Man muss ja nicht
immer nur Autofahren. Um nach Alaska zu gelangen kann man auch das Schiff nehmen.
Es ist möglich auf der berühmten „Inside Passage“, die als Traumziel vieler
Kreuzfahrten gilt. Die Schiffspassage führt zwischen vorgelagerten Inseln
hindurch und an der Küste entlang. Somit sind die Schiffe nicht den mächtigen
Wellen des Pazifiks ausgesetzt und können in ruhigeren Gewässern fahren, was
von den Passagieren geschätzt wird. Manchmal kommt es uns vor, als ob das
Schiff auf einem Fluss fahren würde, denn die Küste ist sehr nahe. Die vielen
Kreuzfahrtschiffe auf diese Route zeigen, dass diese Fahrt bei den Amerikanern
sehr beliebt ist. Mit einigen Tausend Passagieren und allem erdenklichen
Komfort gleichen manche Schiffe einer schwimmenden Stadt.
Wir wollen nicht so
hoch hinaus und ausserdem haben wir den Brummi dabei, der auch mitkommen muss.
Darum nehmen wir eine Fähre der staatlichen „Alaska Marine Highway“, die vor
allem Einheimische transportiert. Sie legt an Orten an, die durch keine Strassen
mit der übrigen Welt verbunden sind. Und solche Orte gibt es in Alaska viele.
Es wird kein grosser Komfort und keine Unterhaltung am Bord geboten, dafür ist
alles zweckmässig, einfach und sauber eingerichtet, dazu relativ günstig. Die
Plätze auf der Fähre sind im Sommer schnell ausgebucht. Wir haben sie schon im
Januar im Internet reserviert.
In Bellingham, in
der äussersten Nordwestecke Washingstons, gehen wir an Bord. Wir haben eine (kleine)
Kabine, denn die Überfahrt nach Whittier, dem Hafen von Anchorage, dauert fünf
Tage. Einige, vor allem junge Leute, stellen auf dem Sonnendeck ihre Zelte auf,
aber das wollen wir uns nicht zumuten. Unspektakulär verlässt das Schiff „Kennicott“
den Hafen.
Es ist uns ein Rätsel, wie sich der Kapitän in diesem Labyrinth von
kleinen Inseln, alle mit Wald bewachsen, zurecht findet, denn für uns sehen sie
alle gleich aus. Bald verlassen wir die Vereinigten Staaten, weiter geht es ein
langes Stück durch die Gewässer von Kanada. Die Einheimischen werden gewarnt,
nicht ihre Mobiltelefone zu benützen – die meisten haben keine Abonnemente für
das Telefonieren im Ausland und somit würden ihnen hohe Kosten entstehen.
Von
Vancouver sehen wir nur die Lichter, dann wird es am Ufern dunkel, nur die
Leuchttürme blinzeln an den gefährlichen Stellen in regelmässigen Abständen.
Die Fahrt am nächsten Tag verläuft ruhig. Die Sonne scheint und wir beobachten
vom Deck aus die Natur. Ewig grüne Wälder ziehen an uns vorbei. Jedesmal gibt
es eine grosse Aufregung wenn Wale oder Seelöwen gesichtet werden. Aber auch
ein Weisskopfadler, auf einem Fels oder Baum sitzend, sorgt für Abwechslung. Mit
Kameras bewaffnet stürzen sich viele an Deck.
Ab und steht am Ufer ein einsames
Haus, nur auf dem Wasserweg oder mit einem Wasserflugzeug erreichbar. Ketchikan
ist die erste Stadt in Alaska wo wir anlegen. Wir dürfen von Bord gehen und die
Stadt besichtigen. Es gibt ein paar alte Häuser aus der Gründerzeit und viele
Geschäfte mit Souvenirs für die Kreuzfahrtpassagiere. Ihre Schiffe liegen am
Kai, sie überragen um vielfaches auch die höchsten Häuser der Stadt. Nach drei
Stunden fährt unsere Fähre weiter, nachdem Fahrzeuge und Container aus- und umgeladen
wurden.
Noch immer ist
das Wetter schön. Die grüne Landschaft, auf den ersten Blick in ihrer
Gesamtheit gleich und doch stets in den Einzelheiten verschieden, gleitet an
uns vorüber
.
Wieder eine grosse Aufregung an Bord – etwa 25 Wale wurden
gesichtet. Der Kapitän ändert den Kurs, leider nicht um näher an die Tiere zu
kommen, sondern um ihnen weiträumig auszuweichen. Vor einem Monat ist nämlich
das Schiff mit einem dieser streng geschützten Tiere zusammengestossen, was
immer noch Gegenstand einer Untersuchung ist. Der nächste Hafen, den wir
anlaufen, ist Juneau, die Hauptstadt von Alaska. Leider hat man hier den
Fährhafen über 20 Kilometer weit weg von der Stadt gebaut. Den Hafen direkt in
der Stadt dürfen nur die grossen Kreuzfahrtschiffe anlaufen.
So wird für uns eine
Taxifahrt unumgänglich. Zum Glück kennt man mittlerweile einige der
Mitreisenden und so können wir eine Fahrgemeinschaft bilden. Eine Seilbahn
bringt die Touristen direkt vom Kai auf den Hausberg. Dort kann man die
Aussicht auf die Berge, Gletscher und die Inselwelt der Inside Passage
bewundern. Dafür reicht unsere Zeit leider nicht, wir müssen uns mit einem
Stadtrundgang zufrieden geben. Auffallend ist die renovierte russisch-orthodoxe
Kirche sowie das Parlamentsgebäude.
Der nächste Ort auf unserem Weg ist Yakutat,
ein kleines Dorf am Ende eines Fjords. Zuerst ist nicht klar, ob wir überhaupt an
Land gehen dürfen. Am Strand tummeln sich nämlich zwei Bären. Die
herbeigerufene Polizei verscheucht sie mit einigen Schüssen in die Luft. Dann
ist der Weg für uns frei, jedoch gibt es in diesem Ort beim besten Willen jetzt,
wo die Bären verschwunden sind, nicht viel zu sehen.
Nach fünf Tagen
und 2600 Kilometer auf dem Wasser darf auch der Brummi an Land. Wir sind in
Whittier angekommen. Der Hafen ist mit dem übrigen Strassennetz Alaskas
verbunden. Aber nicht direkt, sondern durch einen Eisenbahntunnel, der
abwechslungsweise von Autos oder der Bahn benutzt wird. Natürlich hat der Zug
immer Vortritt, so dass Warten angesagt ist. Aber nach fünf Tagen langsamer
Fahrt übers Wasser stört uns das nicht. Alles ist gut, bis auf das Wetter, es
nieselt, die Wolken hängen tief und alles ist grau in grau. Auf eine solche Begrüssung
hätten wir gerne verzichtet.