Sonntag, 3. November 2013

Wieder im Outback

Wir fahren nun wieder gegen den Norden bis Port Augusta. Die Weingebiete um Barossa- und Clare Valley liegen hinter uns. Wir durchqueren jetzt Landstriche, wo nur eines angebaut wird: Getreide. Schier unendliche Felder bis zum Horizont, alles nur Getreide. Dazwischen stehen ein paar verbliebene Bäume. Wegen der wenigen Niederschläge wird vor allem Weizen mit einem sehr kurzen Halm angebaut. Die Felder sind jetzt gold-gelb und die Ernte hat gerade angefangen, riesige Mähdrescher ziehen ihre Kreise. In jedem Dorf stehen, von weitem sichtbar und den mittelalterlichen Burgen nicht unähnlich, Silos, wohin die Ernte eingefahren wird. Dieses Bild setzt sich auch auf der Eyre Halbinsel fort. Wir sind aber nicht unterwegs, um über die Fortschritte bei der Ernte zu berichten. Unser Ziel sind die Nationalparks, die auch hier reichlich sind. Namentlich möchten wir die Lincoln und Coffin Bay Nationalpark erwähnen, beide an der Küste gelegen, an der Südspitze der Halbinsel. Unter den vielen Tieren dort haben wir auch einen uns unbekannten Meeresbewohner gesehen und wir sind uns seitdem nicht einig, um was für ein Tier es sich handelt.


Um zur richtigen Lösung zu kommen schreiben wir deshalb unter unseren Lesern einen kleinen Wettbewerb aus. Wer kann uns helfen - was für ein Tier ist auf dem nebenstehenden Bild? Unter den richtigen Antworten wird ein Gewinner ausgelöst, der Hauptpreis ist eine gute Flasche Wein, natürlich aus Australien. Auf eure Antworten sind wir gespannt.

Dann geht es in den Gawler Ranges Nationalpark. Dieser Park muss unlängst errichtetet worden sein, es gibt hier fast keine Infrastruktur wie in anderen Parks. Vielleicht gerade deshalb fühlen wir uns hier wohl, denn hier ist alles noch ursprünglich. Es ist für uns gar nicht wie in einem Park sondern wie in der wilden Natur. Über einfache Pisten, die die Farmen miteinander und mit der übrigen Welt verbinden, nehmen wir die Abkürzung zum Stuart Highway. Hier ist es schon zu trocken um Getreide anzubauen, nur die Schafe fühlen sich in dieser Gegend wohl. Da das Futter aber nur spärlich wächst, sind für ihre Haltung grosse Flächen nötig. Die einzelnen Farmen haben oft Ausmasse einiger Schweizer Kantone. Endlich ist die Rüttelei auf den unbefestigten Strassen vorbei, wir haben wieder den perfekten Asphalt des Stuart Highway unter den Rädern - eine Wonne. Diese Strasse verbindet den Süden mit dem Norden, sie ist eine der wichtigsten Achsen Australiens. Doch wir verlassen sie bald wieder.

Das Land, das bis jetzt flach, fast ohne Bäume und sehr wüstenhaft war, verändert sich plötzlich. Immer mehr ist es mit Haufen von Erde übersät, die wie Minivulkane wirken. Es sieht aus als ob riesige Maulwürfe hier ununterbrochen gewühlt hätten. Und es sind wirklich Maulwürfe gewesen, allerdings in menschlicher Gestalt. 

