Mittwoch, 18. Juni 2014

Manche mögen es heiss

Wir verlassen San Francisco im Nebel über die Bay Bridge in Richtung Osten und durchfahren fruchtbare Ebenen mit Zitrusplantagen und Mandelbäumen. Es ist erstaunlich, wie schnell sich das Wetter verändern kann. Kaum 50 Kilometer gefahren, haben wir blauen Himmel und angenehme Temperaturen. Als ersten Nationalpark besuchen wir den Yosemite-NP. Er liegt in nicht allzu grosser Entfernung von San Fransisco und wird deshalb entsprechend gut besucht. Die Hauptattraktion hier sind die hohen Granitwände auf welchen sich zahllose Kletterer versuchen. Uns wird schwindlig, alleine vom Zuschauen.

Die Strasse steigt zu einem Pass auf knapp 3000 Metern Höhe. So hoch waren wir mit dem Brummi seit Ladakh nicht mehr. Dann folgt eine steile Abfahrt hinunter zum Mono Lake, wobei die Bremsen vom Wohnmobil von Janine und Rafi fast zum Glühen kommen. 

Der Mono Lake ist ein Salzsee, der beinahe ausgetrocknet wäre, weil fast alle Zuflüsse des Sees für die Wasserversorgung von Los Angeles umgeleitet wurden. Dank engagierten Umweltschützern ist diese Gefahr nach einem langen Kampf nun abgewendet. Aber es wird noch  mindestens 20 Jahre dauern bis der See wieder seine ursprüngliche Grösse erreicht hat. In Ufernähe stehen Salzsäulen, die durch kalziumhaltige Quellen entstehen. Einen weiteren Abstecher machen wir zur Ghost Town Bonie, einer verlassenen Goldgräberstadt in der Wüste. Durch das trockene Klima und die Abgeschiedenheit ist viel aus der alten Zeit erhalten geblieben.
Holzhäuser säumen die Hauptstrasse, alles ist noch vorhanden – Kirche, Hotel, Schule, Werkstätte und sogar die Klohäuschen im Garten hinter jedem Haus. In den Häusern stehen Möbel und Haushaltsgegenstände, so als ob die Bewohner erst gestern ausgezogen wären. Nur eine dicke Staubschicht lässt ahnen, dass seither schon fast 100 Jahre vergangen sind. Alles ist noch da, nur die Stoffe und Matratzen haben die Mäuse zerfressen. In der Schule ist die Tafel noch mit Aufgaben für die Schüler beschriftet. Schwere rostige Bergbaumaschinen stehen verlassen im Gelände. Wir fragen uns, wie man sie mit den damals vorhandenen Mittel überhaupt hierher gebracht hat. Sogar eine Tankstelle mit antiken Zapfsäulen ist vorhanden. Leider wird meiner Bitte, den Brummi vor dieser Kulisse zu fotografieren, abgelehnt. „Dazu braucht es einen Spezialpermit, die Erledigung dauert mindestens zwei Wochen“, teilt mir eine Rangerin mit. Und natürlich ist sie „sorry“.

Und dann wird es heiss, wirklich heiss, wir fahren ins Death Valley, in das Todestal. Bekanntlich ist es einer der heissester Orte auf der Welt, was wir auch bald zu spüren bekommen. Mit jedem Meter den wir tiefer kommen, steigt die Temperatur. Eigentlich darf man hier mit einem gemieteten Wohnmobil nicht fahren (man ist im Falle eines Falles nicht versichert), doch Janine und Rafi möchten sich diesen Nationalpark nicht entgehen lassen. Uns gegenüber haben sie den Vorteil einer Klimaanlage im Auto, auch wenn empfohlen wird, diese bei Steigungen auszuschalten, um den Motor vor Überhitzung zu schützen. Wir aber müssen leiden. Im Vergleich dazu war es in Iran oder Rajastan mit 40 – 44 Grad noch moderat. Unsere Hauptbeschäftigung ist Trinken.


