Freitag, 15. November 2013

Outback ade

Im australischen Outback gibt es viele berühmte Tracks, also Pisten, die durch unbewohnte Wüstengebiete führen. Von einigen, wie zum Beispiel der Canning Stock Route, können wir nur träumen. Da wäre der Brummi eindeutig überfordert und er würde nach ein paar hundert Kilometer auseinander brechen oder für die Ewigkeit im Sand begraben bleiben. Aber es gibt auch Pisten, wo wir mithalten können, einige davon haben wir bereits befahren. Nun nehmen wir einen Klassiker, einen bekannt – berüchtigten Track unter die Räder, den Oodnadatta Track. Er führt entlang der alten, heute aufgegebenen Eisenbahnlinie, 615 Kilometer von Marla nach Marree. Die Piste ist nicht besonders schwierig zu befahren, nur die nicht enden wollenden Bodenwellen (auch Wellblech genannt) machen das Fahren zu einer Tortur für Mensch und Material. Ausserdem ist der Track mit spitzigen Steinen übersät, was dann auch zu unserem ersten platten Reifen in Australien führt.

Wir haben zwei Ersatzräder dabei, also kein Problem. Auch ist das nächste Roadhouse, wo man den Reifen flicken kann, nur ein Katzensprung von etwa 150 km entfernt. Dort zeigt sich aber, dass eine Reparatur nicht möglich ist – die Beschädigung liegt an der Reifenflanke, ein kleiner Riss von ungefähr einem Zentimeter. Als Ersatz bietet man uns einen schon ziemlich abgefahrenen Pneu an, allerdings zu einem Preis, zu dem es in bewohnten Gebieten zwei fabrikneue geben würde. Ja, im Outback ist alles ein bisschen teurer. Da bedanken wir uns höflich und fahren weiter. Wir haben ja noch ein Ersatzrad. Zum Glück haben wir dann keine weitere Panne mehr.

Die Piste führt weiter entlang der ersten Telegrafenverbindung und der am Anfang erwähnten ersten Eisenbahnlinie von Port Augusta nach Alice Springs. Für die neue Zugsverbindung hat man eine andere Linienführung gewählt. Die alte Bahntrasse ist noch gut erkennbar, man hat zwar die Geleise abmontiert, doch immer noch liegen die Schwellen herum und einsame Brücken stehen teilweise eingestürzt in der Landschaft. Weitere Überbleibsel sind einige Quellen, die man damals für die Wasserversorgung der Dampflokomotiven bohren musste. Heute versorgen sie die Reisenden mit Wasser und in einigen kann man sogar im warmen Nass aus dem Erdinneren baden. Obwohl sich hier die Wüste ausbreitet, ist eigentlich eine riesige Menge Wasser vorhanden. Allerdings nicht an der Oberfläche, sondern sehr tief im Untergrund. Dort befindet sich das Grosse Artesische Becken, ein unterirdisches Speicherbecken, das nur an wenigen Stellen angezapft wird. An der Oberfläche breitet sich ein anderer See aus, der Lake Eyre. Die meiste Zeit ist er allerdings ohne Wasser – als riesige, blendend weisse Fläche aus Salz erstreckt sich bis zum Horizont. Er ist der sechstgrösste See der Welt.

Wir besuchen noch die Nationalparks Gammon Ranges und Flinders Ranges, dort haben uns die Gelbfusskänguruhs am besten gefallen. 
Sie können unglaublich in den Felsen klettern. Dann ist das Outback schon wieder hinter uns, unendliche Getreidefelder begleiten uns links und rechts der Strasse, bis wir bei Morgan den Murray River erreichen. Der Murray River mit einer Länge von 2700 km ist eine Ausnahmeerscheinung in Australien. Der schmale Streifen entlang des Flusses zählt dank dem ständigen Sonnenschein und den ausgeklügelten Bewässerungsanlagen zu den produktivsten Gegenden für die Landwirtschaft.

Das satte Grün der Obstplantagen und Weinberge wirkt auf uns, nach der trockenen Einöde des Outbacks, fast surreal. Früher war der Fluss der einzige Verkehrsweg in dieser Gegend. Hunderte von Schaufelraddampfer brachten Versorgungsgüter ins Landesinnere und die Erzeugnisse der Farmen, hauptsächlich Schafwolle, zu den Häfen an der Küste. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn und neuen Strassen ist der Schiffstransport zum Erliegen gekommen. Nur noch wenige dieser Dampfer fahren auf dem Fluss und sie befördern Touristen. Auch wir sind an Bord eines solchen, noch mit Holz beheizten, Schaufelraddampfers unterwegs und können für ein paar Stunden nachfühlen, wie es damals war, in den guten alten Zeiten.

„Jetzt aber noch einmal ins Outback, bevor wir endgültig zur Küste fahren“, haben wir uns in Mildura gesagt und sind zum Mungo Nationalpark gefahren. Dieser Park gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Der Grund dafür sind die ältesten erhaltenen Menschenfussabdrücke überhaupt. Damals, vor etwa 60‘000 Jahren, ist eine Menschengruppe über frischen Lehm gelaufen. Der Lehm trocknete aus und der Wind bedeckte die Spuren mit dem Sand der Wanderdünen. Erst unlängst gab der Sand sie wieder frei und die Wissenschaftler konnten sie datieren. Die Fussabdrücke kann man leider nicht besichtigen, denn sie sind sehr fragil und die Erosion würde sie in ein paar Jahren vollkommen zerstören. Darum hat man sie wieder mit Sand bedeckt, bis es eine verlässliche Konservierungsmethode gibt. Aber wegen diesen Fussabdrücken sind wir nicht die 120 km jämmerliche Staubpiste gefahren, sondern wegen den Wanderdünen, der Landschaft aus ausgetrockneten Seen und der Tierwelt. Das bekannteste Wahrzeichen des Parks sind die „Walls of China“, spektakulär vielfarbige, durch Wind und Wetter geschliffene Sanddünen. Wir können noch einmal die Abgeschiedenheit des Outbacks und den nächtlichen Himmel mit Abermillionen von Sternen geniessen. Und natürlich auch die Hitze - samt den lästigen Fliegen.


Wie der Titel es andeutet – es geht nun zur Küste nach Melbourne und dann mit der Fähre nach Tasmanien. Der Weg ist aber noch lang. Unterwegs besuchen wir wieder einige Nationalparks, unter welchen der Grampians Nationalpark besonders hervorzuheben ist. Aus der Ebene erheben sich plötzlich schroffe Berge, Wasserfälle stürzen sich von den Felsen, Schluchten und Felsenlandschaften laden zum Wandern ein. Nach über fünf Monate in Australien entdecken wir immer wieder Neues, seien es Landschaftsformen, grüne Wiesen mit fast Hundert weidenden Känguruhs oder ein Eulenpaar auf einen Baum.

Unser letztes Ziel vor Melbourne heisst Ballarat. Hier hat man im Jahr 1851 grosse Goldvorkommen entdeckt, was einen immensen Goldrausch zu Folge hatte. Nun sind die Goldadern längst erschöpft und die Stadt lebt von und mit dieser grossen Vergangenheit. Viele prächtige Bauten aus dieser Zeit sind im Stadtzentrum zu bewundern und auf dem Sovereign Hill hat man eine Goldgräberstadt nachgebaut, in der das Leben von damals zelebriert wird. Die Angestellten tragen Kleider aus dieser Zeit, eine Pferdekutsche fährt die Hauptstrasse hoch, verschiedene Handwerker zeigen ihre Fertigkeiten, englische Kolonialsoldaten marschieren auf und feuern mit ihren Vorderladern in die Luft. In den Bergwerken arbeiten zischende Originaldampfmaschinen. Die Wohnhäuser sind liebevoll mit viktorianischen Möbeln ausgestattet. Es ist eine Mischung aus Museum und Vergnügungspark. Die Touristen freut es, nachdem sie den teuren Eintrittspreis verschmerzt haben. Essen kann man dort natürlich auch. Es entzieht sich unserer Kenntnis, ob das Menü auch den Gerichten von damals genau entspricht, eines wissen wir aber mit Sicherheit – die Preise, die sind von heute.


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