Wir nähern uns Coober Pedy, der Opalstadt und die Erdhaufen sind der Abraum der zahlreichen kleinen Bergwerke. Unter dem Boden wird nach Opalen gesucht. Durch geschickte Gesetzgebung wurde es den grossen Gesellschaften praktisch verunmöglicht, hier Bergwerke zu betreiben. Denn man kann hier nur ein sogenanntes „Claim“ von 50 x 100 Meter registrieren lassen und höchstens drei Mineure können zusammen eine Mine betreiben. Und nicht nur das, Opale sind eine Glücksache. Die Geologen können zwar herausfinden, wo Opale vorkommen könnten. Ob sie dort aber auch zu finden sind, steht auf einem anderen Blatt. Dazu braucht es eine gute Nase und vor allem viel Glück. Man erzählt gerne Geschichten von Männern, die nur mit einem T-Shirt nach Coober Pedy kamen und Millionäre wurden. Es ist eines der letzten Abenteuer in unserer zivilisierten Welt. Schwer ist es abzuschätzen, was die Motive der Männer und einigen Frauen sind, die in diese Einöde ziehen. Aussicht auf Reichtum oder eine Sehnsucht nach einem Leben, wo man noch seines Glückes eigener Schmied ist? Wir können es nur vermuten. Die Bedingungen hier sind hart, jetzt sind die Temperaturen mit 40 Grad noch einigermassen erträglich, aber im Sommer erreicht die Quicksilbersäule nicht selten 50 Grad und mehr. Es gibt zwar Maschinen, aber die sind teuer, darum ist viel harte Handarbeit nötig. Im Moment macht die Stadt eher einen etwas traurigen Eindruck, Häuser stehen zum Verkauf, viele Geschäfte sind geschlossen. Für viele Mineure war die harte Arbeit mit einem ungewissen Ausgang doch zu anstrengend und sie liessen sich durch die grossen Bergbauunternehmen abwerben. In den Eisen- Kupfer- Uran- Gold- und anderen Bergwerken herrscht Mangel an Arbeitskräften. Die grossen Firmen bieten geregelte Arbeitszeit und guten, regelmässigen Lohn. Da haben natürlich viele zugesagt. Die, die geblieben sind, mühen sich weiter ab und hoffen auf das grosse Glück.

Typisch für Coober Pedy sind die „Blower“. Denn überall in der Welt haben die Mineure das gleiche Problem: wie bringt man den Abraum aus dem Bergwerk? Hier hat man es mit einem überdimensionierten „Staubsauger“, eben einem „Blower“ - genial gelöst. Auf einem ausrangierten Lastwagen wird ein starker Dieselmotor montiert, der einen riesigen Ventilator antreibt. Eine Röhre führt in das Bergwerk, dort wird durch den starken Sog das lose Material angesaugt und an die Oberfläche befördert. Dort, wo mit diesem Gerät gearbeitet wird,
steigt eine hohe Staubsäule zum Himmel

Typische sind hier auch die „Dugouts“. Aus Not und wegen den hohen Temperaturen haben einige Leute angefangen in den alten Bergwerkstollen zu wohnen. Dort herrscht das ganze Jahr ein angenehmes Klima. Heute werden die unterirdischen Wohnungen mit einer grossen Maschine aus dem Sandstein gefräst. Wir konnten einige besuchen. Alles, ausser Tageslicht, ist dort, wie in einem normalen Haus, vorhanden. Die Wohnungen sind modern eingerichtet, sogar ein unterirdisches Schwimmbecken haben wir gesehen. Aber nicht nur Wohnungen, sondern auch Kirchen, Geschäfte und Werkstätten gibt es hier unter der Erde.



Es gibt aber noch mehr zu sehen in Coober Pedy. Kaum 30 km hinter der Stadt breitet sich eine fantastische Landschaft aus, Breakaways genannt, die ihresgleichen sucht. Hügel und Hänge mit allen möglichen Farben von Rot über Gelb bis Braun. Auch Schneeweiss fehlt nicht. Hier wurden schon etliche bekannte Filme gedreht.


Ein Stück weiter stossen wir auf „Dingo Fence“, den Dingozaun. Es soll mit einer Länge von 5300 Kilometern der längste Zaun und gleichzeitig das längste menschliche Bauwerk der Welt sein – doppelt so lang wie die chinesische Mauer. Gebaut wurde er, um die Dingos am weiteren Vordringen nach Süden zu hindern. Während im Norden eher Rinder gehalten werden, die für die Dingos als Beute zu gross sind, sind es im Süden vorwiegend Schafe, die ein leichter Fang für die hungrigen Wildhunde wären. Es scheint, dass der Zaun seinen Zweck gut erfüllt, auf alle Fälle wird er gut unterhalten.

Keine Kommentare: