Im australischen
Outback gibt es viele berühmte Tracks, also Pisten, die durch unbewohnte
Wüstengebiete führen. Von einigen, wie zum Beispiel der Canning Stock Route,
können wir nur träumen. Da wäre der Brummi eindeutig überfordert und er würde
nach ein paar hundert Kilometer auseinander brechen oder für die Ewigkeit im
Sand begraben bleiben. Aber es gibt auch Pisten, wo wir mithalten können, einige
davon haben wir bereits befahren. Nun nehmen wir einen Klassiker, einen bekannt
– berüchtigten Track unter die Räder, den Oodnadatta Track. Er führt entlang
der alten, heute aufgegebenen Eisenbahnlinie, 615 Kilometer von Marla nach
Marree. Die Piste ist nicht besonders schwierig zu befahren, nur die nicht
enden wollenden Bodenwellen (auch Wellblech genannt) machen das Fahren zu einer
Tortur für Mensch und Material. Ausserdem ist der Track mit spitzigen Steinen
übersät, was dann auch zu unserem ersten platten Reifen in Australien führt.
Wir haben zwei Ersatzräder dabei, also kein Problem. Auch ist das nächste
Roadhouse, wo man den Reifen flicken kann, nur ein Katzensprung von etwa 150 km
entfernt. Dort zeigt sich aber, dass eine Reparatur nicht möglich ist – die
Beschädigung liegt an der Reifenflanke, ein kleiner Riss von ungefähr einem
Zentimeter. Als Ersatz bietet man uns einen schon ziemlich abgefahrenen Pneu an,
allerdings zu einem Preis, zu dem es in bewohnten Gebieten zwei fabrikneue geben
würde. Ja, im Outback ist alles ein bisschen teurer. Da bedanken wir uns
höflich und fahren weiter. Wir haben ja noch ein Ersatzrad. Zum Glück haben wir
dann keine weitere Panne mehr.
Die Piste führt weiter
entlang der ersten Telegrafenverbindung und der am Anfang erwähnten ersten
Eisenbahnlinie von Port Augusta nach Alice Springs. Für die neue Zugsverbindung
hat man eine andere Linienführung gewählt. Die alte Bahntrasse ist noch gut
erkennbar, man hat zwar die Geleise abmontiert, doch immer noch liegen die
Schwellen herum und einsame Brücken stehen teilweise eingestürzt in der
Landschaft. Weitere Überbleibsel sind einige Quellen, die man damals für die
Wasserversorgung der Dampflokomotiven bohren musste. Heute versorgen sie die
Reisenden mit Wasser und in einigen kann man sogar im warmen Nass aus dem Erdinneren
baden. Obwohl sich hier die Wüste ausbreitet, ist eigentlich eine riesige Menge
Wasser vorhanden. Allerdings nicht an der Oberfläche, sondern sehr tief im
Untergrund. Dort befindet sich das Grosse Artesische Becken, ein unterirdisches
Speicherbecken, das nur an wenigen Stellen angezapft wird. An der Oberfläche breitet
sich ein anderer See aus, der Lake Eyre. Die meiste Zeit ist er allerdings ohne
Wasser – als riesige, blendend weisse Fläche aus Salz erstreckt sich bis zum
Horizont. Er ist der sechstgrösste See der Welt.
Wir besuchen noch
die Nationalparks Gammon Ranges und Flinders Ranges, dort haben uns die
Gelbfusskänguruhs am besten gefallen.
Sie können unglaublich in den Felsen
klettern. Dann ist das Outback schon wieder hinter uns, unendliche
Getreidefelder begleiten uns links und rechts der Strasse, bis wir bei Morgan
den Murray River erreichen. Der Murray River mit einer Länge von 2700 km ist
eine Ausnahmeerscheinung in Australien. Der schmale Streifen entlang des
Flusses zählt dank dem ständigen Sonnenschein und den ausgeklügelten
Bewässerungsanlagen zu den produktivsten Gegenden für die Landwirtschaft.
Das
satte Grün der Obstplantagen und Weinberge wirkt auf uns, nach der trockenen
Einöde des Outbacks, fast surreal. Früher war der Fluss der einzige Verkehrsweg
in dieser Gegend. Hunderte von Schaufelraddampfer brachten Versorgungsgüter ins
Landesinnere und die Erzeugnisse der Farmen, hauptsächlich Schafwolle, zu den
Häfen an der Küste. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn und neuen Strassen ist der
Schiffstransport zum Erliegen gekommen. Nur noch wenige dieser Dampfer fahren
auf dem Fluss und sie befördern Touristen. Auch wir sind an Bord eines solchen,
noch mit Holz beheizten, Schaufelraddampfers unterwegs und können für ein paar
Stunden nachfühlen, wie es damals war, in den guten alten Zeiten.
„Jetzt aber noch
einmal ins Outback, bevor wir endgültig zur Küste fahren“, haben wir uns in
Mildura gesagt und sind zum Mungo Nationalpark gefahren. Dieser Park gehört zum
Weltkulturerbe der UNESCO. Der Grund dafür sind die ältesten erhaltenen
Menschenfussabdrücke überhaupt. Damals, vor etwa 60‘000 Jahren, ist eine
Menschengruppe über frischen Lehm gelaufen. Der Lehm trocknete aus und der Wind
bedeckte die Spuren mit dem Sand der Wanderdünen. Erst unlängst gab der Sand sie
wieder frei und die Wissenschaftler konnten sie datieren. Die Fussabdrücke kann
man leider nicht besichtigen, denn sie sind sehr fragil und die Erosion würde
sie in ein paar Jahren vollkommen zerstören. Darum hat man sie wieder mit Sand
bedeckt, bis es eine verlässliche Konservierungsmethode gibt. Aber wegen diesen
Fussabdrücken sind wir nicht die 120 km jämmerliche Staubpiste gefahren, sondern
wegen den Wanderdünen, der Landschaft aus ausgetrockneten Seen und der
Tierwelt. Das bekannteste Wahrzeichen des Parks sind die „Walls of China“, spektakulär
vielfarbige, durch Wind und Wetter geschliffene Sanddünen. Wir können noch
einmal die Abgeschiedenheit des Outbacks und den nächtlichen Himmel mit
Abermillionen von Sternen geniessen. Und natürlich auch die Hitze - samt den
lästigen Fliegen.
Wie der Titel es
andeutet – es geht nun zur Küste nach Melbourne und dann mit der Fähre nach
Tasmanien. Der Weg ist aber noch lang. Unterwegs besuchen wir wieder einige
Nationalparks, unter welchen der Grampians Nationalpark besonders hervorzuheben
ist. Aus der Ebene erheben sich plötzlich schroffe Berge, Wasserfälle stürzen
sich von den Felsen, Schluchten und Felsenlandschaften laden zum Wandern ein. Nach
über fünf Monate in Australien entdecken wir immer wieder Neues, seien es
Landschaftsformen, grüne Wiesen mit fast Hundert weidenden Känguruhs oder ein
Eulenpaar auf einen Baum.
Unser letztes
Ziel vor Melbourne heisst Ballarat. Hier hat man im Jahr 1851 grosse
Goldvorkommen entdeckt, was einen immensen Goldrausch zu Folge hatte. Nun sind
die Goldadern längst erschöpft und die Stadt lebt von und mit dieser grossen
Vergangenheit. Viele prächtige Bauten aus dieser Zeit sind im Stadtzentrum zu
bewundern und auf dem Sovereign Hill hat man eine Goldgräberstadt nachgebaut,
in der das Leben von damals zelebriert wird. Die Angestellten tragen Kleider
aus dieser Zeit, eine Pferdekutsche fährt die Hauptstrasse hoch, verschiedene
Handwerker zeigen ihre Fertigkeiten, englische Kolonialsoldaten marschieren auf
und feuern mit ihren Vorderladern in die Luft. In den Bergwerken arbeiten
zischende Originaldampfmaschinen. Die Wohnhäuser sind liebevoll mit
viktorianischen Möbeln ausgestattet. Es ist eine Mischung aus Museum und
Vergnügungspark. Die Touristen freut es, nachdem sie den teuren Eintrittspreis
verschmerzt haben. Essen kann man dort natürlich auch. Es entzieht sich unserer
Kenntnis, ob das Menü auch den Gerichten von damals genau entspricht, eines
wissen wir aber mit Sicherheit – die Preise, die sind von heute.
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