Eine nepalesische Pagode aus Holz aus dieser Zeit ist  übriggeblieben. Viele Bewohner der Stadt lassen es sich hier gut gehen. Alle Barbecue-Anlagen sind besetzt. Denn ein richtiger Australier (ein paar wenige Vegetarier ausgenommen) braucht seine tägliche Portion Fleisch. Da offene Grillfeuer nicht erlaubt sind, hat die Stadtverwaltung gasbetriebene Grills aufgestellt, deren Benützung sogar gratis ist. Der Duft der grillierten Steaks und Würste überlagert den feinen Duft der Eukalyptusbäume. Spät am Abend verlassen wir die Stadt, um den nächstliegenden Campingplatz zu erreichen.

Was besuchen wir an unserem weiteren Weg? Natürlich Nationalparks. Nun sind es der Lamington Nationalpark, noch in Queensland, und dann der Border Ranges Nationalpark, bereits in New South Wales. Die Parks liegen auf einer Höhe von etwa 750 Metern. Dort unternehmen wir ausgedehnte Wanderungen im dichten Regenwald, die uns zu Wasserfällen und Schluchten führen.




Da das Wort Regenwald vom Regen kommt, regnet es hier öfters. Zu unserem Pech erwischen wir so einen Tag – am Morgen gibt es sogar ein Gewitter mit Blitz, Donner und, wir wollen es nicht glauben als Murmel grosse Eisstücke auf das Autodach trommeln, ein Hagel, der zum Glück nur kurz dauert. Da heisst für uns lieber hinunterfahren in die Ebene, wo die Sonne scheint.




 Dort liegt auch eine kleine Stadt namens Nimbin. Sie ist im ganzen Land gut bekannt. Vor vielen Jahren haben sich hier - im Glauben an eine besonders günstige Ausstrahlung der hiesigen Landschaft - Hippies angesiedelt. Viele sind geblieben und natürlich inzwischen in die Jahre bekommen. Aber immer noch hat die Stadt das Aussehen einer Hippie-Kommune, denn die Einwohner haben gemerkt, dass sich mit diesem Image gut (Touristen) Geld verdienen lässt. Dass hier auch Hanf und Marihuana gehandelt werden, ist ein offenes Geheimnis.


Und nun zu unseren Feien, die wir im Beitragstitel angekündigt haben. Romy hat aus jungen Jahren eine Bekannte. Sie hat über 35 Jahre keinen Kontakt mehr mit ihr gehabt, wusste nur, dass sie mit ihrem Mann vor einigen Jahren nach Australien ausgewandert ist. Wir freuen uns als unser E-Mail beantwortet wird und wir eingeladen werden einfach vorbei zu kommen. Bleiben können wir so lange wir wollen, heisst es weiter. Es gibt ein Cottage auf dem Grundstück, in dem wir wohnen dürfen. Eine Wegbeschreibung folgt. Neugierig fahren wir hin. Ute begrüsst uns herzlich, als ob wir uns vor ein paar Monaten das letzte Mal gesehen hätten. Ihr Mann Rolf ist im Moment ausser Haus. Nachdem wir lange geredet haben, zeigt sie uns das Cottage, wo wir wohnen sollen. Wir haben es uns mit höchstens zwei Zimmern vorgestellt, sehr einfach. Die Überraschung ist gross, nun wohnen wir in einem Haus mit sechs Zimmern, natürlich mit Bad und Küche, einer grossen Veranda und sogar einem Fitnessraum. Auch eine richtige Waschmaschine steht uns zur Verfügung. Eine Richtige deshalb, weil die Waschmaschinen auf den Campingplätzen zum Leidwesen von Romy nur kalt waschen. Rund um das Haus liegt ein riesiger Garten, wo Ananas, Bananen, Orangen, Zitronen und andere Früchte und auch Gemüse wachsen. Die Eukalyptusbäume erfüllen die Luft mit einem betörenden Duft. Wir kommen uns vor wie im Paradies. Und wir werden wie ein wichtiger Staatsbesuch behandelt – uns werden die schönsten Plätze in der Gegend gezeigt, viele Leute vorgestellt, wir werden gut bekocht und erfahren viel über das Leben in Australien. Da bin ich mit Romy einig – so gutes Lammfleisch vom Grill, wie das von Rolf zubereitete, haben wir noch nie im Leben gegessen. Wir fühlen uns hier puddelwohl, eben wie in den Ferien. Und zum Abschied bekommen wir auch noch ein Geschenk und viele gute Sachen aus dem Garten. Wie haben wir das nur alles verdient? Das Leben meint es gut mit uns. Liebe Ute, lieber Rolf, noch einmal vielen herzlichen Dank für die schönen Tage mit euch.


