Die erste Stadt auf
unserem Weg in Kanada ist Dawson City. Sie wurde aus dem Boden gestampft,
nachdem die Nachricht von reichen Goldfunden sich in den umliegenden Tälern
verbreitete. Einige kehrten mit Säcken voller Gold nach Hause und lösten damit
den grossen Goldrausch aus. Tausende verliessen die Städte im Süden und zogen
nach Norden – sie alle wollten reich werden. Doch der Weg zu den Goldfeldern
war alles andere als einfach. Mit dem Schiff ging es von San Franzisco oder
Seattle nach Skagway, dann weiter über den mörderischen Chilkoot Pass zum
Yukon. Dort hiess es ein Boot oder Floss zu bauen und durch gefährliche
Stromschnellen bis nach Dawson City zu fahren. Diejenigen, die erst nach dem
Wintereinbruch in Skagway ankamen, wurden durch die grosse Kälte überrascht und sie mussten in
erbärmlichen Unterkünften warten, denn der Yukon war zugefroren und eine Fahrt
erst im Frühling wieder möglich.
Nur in einem Jahr hat sich Dawson City von
einem Zeltlager zu einer richtigen Stadt entwickelt, mit allem was dazu gehört:
Hotels, Kneipen, Banken, eine Zeitung, Wäschereien, Kirchen, Schulen,
mehrstöckige Häuser und hölzerne Gehsteige. Sogar ein Theater gab es und natürlich
mehrere Casinos. Auch das horizontale Gewerbe war mit mehreren Bordellen vertreten,
denn das Geld sass bei den neureichen Goldsuchern locker.
Viele sind reich
geworden, andere kamen zu spät, denn in drei Jahren war der Rausch vorbei,
alles Gold, das in den Bächen zu finden war, war abgeräumt. Für weitere
Förderung waren grosse Investitionen für schwere Maschinen nötig, die sich nur
grosse Gesellschaften leisten konnten. Die Anzahl der Einwohner reduzierte sich
erheblich, doch die Stadt blieb bestehen. Heute noch sind die unbefestigten
Strassen von Originalholzhäusern gesäumt, die Bewohner leben von der
glorreichen Vergangenheit. Das Zentrum wurde zu einem historischen Park erklärt
und die Touristen kommen in Scharen, um einen Eindruck zu bekommen, wie es hier
vor nicht allzulanger Zeit zuging. In den historischen Gebäuden stehen Erzähler,
die in den Kleidern von damals die Geschichten von Glückrittern wiedergeben. Es
war eine grosse Zeit damals, nur die Stärksten und Mutigsten konnten ihr Glück
erzwingen. Wir haben es natürlich einfacher – an der Uferpromenade gönnen wir
uns ein Cappuccino, während ein Raddampfer am Yukon vorbei tuckert. Und die
Dollars ziehen wir aus einem Bankomaten. Darum haben wir es auch nicht nötig, uns
in den Goldfeldern die Hände schmutzig zu machen und uns mit Goldwaschen im
kalten Wasser abzumühen, wo der Erfolg alles andere als sicher ist.
Eine weitere
Stadt am Yukon ist Whitehorse. Auch sie ist ein Produkt des grossen
Goldrausches. Um den Goldsuchern den mörderischen Fussweg über den Chilkoot Pass
von Skagway zum Yukon zu ersparen, hat man in kürzester Zeit eine
Schmalspurbahn gebaut. Whitehorse war die Endstation, wo alles auf die Schiffe
umgeladen wurde. Denn inzwischen verkehrten auf dem Yukon bereits heckangetriebene
Dampfschiffe. Wir fahren nun auf den Spuren dieses Weges nach Skagway, der
Hafenstadt, die bereits in den USA liegt. Die Eisenbahn von Whitehorse bis zum
Pass fährt heute nicht mehr.
Die restliche Strecke bis nach Skagway wird
touristisch genutzt, denn in Skagway legen die grossen Kreuzfahrerschiffe an,
und die Tausende von Passagieren wollen gerne einen Landausflug unternehmen.
Zugegeben, keine schlechte Wahl, denn die Strecke ist landschaftlich sehr schön,
auch wenn man unterwegs eine Staatsgrenze passieren muss. Die Stadt selber ist
ein grosser Rummelplatz, auf den
Strassen kaum ein Durchkommen und die Verkäufer in Souvenir- und
Schmuckgeschäften freuen sich über die sprudelnden Einnahmen. Hubschrauber
starten fast ununterbrochen und bringen Touristen zum nächstgelegenen
Gletscher.
Wir verlassen Skagway mit der Fähre und gehen nach einer Stunde in
Haines an Land. Auf dem Weg zum Campingplatz am Chilkoot Lake läuft uns ein Bär
auf der Strasse entgegen. Eine solche Begrüssung hätten wir uns öfters
gewünscht. Doch der Bär hat nichts mit uns am Hut, er interessiert sich nur für
die Lachse im Fluss. Beim Fischen geht er sehr geschickt vor und wir können nur
staunen.
Von Haines fahren
wir nach Haines Junction, das am Alaska Highway in Kanada liegt und dann weiter
wieder zurück nach Whitehorse. Zuerst besuchen wir das Visitors Centre um
unsere E-Mails zu checken. In Kanada gibt es in den Informationsbüros meist
freien Internetzugang. Kaum sind wir zehn Minuten damit beschäftigt, da kommen
Sandra und Martin und, als hätten wir uns abgesprochen, nach weiteren zehn
Minuten auch Rita und Peter. Wie haben beide Paare in Anchorage kennengelernt.
Lange erzählen wir von unseren Erlebnissen und Plänen. Sie haben, wie wir, noch
mehrere Tausend Kilometer zu fahren. Sandra und Martin sollen ihr Mietwohnmobil
in New York abgeben, Rita und Peter in Los Angeles.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen