Wir
sind wieder auf dem Kulturpfad. Nachdem wir keinen Tiger gesehen haben wenden
wir uns der Geschichte zu. Die Tempel, Paläste und Forts haben wenigstens den
Vorteil, dass sie sich nicht verstecken wie es die Tiger zu tun pflegen. Zuerst
ist Jaipur, die Hauptstadt Rajasthans an der Reihe. Sie ist riesig und wie
immer ist es für uns nicht leicht ein passendes Hotel zu finden. Das Navi
leistet bei der Suche nur begrenzte Hilfe, denn es kennt keine Einbahnstrassen,
Umleitungen, Strassensperrungen und manchmal bringt es uns in eine fast
ausweglose Lage, wenn es an einer kritischen Stelle komplett den Dienst versagt.
Hotels gibt es zwar zuhauf aber wir haben ein paar Sonderwünsche – es muss
einen sicheren Parkplatz (möglichst im Schatten) haben, nicht weit von den
Sehenswürdigkeiten entfernt und natürlich auch nicht zu teuer sein. Das
erschwert die Suche erheblich. Auch ein Zimmer mit Klimaanlage ist ein Muss, zu
allgemeinen Erinnerung, wir haben jeden Tag im Auto Temperaturen bis 44 Grad.
Nun, irgendwann ist das Hotel gefunden (oft sind wir die einzigen Gäste, wer
ist denn schon bei dieser Hitze unterwegs) und wir erholen uns zuerst in der
angenehmer Kühle, bevor wir mit einem Motorrikscha ins Zentrum fahren. Dem
gehen dann immer ausgedehnte Preisverhandlungen voraus da wir ja den
ortsüblichen Preis nicht kennen und der Rikscha Fahrer zuerst eine riesige
Summe verlangt, die es in realistische Grösse hinunter zu handeln gilt. Ich
schildere dies deshalb so ausführlich, weil sich dieses Vorgehen nun in jeder
Stadt in Rajasthan wiederholen wird.
In
Jaipur besichtigen zuerst den „Affentempel“ etwas ausserhalb der Stadt.
Eigentlich leben in Indien in fast allen Tempeln Affen, aber wie es scheint,
erst ab einer gewissen Zahl darf sich ein Tempel „Affentempel“ nennen (hier
sind es zwischen 4000 und 5000). Normalweise
sind die Affen friedlich, aber es gibt auch, wie in jeder Gesellschaft, ein
paar aggressive Artgenossen, also es heisst aufpassen. So muss ich meine Cola
Flasche regelrecht gegen fletschende Zähne verteidigen. Einen Affenbiss
riskieren möchte ich auf keinem Fall und so versorge ich die Flasche lieber im
Rucksack.
Der Tempel steht in einem trockenen Tal an der Stelle, wo es auf
wundersame Weise eine Quelle gibt. In einem Becken baden nicht nur Menschen, sondern
auch die Affen suchen hier Abkühlung. So können wir uns überzeugen, dass auch
Affen schwimmen können.
Am
nächsten Tag besichtigen wir den Stadtpalast. Dort können wir gegen ein
saftiges Eintrittsgeld nachfühlen, in welcher Pracht früher die Maharadschas
gelebt haben. Seitdem Indien eine Republik ist, mussten sie auf viele
Privilegien verzichten und auch die Einnahmen sprudeln nicht mehr so üppig wie
damals. So mussten sie ihre Paläste dem gemeinen Publikum öffnen oder sie in Luxushotels
umwandeln. Ein Teil vom Palast bewohnt der heutige Maharadscha aber immer noch,
eine dezente Tafel mit der Anschrift „PRIVATE“ verhindert jeden Zutritt.
Gleich
neben dem Palast steht ein Observatorium mit überdimensionierten Instrumenten,
die eher an Monumente erinnern.
So zum Beispiel die riesige Sonnenuhr, 27 Meter
hoch mit der Genauigkeit von 2 Sekunden. Andere, etwas kleinere Instrumente,
dienten zur Beobachtung der Sterne.
Nach
jedem Stadtbesuch folgt ein Tag im Auto, unterwegs zu der nächsten Stadt. Nach
Jaipur folgt Pushkar. Dies ist ein Hindu Pilgerort mit einem Heiligen See. Wir
kommen gerade zur Vollmondnach in der die Gebete und die Rituale besonders
wirksam sein sollen. Die Strassen des Ortes sind mit Pilgern verstopft,
Tausende baden im heiligen See. Die Frauen in ihren farbigen Saris sind in
Überzahl, sie geben dem Bild eine farbenprächtige Note.