Mittwoch, 18. September 2013

Inselhüpfen

Nun geht es auf dem Landweg nicht mehr weiter nach Osten, vor uns liegt der grosse Pazifische Ozean. Wir fahren nun der Küste entlang in Richtung Süden. Doch das „grosse Unbekannte“ hinter dem blauen Horizont macht uns neugierig. Wir wissen, dass dort das „Great Barrier Reef“ und viele Inseln liegen. Leider kann bekanntlich der Brummi nicht schwimmen und so müssen wir auf andere Verkehrsmittel ausweichen. (Ja, es wäre schön nach der Werbung des Zürcher Verkehrsverbundes – „Ich bin auch ein Schiff“). Um einen ersten Eindruck von dem "Unbekannten“ zu bekommen, buchen wir einen Tagesausflug zu Green Island. Es ist eine kleine Koralleninsel, etwas mehr als eine Schiffsstunde von Cairns entfernt. Man kann dort schnorcheln, tauchen, Glasbodenboot fahren, einen Helikopterflug unternehmen oder einfach nur baden. Es ist ein kleines Paradies, nur die grosse Zahl der japanischen Touristen ist uns etwas zu viel. Die farbenprächtigen Korallen und bunten Fische unter dem Glasbodenboot entschädigen uns für das Gedränge.


Zurück auf dem Festland geht es auf der Strasse weiter. Vorher ist aber noch ein Ölwechsel fällig. Lange suchen wir eine Garage. Nachdem wir fündig geworden sind, gelingt mir ein Meisterstück, das nicht so einfach nachzumachen ist und auf das ich mächtig stolz bin: Am Freitagnachmittag, kurz nach drei Uhr, gelingt es mir einen australischen Automechaniker zu überreden, das Öl jetzt doch noch zu wechseln. Aber wahrscheinlich war er nur neugierig, wie ein 26 Jahre alter Volkswagen aussieht – sonst hätten wir bis Dienstag warten müssen, denn am Montag läuft die Arbeit nur langsam an.

In Airlie Beach gehen wir unter die Seeleute. Für drei Tage haben wir auf einem Zweimaster Segelschiff angeheuert. Den Skipper, einen österreichischer Offizier ausser Dienst namens Dieter, finden wir am Anfang nicht sehr vertrauenserweckend, er erweist sich aber später auch in stürmischen Zeiten als zuverlässig. Und diese kommen dann prompt, sobald wir den schützenden Hafen verlassen haben. Denn wir haben uns für dieses Abenteuer keine gute Zeit ausgesucht, es weht ein starker Wind und die See ist entsprechend aufgewühlt. Unser Segeltörn führt uns zu den verschiedenen Inseln der Whitesunday Gruppe. Wenn es möglich ist, segelt Dieter im Schutze der Inseln, dort geniessen wir die Fahrt. Oft aber geht es über das offene Meer, und da ist es wie auf einer Achterbahn. Wir sind nicht alleine, noch etwa zwanzig andere Leidensgenossen sind an Bord. Ihre Gesichter werden mit der Zeit immer bleicher – unsere auch. Vorsichtshalber habe ich in der Kabine eine liegende Stellung bezogen. Einige Passagiere, unter ihnen auch Romy, müssen ungewollt die Fische füttern. Zum Glück dauern die Überfahrten nie lange, bald hat Dieter in einer ruhigen Bucht den Anker geworfen und wir können ausgiebig schnorcheln oder See Kajak fahren.

Dazu müssen wir einen Neoprenanzug anziehen, nicht wegen Kälte wie man denken könnte, sondern zum Schutz vor den Marine Stingers, wie die Quallen hier heissen. Wie ich immer sage – nichts ist vollkommen, da haben wir ein tropisches Meer, wunderbare Inseln und Strände aber man muss höllisch aufpassen, um nicht mit diesen Biesten in Kontakt zu kommen. Denn mit hiesigen Quallen ist nicht zu spassen, es sind sogar Todesfälle durch sie zu beklagen. Mögen die Inseln und die Strände auch noch so schön sein, die wahre Pracht liegt in der Unterwasserwelt. Nur einen kleinen Teil davon können wir mit Hilfe des Schnorchels erkunden. 


