Freitag, 8. August 2014

North to Alaska

Nun sind wir wieder auf der berühmten Strasse Nummer 101, die wir schon zwischen Los Angeles und San Francisco befahren haben. Sie führt oft dicht an der Westküste von Süden nach Norden. Hier in Oregon und später in Washington geht sie aber wirklich direkt an der Küste entlang und bietet wunderschöne Ausblicke auf das Meer und die schier unendlichen, menschenleeren Strände. 


Sie sind nicht leer, weil hier kein Mensch wohnen würde, nein, aber die Wassertemperatur lässt nur wirklich abgehärteten Schwimmer ins Wasser gehen. Dafür bieten sich andere Aktivitäten an, wie Wale beobachten, fischen und wandern oder in den Sanddünen mit einem ATV (einem Motorrad mit vier Rädern) herumbrausen. Alles sieht sehr friedlich aus, aber das kann sich schnell ändern. Überall stehen Schilder, die vor Tsunamigefahr warnen und die Fluchtwege markieren. In einem Hafen steht als Denkmal ein Stück eines Hafenpiers. Das Besondere daran – es brauchte 18 Monate bis hierher und kam über den Ozean von Japan, wo es bei dem letzten grossen Tsunami abgerissen wurde. 

Wir gehen an Bord eines kleinen Schiffes, angelockt mit der Garantie, dass wir hundertprozentig Wale sehen würden. Lange kreuzt das Schiff zwischen den bewaldeten Inseln, bis wir, kurz vor dem Umdrehen, wirklich auf Wale stossen.


 Es sind Orkas (Schwertwale), die vergnügt im Wasser spielen. Leider fährt der Kapitän nicht so nah heran, wie wir uns wünschen würden, so dass Romy nicht ihre erträumten Bilder bekommt. Hunderte von Kilometer fahren wir weiter Richtung Norden an der Küste von Oregon, dann geht es über eine gigantische Brücke über den Columbia River nach Washington. Es ist einer von den 50 Bundestaaten der USA, nicht zu verwechseln mit Washington, der Hauptstadt der Vereinigten Staaten. Hier steuern wir zuerst die kleine Stadt Long Beach an, auch nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Stadt in der Nähe von Los Angeles. Warum besuchen wir diese kleine Stadt, die fast niemand kennt? Romy hat im Internet herausgefunden, dass hier an diesem Wochenende ein Rodeo stattfindet. Für so ein kleiner Ort ist es natürlich ein Ereignis ersten Ranges, alle sind auf den Beinen. Wie in Australien, wird die Veranstaltung mit dem Abspielen der Nationalhymne eröffnet. Nur sind die Amerikaner um einen Zacken patriotischer als die Australier. Während ein Reiter mit der amerikanischen Flagge um die Arena trabt, stehen alle stramm, die Männer nehmen ihre Kopfbedeckung ab und die meisten halten die Hand an die Brust. Alles ist sehr ernst, so dass ich fast Angst um Romy kriege, denn sie begeht gerade ein Sakrileg – sie isst seelenruhig ihr Hamburger weiter. Hoffentlich, denke ich, wird dies hier nicht als eine amerikafeindliche Äusserung gedeutet. Aber es passiert nichts dergleichen. Dann folgen die Rodeo Disziplinen in schneller Folge und alle haben ihre Freude daran..


Danach fahren wir wieder ins Hinterland. Es sind zwei Nationalparks die uns locken. Der erste heisst Mount Helens und wurde weltweit bekannt, als im Jahr 1980 der Vulkan explodierte. Der Gipfel des Berges ist in die Luft geflogen und es wurden immense Schäden verursacht. 57 Menschen haben dabei ihr Leben verloren, die Bäume im Umkreis von sieben Meilen wurden allesamt entwurzelt und weite Gebiete mit Vulkanasche bedeckt. Heute, nach mehr als 30 Jahren, hat die Vegetation das Land zurück erobert, aber die Schäden sind immer noch gut sichtbar. Der Vulkan ist heute ruhig, sein Gipfel spiegelt sich in einem See - als ob nie etwas geschehen wäre. Und trotzdem, man weiss es nie, die unterirdischen Gewaltkräfte sind stets am Werk, jederzeit könnten sie wieder ausbrechen und die Umgebung in Schutt und Asche verwandeln.


Der zweite Park heisst Mount Rainier und ist ebenfalls ein schlafender Vulkan. Nur ist er um einiges höher als der Mount Helens. Viele Gletscher fliessen an seinen Flanken herunter, Wasserfälle stürzen sich über die Felsen in die Tiefe. Ein dichter Wald bedeckt die niedrigeren Regionen. Wir fühlen uns an die Schweizer Alpen erinnert, nur die Kühe fehlen auf den satten Alpwiesen. Viele Bergsteiger versuchen den Gipfel zu erklimmen. Für wenig geübte bedeutet dies eine viertägige Tour – zwei Tage für die Vorbereitung und zwei weitere Tage für den Aufstieg.


Nach dem langen Aufenthalt in der Wildnis möchten wir wieder etwas Stadtluft schnuppern. Dazu bietet sich Seattle an, die Hauptstadt von Washington. Das Wahrzeichen der Stadt ist die „Space Needle“, ein hoher Aussichtsturm mit Restaurant.


 Es tut gut durch die Geschäftstrassen zu bummeln, Märkte zu besuchen und im Hafen am Wasser den warmen sonnigen Tag zu geniessen, so wie es auch die Stadtbewohner tun. Aber wir sind auch aus einem anderen Grund nach Seattle gekommen. Unser Schalthebel ist bekanntlich nur provisorisch repariert. Zwar funktioniert er bis jetzt hervorragend, aber wir möchten für die Fahrt nach Alaska kein Risiko eingehen. Im Internet haben wir eine auf VW Buse spezialisierte Werkstatt gefunden. Und wirklich, bald steht der Brummi auf dem Garagenhof, zusammen mit gut 25 Artgenossen. Der Hebel und ein paar andere Ersatzteile sind vorhanden, was uns das Zusenden aus der Schweiz erspart. Wir dürfen auf dem Garagengelände sogar übernachten und bekommen zum Abschied T-Shirts mit einem aufgedruckten, orangen VW Bus geschenkt. Einziger Wermutstropfen ist die Rechnung, die recht hoch ausfällt.

Jetzt bleiben nur noch etwa 150 Kilometer bis Bellingham im äussersten Nordwesten der „lower 48“, gemeint sind die unteren 48 Staaten der USA. Zuerst geht es recht mühsam vorwärts. Die Strassen und Autobahnen in und um Seattle sind total verstopft. Nicht einmal in Los Angeles war es so mühsam voranzukommen. In Bellingham werden wir an Bord der Fähre der “Alaska Maritime Highway“ gehen. Der Brummi (und auch wir) können sich dann fünf Tage lang ausruhen, während das Schiff Richtung Nord durch die Inside Passage schippert. Wenn ihr diese Zeilen liest, werden wir bereits in Alaska angekommen sein. Alaska, der Name klingt nach Abenteuer und ist mit vielen Legenden verbunden. Wie wird die Wirklichkeit aussehen?

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