Die Sonne prallt unbarmherzig auf uns herab und kein Windhauch rührt sich. Das alles hält Romy von der Suche nach guten Fotomotiven nicht ab, aber als sie mit hochrotem Kopf zum Auto zurückkehrt, nahe am Kollaps, hat auch sie genug. Wir passieren den Schild „Sea Level“ und die Strasse senkt sich noch weiter. Bei „Badwater“, dem tiefsten Punkt des Tales, zeigt der GPS 83 Meter unter dem Meeresspiegel. So tief waren wir auf unserer bisherigen Reise noch nie. Zu den heutigen Rekorden kommt noch die Temperatur: das Thermometer zeigt am Nachmittag 51,2 Grad. Nur die Landschaft belohnt uns für diese Strapazen. Sanddünen, farbenprächtige Hänge und Canyons, Berge und Salzebenen. Eigentlich wäre hier wandern angesagt, aber bei dieser Hitze wäre das purer Leichtsinn. Die Parkverwaltung warnt eindringlich davon ab. Der Name – Death Valley – geht auf eine Gruppe Siedler zurück, die eine Abkürzung auf dem Weg nach Kalifornien suchten und nur mit grösster Mühe und immensen Verlusten dem Tode entronnen sind.

Nicht weit von diesem unwirtlichen Ort liegt Las Vegas. Dort glitzern nicht die Salzflächen in der Sonne sondern die Fassaden der modernsten Hotels - wie eine Fata Morgana in der Wüste. In einem solchen Palast werden wir nun ein paar Tage wohnen. Es heisst Luxor und ist in Form einer riesigen Pyramide gebaut, der Eingang liegt zwischen den Pranken einer übergrossen Sphinx. Alles ist im altägyptischen Stil, oder was sich die Amerikaner darunter vorstellen, eingerichtet. Wie gross das Hotel ist zeigt die Tatsache, dass es 6500 Zimmer hat. Der Mittelpunkt ist, wie bei jedem Hotel in Las Vegas, ein Kasino mit schier unendlichen Reihen von Spielautomaten.11‘000 Quadratmeter misst die Spielhölle. Wir bekommen eine Suite im 21.-sten Stockwerk mit zwei Zimmern und einem Whirlpool (mitten im Schlafzimmer) mit Aussicht auf die Stadt - wir, die sonst nur ein paar Quadratmeter im Brummi bewohnen! Die Zimmerpreise in Las Vegas sind relativ günstig, denn damit ködert man die Leute für die Spielkasinos. Es war ein Geschenk von Janine und Rafi, noch einmal herzlichen Dank für diesen Hauch von Luxus.



Am Abend geht es auf die Piste, die hier Strip heisst, eine Strasse, besser gesagt ein Boulevard, gesäumt von den feinsten Hotels. Es gibt ein Viertel das Venedig nachempfunden ist, natürlich fehlt der Markus Platz nicht, ein anderes, das wie ein Stück Paris - inklusive Eiffelturm, aussieht. Auch New York mit der Freiheitstatue fehlt nicht. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Uns hat aber am besten das Bellagio mit einem grossen künstlichen See gefallen. Alle15 Minuten kann man hier zum Takt der Musik wunderschön arrangierte Wasserspiele bewundern - wirklich einmalig. Und das alles mitten in der Wüste. In den unzähligen Casinos rollen die Dollars, aber alles geht sehr gesittet und ordentlich zu. Auch wir lassen die Dollars rollen, allerdings nicht beim Spiel, sondern in der Luft. Alle zusammen fliegen wir mit einem Hubschrauber über den Hoover Damm, Lake Mead und Grand Canyon. Tief im Canyon landen wir sogar und es wird uns ein Apéro mit Sekt offeriert. Etwa so wie Romy mit Vorliebe sagt: „Nobel muss die Welt zugrunde gehen“. Ja, man leistet sich ja sonst (fast) nichts.

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