Hier liegen die schönsten und wunderbarsten Korallengärten, tausende prachtvolle Fische schillern in bunten Farben, Seesterne liegen wie vergessener Weihnachtsschmuck auf dem Meeresgrund. Zum Leidwesen von Romy lässt sich unter Wasser nur schwer fotografieren.

Dieter stehen zwei Matrosen zur Hand, besser gesagt ein Matrose und eine Matrosin (klingt in meinen Ohren komisch, vielleicht kann mir ein Leser sagen, ob diese weibliche Form von Matrose korrekt ist). Die Matrosin heisst Ina und sie ist die wahre Perle an Bord, sie hisst die Segel, fährt mit dem Zodiak, holt den Anker hoch, putzt WC und vieles mehr. Dieter braucht nur ein Wort zu sagen und schon ist sie zur Stelle. Man merkt, dass sie ihren Job gern macht. Das kann ich von dem jungen Matrosen nicht sagen. Er ist ja hauptsächlich für die Küche zuständig. Zwar würde er mehrere Leben brauchen, um das Niveau der Küche von „Sea Cloud“ zu erreichen, aber wir werden satt. Während des Tages darf man „zur eigenen Sicherheit“ keinen Alkohol trinken, was aber die vorwiegend sehr jungen Passagiere am Abend schnell nachholen. Manchmal wird es für uns ältere Semester etwas zu bunt. Glücklich, wieder den festen Boden unter den Füssen zu haben, erreichen wir am Abend des dritten Tages den Hafen.




Als nächstes haben wir uns die grösste Insel an der Ostküste Australiens vorgenommen, die Fraser Island. Diese erreicht man gemütlich in einer Stunde mit der Fähre - ohne seekrank zu werden. Die ganze Insel besteht aus Sand und ist mit dichtem Wald bewachsen. Die Natur ist so ursprünglich hier, dass man die Insel in die Liste der UNESCO Weltnaturerbe aufgenommen hat. Berühmt ist das Eiland auch für die Dingos, die wegen der Insellage viel reinrassiger geblieben sind als im übrigen Australien. Einige bekommenen wir zu Gesicht. Von der Zivilisation zeugen nur ein Resort an der Ostküste und einige Pisten quer durch die Insel. Diese haben es aber in sich. Da die ganze Insel aus Sand besteht, bestehen die Pisten auch nur aus Sand, einem schier bodenlosen Sand. Der Brummi hätte hier nicht einmal den Hauch einer Chance gehabt und wir wären heute noch mit Schaufeln beschäftigt. Nur hochbeinige Geländewagen können und dürfen hier fahren. Doch das wahre Betätigungsfeld der Querfeldfahrer sind nicht diese Pisten, sondern der flache Strand, der fast hundert Kilometer lang ist, wie sein Name verrät – „75 mile beach“. Die erlaubte Geschwindigkeit dort ist 80 km/h doch viele brettern mit Hundert Sachen und mehr. Hier ist der Sand hart und man muss nur aufpassen, dass einem die Flut den Weg nicht abschneidet. Da würde das Fahren auch für den Brummi problemlos möglich, nur das Salzwasser möchten wir ihm nicht zumuten. Und – es tut auch gut sich für einmal - in einem Geländebus fahren zu lassen. Wir haben eine mehrtägige Tour gebucht mit Übernachtung in einem schönen Resort. Da schlafen wir auch wieder einmal „ausser“ Haus in einem Zimmer. Die Küche lässt nicht zu wünschen übrig und die Bar ist sehr gut bestückt. Man gönnt sich ja sonst nichts…


Montag, 9. September 2013

Eine wundersame Verwandlung

Mt. Isa ist eine weitere Stadt, die dem Bergbau ihre Gründung verdankt. Hier werden in den Bergwerkwerken, teils in einer Tiefe von mehr als 1000 Metern, Kupfer, Blei, Zink, Silber und eine kleine Menge anderer Metalle abgebaut. Wir haben ja schon früher eine offene Tagesmine besichtigt und sind neugierig, wie es in einer Untertags-Mine aussieht.