Pushkar wurde in den
Siebziger Jahren bei den Hippies bekannt und gerne besucht. Ab und zu macht es
den Eindruck, dass manche Typen geblieben sind. Auch die übliche Hippie
Infrastruktur – billige Hotels, Restaurant und Läden mit Silberschmuck,
Ledersachen und Hippiekleidung - ist immer noch vorhanden.
Etwa
15 km entfernt liegt Ajmer, zur Abwechslung ein Pilgerort der Muslime. Wir
fahren dorthin mit dem öffentlichen Bus, da bekommt man die richtige
Tuchfüllung mit der lokalen Bevölkerung. Sobald der Bus ankommt, bricht ein
gnadenloser Kampf um die Sitze aus. Die Fahrt dauert zwar nur 30 Minuten aber
es ist ein Kampf wie um Leben und Tod. Auch die Frauen kämpfen mit aller Kraft
und die arme Romy trägt ein paar blaue Flecken davon. Das hat man davon, wenn
man ein bisschen Anstand wahren will. Der Bus, ausgestattet mit vielleicht 30
Sitzen, befördert gegen hundert Personen.
Auf längeren Strecken werden auch
noch zwei bis drei Dutzend Passagiere auf dem Dach mitgenommen. Und somit ist
dann die Ladekapazität definitiv ausgeschöpft. Wir haben den Kampf um einen
Sitz verloren. Es bleibt uns nur ein Trost – auch wenn wir wegen der Hitze und
dem Gedränge ohnmächtig werden sollten, umfallen können wir nicht. Wir sind
“eingemauert“ zwischen den anderen Fahrgästen. Die Moschee mit dem Grab einer
Heilliga ist das Ziel der Pilger. Indische Logik – wir dürfen mit der Kamera
nicht hinein, die Einheimischen aber fotografieren mit ihren Mobiltelefonen wie
wild und niemand sagt etwas…
Eine
weitere stressige Fahrt bringt uns nach Udaipur. Und wieder geraten wir unbeabsichtigt
in die engen Gassen der Altstadt. Das schönste in Udaipur ist der See. Darin,
auf einer Insel, steht der berühmte Lake Palace, heute ein Luxushotel. Bekannt
ist der Palast aus dem James Bond Film Oktopussy.
Ob 007 damals wirklich in
diesem See geschwommen ist? In dem verschmutzten Wasser würden wir es bestimmt
nicht tun. Doch bekanntlich überlebt Mr. Bond alle Gefahren. Wir überlegen kurz
hier abzusteigen, doch mit Preisen über 900 Dollar pro Nacht würde unser
Reisebudget arg strapaziert und wir müssten bald nach Hause fahren. (ausserdem
hat das Inselhotel ja keinen Parkplatz). Auch hier besichtigen wir den Stadtpalast
und am Abend eine Folkloreshow. Am besten gefällt uns aber die Bootsfahrt auf
dem See.
Nach
zwei Ruhetagen sind wir wieder auf Achse. Das Ziel heisst Jodhpur, am Rande der
Wüste gelegen. Haben wir gedacht, es kann nicht heisser werden, so haben wir uns
geirrt. Natürlich gibt es beim Fahren einen Fahrwind, leider fühlt er sich an
wie ein Haar Föhn auf der Stufe II. Ich erinnere mich kurz an meine früheren
Mitarbeiter, die schon bei 30 Grad im Büro schlapp machten. Ein Königsreich für
eine Klimaanlage! Und für einen Rückspiegel – den haben mir nicht die indische
Fahrrowdies kaputt gemacht, sondern dummerweise ich selber beim Einparken. Ein
VW Bus Rückspiegel in Indien ist etwa so rar wie ein Pinguin am Nordpol.
Selbsthilfe tut Not und so lasse ich in einem Glasgeschäft Spiegelglas
zuschneiden (spannend, den Leuten, die kein Englisch sprechen, zu erklären, was
ich eigentlich will) und ich klebe mit Zweikomponentenkleber das beschädigte
Gehäuse zusammen. Demnächst berichten wir an dieser Stelle ob die Reparatur
Bestand hatte.
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