Samstag, 14. Juli 2012

Tagebuch einer Verschiffung II und ein Nachruf


Wie versprochen der zweite Teil unseres Tagebuches aus Kolkata.

11.07. Mittwoch: Wir laufen in der Umgebung des New Markets. Es macht aber keinen Spass, überall sieht es gleich aus, Dreck, Elend, viel zu viele Menschen, chaotischer Verkehr. Am Nachmittag gehen wir wieder zur Agentur. Die Ladenbesitzer unterwegs kennen uns schon und grüssen und freundlich. Wir bringen die zweite Rate der Anzahlung – wegen dem Limit am Bankomaten können wir täglich nur eine bestimmte Summe beziehen. Dabei erfahren wir, dass das Schiff zwei Tage Verspätung hat. Das hebt unsere Stimmung naturgemäss nicht wirklich.

12.07 Donnerstag: Heute wäre der letzte Tag, an welchem wir den Abflug nach Malaysia noch verschieben könnten. Darum gehen wir wieder zur Agentur um nachzufragen, ob wirklich alles klappt. Die Antwort ist positiv. Ich bin aber sehr skeptisch, denn wir haben drei Monate Indienerfahrung. Später besuchen wir den Botanischen Garten auf der anderen Seite des Flusses. Leider regnet es fast die ganze Zeit. Das grösste Abenteuer ist die Fahrt zurück mit dem öffentlichen Bus.

13.07. Freitag: Der Tag der Wahrheit! Aber zuerst besuchen wir das „Mutter Teresa Haus“. Hier hat Mutter Teresa mit anderen Ordnerschwestern gelebt und ist nun auch hier begraben. Ein Museum ist ihrem Leben und ihrem Werk gewidmet. Es ist sehr eindrucksvoll was diese zierliche Frau geleistet hat. Nur frage ich mich, wie könnte es denn hier aussehen ohne ihr unermüdliches Engagement? Gibt es denn noch eine Steigerung von dem, was wir hier tagtäglich auf der Strasse antreffen? Es ist für uns kaum vorstellbar. Doch wie man die Situation der 1,5 Millionen Menschen in den Slums und in den Strassen Kakotas verändern könnte, dafür haben wir auch kein Rezept und diese Hilflosigkeit schlägt uns aufs Gemüt.

Am Nachmittag geht es wieder einmal mehr zur Agentur. Zwar müssen wir über eine Stunde warten aber dann endlich halten wir alle Dokumente in der Hand. Das Carnet mit dem wichtigen Ausreisestempel und die „Bill of Lading“ im Original. Dieses Dokument ist enorm wichtig, ohne das Papier würden wir den Container mit dem Brummi in Malaysia nicht freibekommen. Wir sind sehr erleichtert, offerieren der ganzen Belegschaft eine Schachtel  indischer Süssigkeiten und verabschieden uns. Falls jemand die Verschiffung von Kolkata aus wagen möchte, können wir diese Agentur „Nilja Shipping“ empfehlen, obwohl auch hier einige Fehler passiert sind. Doch soll es bei anderen Agenturen weit schlimmer sein, wie wir von anderen Reisenden wissen. Leider kann ich dieses Ereignis nicht mit einem Bier feiern, Alkohol gibt es in Kolkata nur in den sehr teuren Restaurants und Bars.

14. 07. Samstag: Genau vor 14 Tagen sind wir in Kolkata angekommen. Heute Abend fliegen wir weiter nach Malaysia. Hoffentlich wird es dort etwas einfacher, das Auto aus dem Hafen zu bringen. Wir werden sehen und berichten. Weil das Schiff zuerst den Hafen von Singapur anläuft dauert die Fahrt nach Malaysia 9 Tage.


Ein Nachruf

Das Abenteuer Indien liegt (fast) hinter uns. Wir haben viel gesehen und erlebt, wir haben in der Hitze Rajastans und der Kälte der hochgelegenen Gebiete Ladakhs gelitten. Wir haben viele Menschen verschiedener Religionen getroffen  und die Probleme Indiens (ein bisschen) näher kennengelernt. Vor allem die Bevölkerungszunahme betrachten wir als die  grösste Herausforderung der Zukunft für das Land. Am meisten hat uns der chaotische und gefährliche Verkehr auf der Strassen zu schaffen gemacht. Wir sind sehr froh, dass wir so viel Glück hatten und ihn ohne Unfälle gemeistert haben. Denn eine Versicherung hat hier niemand – wir auch nicht. Der einzige Schaden war der kaputte Spiegel, aber das war meine eigene Schuld.

Es gibt ein Sprichwort: Indien kann man lieben oder hassen. Wir haben beide Pole kennengelernt. Es war eine aufregende, anstrengende und nachhaltige Erfahrung – aber sie noch einmal machen möchten wir eigentlich in diesem Leben nicht mehr. 

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