Wie fast für alles gibt es in Australien eine Lösung - und sie heisst eine Tour buchen. Wir bekommen orange Overalls, Gummistiefel, einen Sicherheitsgurt und einen Helm mit einer starken Stirnlampe. So ausgerüstet sehen wir wie richtige Bergwerksarbeiter aus und dürfen den Aufzug betreten, der uns in die Tiefe bringen soll. Die Türe schliesst sich, der Aufzug setzt sich mit starkem Lärm in Bewegung, doch bereits nach 20 Metern stoppt er. Nein, es ist keine Störung, wir sind schon da. Und erst jetzt merken wir, dass es sich gar nicht um die echte Mine handelt, sondern um eine, die man für Touristen gebaut (oder sagt man besser herausgehauen?) hat. Nun wird die Katze aus dem Sack gelassen – da es vor ein paar Jahren in der echten Mine zu einem Unfall mit einer Besucherin gekommen ist, hat man die Touren dort verboten. Um den Touristen aber weiterhin etwas anbieten zu können wurde gleich neben dem Visitors Centre diese „Show Mine“ erstellt. Auf die Frage, was hier gefördert wird, sagt der Führer mit einem verschmitzten Lächeln: „Touristendollars“. Nun so ein Reinfall ist es trotzdem nicht, die verschiedenen Bergbaumaschinen werden in Betrieb genommen und wer will, kann mit einem Pressluftbohrer selber ein Loch in einen Fels bohren. Die Gänge sind nicht beleuchtet, wir müssen mit unseren Stirnlampen auskommen. Man ist sehr bemüht alles wie in der echten Mine aussehen zu lassen. Wir erfahren viel Interessantes, sogar eine Sprengung wird nachgestellt – mit riesigen Lautsprechern, die irgendwo in der Dunkelheit der Stollen versteckt sind. Das alles mindert leider unser Gefühl nicht, mit diesem Angebot hinters Licht geführt worden zu sein. Ja, vielleicht hätten wir uns vorher besser informieren sollen! (Den orangen Overall durften wir als Trost behalten – ich denke, er wird mir bei den Arbeiten am Brummi nützlich sein, die Farbe ist ja die gleiche). 

Langsam nähern wir uns der Ostküste. Eine Sehenswürdigkeit wollen wir uns nicht entgehen lassen, den Undara National Park. In geologischen Massstäben ist hier unlängst (so etwa vor 190 Millionen Jahren) ein Vulkan ausgebrochen.


 Die Lava hat mehrere Täler aufgefüllt. Mit der Zeit hatte sich die Oberfläche abgekühlt und eine harte Kruste gebildet, während darunter die Lava weiterfloss. Als die Eruption zu Ende war und der Vulkan keine neue Lava mehr freisetzte, ist die restliche Lava ausgeflossen und hat mehrere Kilometer lange Röhre hinterlassen. Im Laufe der Zeit sind an mehreren Stellen die Decken eingestürzt und haben den Zugang zu dieser geheimnisvollen Welt geöffnet. Es ist eine mühsame und nicht ungefährliche Kletterei über die riesigen Steinbrocken in die dunkle Tiefe zu steigen. So gefährlich, dass man die Höhlen „zur eigenen Sicherheit“ nur mit einem Führer betreten darf. Die Ausmasse dieser Röhren sind riesig, es könnten mehrere Eisenbahnzüge darin fahren. Der Geruch verrät uns, dass es hier auch Bewohner gibt. Zu Tausenden hängen sie an der Decke: Fledermäuse.

Unglaublich ist die Landschaftsverwandlung, die wir jetzt erleben. Wir haben das Küstengebirge erreicht. Dieses Gebirge hält die meisten Wolken, die vom Pazifik herauf ziehen, zurück. Sie lassen das Wasser hier niederregnen, anstatt es weiter in das Outback zu tragen, wo man es viel dringender brauchen würde. War das Land gerade noch staubtrocken und nur mit ein paar Büscheln von vertrocknetem Gras bewachsen, ist nun alles Grün, die Flüsse und Bäche führen wieder Wasser, Wasserfälle stürzen sich von den Felskanten. Es braucht eine Weile bis wir uns daran gewöhnen. Die satt-grüne Farbe tut unseren Augen gut. Neben der Strasse wachsen Zuckerrohr, Bananen, Mangos und vieles mehr. Auf den Wiesen weiden guternährte, schwarzweisse Milchkühe. Wie stark kann Wasser ein Land verändern, wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. 


Nur noch einige Kilometer sind zu fahren und wir haben den Strand erreicht. Tropisches, türkisblaues Meer, grüne Kokospalmen und schneeweisser Sand. Ein Ozean liegt vor uns, der Pazifik. Begeistert stürzen wir uns in die Wellen. Unsere West – Ost Überquerung des Kontinents ist gelungen, die Strapazen haben ihr (vorläufiges) Ende gefunden. Wir planschen im Wasser wie kleine Kinder. Irgendwo, hinter dem Horizont liegt das Great Barrier Reef, unser nächstes Ziel.