Nur fahren wir also diese unbefestigte Piste mit dem
prunkvollen Namen „Great Central Road“. Die Werbung hat daraus „Australia’s
Longest Shortcut“ gemacht, also „die
längste Abkürzung Australiens“. Lang ist diese Piste allemal, unser GPS zeigt
1084 km von Laverton, wo die Piste ihren Anfang nimmt, bis zum Ayers Rock im
Roten Zentrum, unserem nächsten Ziel. Doch die Werbung hat diesmal Recht, es
ist wirklich die einzige Abkürzung, um vom Westen Australiens in das Zentrum zu
gelangen. Die Piste ist technisch nicht schwierig zu fahren, es gibt keine
Sanddünen, Wasserdurchfahrten oder dergleichen, soweit gut. Die Strecke führt
durch unbesiedeltes und einsames Gebiet, unterwegs gibt es nur drei Road Houses
wo man tankt und wenn nötig Hilfe holen kann. Das Zweite wollen wir möglichst
vermeiden, denn ein Abschleppen über einige Hundert Kilometer kostet in
Australien fast so viel wie ein neues Auto. Aus diesem Grund ist die Piste
gesäumt von vielen Autowracks, die hier für die Ewigkeit in der australischen
Sonne rosten, nachdem man alles Brauchbare abmontiert hat. Da stossen wir ein
Gebet zum Himmel und vertrauen voll auf Brummi.
Wir füllen alle unsere Kanister
mit Wasser und Benzin, kaufen ausreichend Lebensmittel. Ja, auch ein „Permit“,
also eine Bewilligung ist für das Befahren vorgeschrieben, da die Strecke durch
Ureinwohnerreservate führt. Die Bewilligung gilt nur für den Transit, der
Besuch der Orte, wo die Aborigines leben, ist ausdrücklich verboten. Nun kann
es losgehen. Bald zeigt sich die nächste Tücke dieser Piste, die Bodenwellen. Das
sogenannte „Wellblech“ schüttelt uns durch und zwingt uns bald den vierten und
teilweise auch den dritten Gang zu vergessen. Fast vier Tage brauchen wir um
die Entfernung zu überwinden, es sind lange Tage, nur mit langsamem Fahren
ausgefüllt. Die Landschaft bietet nicht viel, der einzige Höhepunkt sind die
wilden Kamele, die manchmal unseren Weg kreuzen.
Der Verkehr ist sehr spärlich,
vielleicht ein Auto pro Stunde begegnet uns. Einmal müssen wir doch nachtanken.
Der Benzinpreis hier ist astronomisch und es ist nicht einmal richtiges Benzin.
Da einige Ureinwohner das Benzin schnüffelten und dies mit der Zeit zu Problemen
führte, hat die Regierung den Verkauf, gleich wie den von Alkohol, in diesem
Gebiet kurzerhand verboten. Anstelle des Benzins wird unter dem Namen „Opal“
ein Ersatzstoff verkauft. Diesen kann man angeblich nicht als Ersatzdroge
missbrauchen, beim Fahren merken wir keinen Unterschied. Am Mittag des vierten
Tages sehen wir endlich wie das Licht am Ende des Tunnels - die Kata Tjuta,
oder die Olgas, wie sie früher hiessen. Bald schwebt der Brummi wieder über Asphalt
und bald ist auch mit der Einsamkeit vorbei. Denn Kata Tjuta, zusammen mit dem
Ayers Rock, der nun Uluru genannt wird, sind die meist besuchten Orte in
Australien. Und wirklich, kaum finden wir hier einen Parkplatz. Wir unternehmen
eine Wanderung und warten auf den Sonnenuntergang. Die Felsen zeigen mit der
untergehenden Sonne alle Schattierungen von verschiedenen Rot, bis sie ganz dunkel
werden. Am Himmel erscheinen die ersten Sterne. Wir sind froh, diese lange Piste
geschafft zu haben.
Die nächsten Tage widmen wir dem Ayers Rock.
Selbstverständig umrunden wir ihn zu Fuss, verzichten aber auf eine Besteigung,
entsprechend den Wünschen der Ureinwohner, denn für sie ist dieser Berg heilig.
Respekt zeigen heisst es hier. Trotzdem gibt es noch viele Leute, für die die
Besteigung wichtig ist. An jedem Abend findet das gleiche Ritual statt: Man
fährt zu einem riesigen Parkplatz und richtet sich dort mit Stühlen und Drinks
gemütlich ein, den Berg vor Augen, die untergehende Sonne im Rücken. Unzählige
Kameras klicken. Der Felsen ändert allmählich seine Farbe. Fantastisch, man
muss es gesehen haben, um es zu Hause erzählen zu können. Nach dem Sonnenuntergang
setzt sich eine lange Fahrzeugkollone Richtung Hotel oder Campingplatz in
Bewegung.
Um auch Bilder aus der Luft zu haben, bucht Romy einen kurzen
Aussichtsflug. Ich habe mich entschieden lieber auf der Erde zu warten, denn
schliesslich muss jemand im Falle eines Falles das Auto aus dem Land bringen.
Doch kaum ist Romy gegangen, ist sie auch schon wieder da. Die anderen Leute,
die auch mitfliegen sollten, sind nicht erschienen, eine Stunde Warten ist
angesagt. Aber auch dann kommen sie nicht. Damit der Flug stattfindet, muss
noch eine Person gefunden werden und natürlich fragt man mich. So kommt es,
dass ich dann doch und sogar zum halben Preis fliegen kann. Der kleine „Vierplätzer“
wird von einer jungen, lustigen Pilotin geflogen. Sie hat sichtlich Spass an
ihrem Job. Als sie unten am Boden wilde Kamele sieht, flippt sie fast aus und
geht im Tiefflug über die Tiere, um sie mit ihrem Handy fotografieren zu
können. Sofort wird die Nachricht per Funk an andere Piloten weitergegeben. Wir
freuen uns auch, aber erst wirklich, als wir wieder festen Boden unter den
Füssen haben.
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