Mittwoch, 30. Juli 2014

Schalthebel der Macht und rotes Holz

Unterwegs zur Pazifikküste besuchen wir noch zwei weitere Nationalparks, die nicht unterschiedlicher sein könnten, obwohl sie beide das Wort „Krater“ im Namen tragen. „The Craters oft the Moon“ ist eine Landschaft aus bizarren schwarzen Lavafeldern, als ob hier erst gestern ein Vulkan ausgebrochen wäre.


Der „The Crater Lake“ macht seinem Namen alle Ehre, es ist ein riesiger, erloschener Vulkankrater, der nun mit Wasser gefüllt ist. Die Tiefe von über 500 Meter verleiht dem See eine aussergewöhnliche blaue Farbe. Auf uns strahlt er eine gewaltige Ruhe und Erhabenheit aus.


 Nun möchte ich den etwas ungewöhnlichen Titel erklären. Sicher hat schon jedermann die Redewendung gehört: „An den Schalthebeln der Macht sitzen“. Meistens sind damit Diktatoren, undemokratische Regierungen oder sonst machtbesessene Politiker gemeint. Eigentlich ist es mir bis jetzt nie den Sinn gekommen, dass auch ich am Schalthebel der Macht sitze. Wirklich - jeden Tag beim Autofahren bestimme ich, in welchem Gang der Brummi fahren soll, also übe ich eine gewisse Macht aus. Warum ich über eine solche Selbstverständlichkeit schreibe? Es gibt Sachen, die man jeden Tag benutzt, ohne sie besonders zu beachten, wie zum Beispiel ein Schalthebel im Auto. So lange, bis es dann passiert. Eines Tages merke ich, dass sich die Schaltung etwas weich anfühlt, eine Kontrolle bringt aber nichts zu Tage. Bis dann, Romy fährt gerade, hält sie plötzlich den Hebel in der Hand, nicht so wie immer, sondern einfach frei schwebend, nicht mehr mit dem übrigen Auto verbunden. Unglaublich, aber wahr, der Schalthebel ist abgebrochen. Und das mitten in der Prärie, ca. 50 Kilometer vom nächsten Ort entfernt. Jetzt haben wir keine Macht mehr, wir können das Auto keinen Meter mehr bewegen. Und – ein Unglück kommt selten alleine – wir sind gerade irrtümlich in eine Piste eingebogen, an deren Rand ein Schild unmissverständlich verkündet: „Private Property“. Was nun, guter Rat ist teuer.

 Da der Hebel hohl ist, ist das erste was mir in den Sinn kommt, einen Bolzen rein zu stecken und alles mit Zweikomponentenkleber zu verkleben. Mehr Möglichkeiten habe ich ja sowieso nicht. Bis der Kleber ausgehärtet ist, suchen wir das Gespräch mit dem Besitzer des Grundstückes, damit wir hier über Nacht bleiben können, was uns nach längerem Erklären unserer misslichen Lage erlaubt wird. Leider wird aus dem erhofften Erfolg nichts, am nächsten Morgen ist nach ein paar Schaltvorgängen der Hebel wieder lose. Nur mit grösster Mühe  und möglichst wenig schalten schaffen wir es bis in den nächsten Ort. Die Chance, für ein so altes Auto hier ein Ersatzteil zu bekommen, ist gleich Null. Der Mechaniker wendet darum eine andere Methode an. Er nimmt zwar auch einen Bolzen, bohrt aber den Hebel an zwei Stellen durch und vernietet das Ganze. Leider auch ohne Erfolg, es wird noch schlimmer, der Hebel bricht an der Bohrstelle nochmals ab und schalten geht nur noch mit einer Zange, wobei sich der Rückgang gar nicht mehr einlegen lässt. Wir sind der Verzweiflung nah und da so etwas ja immer am Wochenende passiert, stellen wir uns auf einen längeren Aufenthalt ein. Dann entdecken wir, dass es gleich um die Ecke eine super ausgestattete Werkstatt mit einem (was noch mehr zählt) sehr hilfsbereiten Besitzer gibt. Er lässt alle seine Termine sausen und macht sich an die Arbeit. (Seine Grossmutter stammte aus dem Tessin, erzählt er uns stolz, vielleicht ist das der Grund für seine grosse Hilfsbereitschaft). Auf einer Drehbank dreht er ein Eisenstück, das genau in den Hebel passt und schweisst alles zusammen. Geld will er für die gut zwei Stunden Arbeit auf keinen Fall nehmen, Helfen sei Ehrensache, meint er. Das können wir so nicht akzeptieren. Im Laufe des Gespräches erfahren wir, dass unser „Retter“ Grosskinder hat. So stecken wir ihm eine entsprechende Summe zu, mit der Bitte, seinen Enkelkindern ein Geschenk von uns zu kaufen. Nun haben wir wieder einen funktionierenden Schalthebel und somit auch wieder die Macht, die Frage ist nur wie lange.


Wir erreichen die Küste im Gebiet der Redwoods. Redwoods sind hohe Nadelbäume, man behauptet, sie seien die höchsten der Welt. Der Name kommt von rötlich gefärbtem Holz der Bäume. Früher haben solche Wälder die ganze Küste Oregons und Nord Kalifornien bedeckt. Leider ist der grösste Teil längst den Holzfällern zum Opfer gefallen. Die noch erhaltenen Bäume versucht man heute in Schutzgebieten zu erhalten. Diese Restbestände sind eindrücklich genug, fast 30 Meilen fahren wir durch die „Avenue of Giants“, die Strasse der Giganten. Und gigantisch sind die Bäume allemal, einige über 100 Meter hoch mit einem Umfang von über 6 Metern. Die ältesten Exemplare sollen über 2000 Jahre alt sein. Wie die Säulen einer Kathedrale ragen sie hoch zum Himmel. An ein paar wenigen Orten kann man sogar mit dem Auto „durch die Bäume hindurch“ fahren - natürlich gegen einen entsprechenden Obolus. Clevere Leute sichern sich so ein gutes Einkommen. In diesen Wäldern gibt es auch noch eine grössere Population an Hirschen.






Auf diesem Weg möchte ich mich bei allen bedanken, die mir Glückwünsche zum Geburtstag geschickt haben. Es war nun schon das vierte Wiegenfest seit wir mit dem Projekt „Seidenstrasse“ unterwegs sind. Bei einem Glas Sekt habe ich zu Romy gesagt: „Den nächsten Geburtstag feiern wir bestimmt zu Hause in der Schweiz“. Und sie antwortete kurz:“ Na ja, wir werden sehen……….“. 

1 Kommentar:

Uwe hat gesagt…

Wow echt spektakuläre Tour die Ihr da durchzieht. Die Bilder sind atemberaubend.

Schön, dass ihr wieder an der Stange seit :) Euer Brummi muss ja auch schon einiges mitmachen. Da kann so ein Schalthebel auch schon mal abbrechen.

Viel Spaß weiterhin noch
Grüße
Uwe