Um von Indien nach Südostasien zu gelangen gibt es zurzeit
auf dem Landweg keine Möglichkeit. Uns bleibt als letzte Variante, von Kolkata
aus nach Malaysia zu verschiffen. Und Verschiffen heisst, das Auto in einen Container zu verladen und wir selber müssen
fliegen. Um das unglaublich undurchschaubare Vorgehen etwas anschaulicher zu
machen werde ich es in Form eines Tagebuches schildern.
30.06. Samstag: Wir
erreichen Kolkata am frühen Nachmittag. Chaotischer Verkehr, aber es sind die
letzten Kilometer in Indien, tröste ich mich. Die Suche nach einem Hotel
beginnt. Das Guest House, das uns Jan empfohlen hat, verfügt nur über einen
kleinen Parkplatz, sie erlauben uns nicht dort unser Auto abzustellen. Also
weitersuchen, denn wir wollen den Brummi nicht auf der Strasse parkieren. Nach
der erfolgreichen Suche gehen wir spät essen und dann ist relaxen angesagt. Das
Hotel heisst „Dee Empresa“, ist nicht gerade billig, aber sehr sauber und hat
Wi-Fi, das werden wir in den nächsten Tagen unbedingt brauchen
.
01.07. Sonntag: Heute
ist alles geschlossen, wir verbringen die Zeit mit Stadtbesichtigung.
Sehenswert ist nicht viel in dieser Stadt und die Entfernungen sind gross. Am
meisten gefällt uns das Victoria Memorial, ein Gebäude aus weissem Marmor, noch
aus der Kolonialzeit.
02.07. Montag: Es geht
los. Wir haben einige Adressen, die klappern wir ab und lernen eine Menge
dabei. Es gibt 20 und 40 Fuss (Länge) Container, dann noch HQ, open top and
flat rack Container. Bald stellt sich heraus, dass wir wegen der Höhe unseres
Autos einen HQ Container brauchen, Und diesen gibt es in Indien nur als 40 Fuss
Container. Heisst, die Angelegenheit wird recht teuer. Übrigens macht uns
keiner der Agenten einen Kostenvoranschlag. Angeblich setzt sich der Preis aus
vielen Komponenten zusammen, die zuerst abgeklärt werden müssen.
Heute hat es angefangen zu regnen. Auch die Temperatur ist
um einiges tiefer. Wir haben den Monsun, der übrigens schon
zwei Wochen Verspätung hat, nach Kolkata gebracht.
03.07. Dienstag: Noch
einmal kontaktieren wir die gestern angesprochenen Agenturen. Wir werden auf
Nachmittag vertröstet, dann auf Morgen. Inzwischen passiert etwas Unerwartetes.
Ich will meinen Augen nicht trauen als ich in der Nähe von unserem Hotel einen
VW Bus mit französischen Kennzeichen auf der Strasse sehe. Wir lassen dort
einen Zettel, bis am Abend meldet sich niemand.
04.07. Mittwoch: Der
Franzose meldet sich. Er will sein Auto auch verschiffen und ist bereits in
Verhandlungen mit einer Agentur. Da wir ja den 40 Fuss Container brauchen in welchen
zwei Autos Platz haben, beschliessen wir zusammen zu spannen. Die Agentur macht
uns einen interessanten Preis. Wir werden noch in andere Büros gefahren, viele
Formulare werden ausgefüllt und unterschrieben. Es scheint wir haben Glück. Der
einzige Wermutstropfen ist, dass das Schiff erst am 13. Juli ablegt.
05.07. Donnerstag: Der
erste grosse Dämpfer. Die Agentur teilt uns mit, dass es aus administrativen (rechtlichen?)
Gründen nicht möglich ist zwei Autos von verschiedenen Besitzern in einen
Container zu laden. Indische Gesetze und Vorschriften folgen einer anderen
Logik. Der Traum vom günstigen Preis schwindet dahin, wir müssen den 40 Fuss
alleine berappen. Es sind USD 1700, alle Gebühren auf der indischen Seite sollen
in diesem Preis enthalten sein. Auch buchen wir den Flug nach Kuala Lumpur für den
14.07., denn eine Flugbestätigung will die Schiffsagentur auch noch von uns.
06.07. Freitag: Der
zweite Dämpfer. Das, was wir von anderen Overländern immer wieder gehört haben,
nämlich, dass die Zöllner in Kolkata sehr korrupt sind, bewahrheitet sich. Ob
das die Agentur gewusst oder erst jetzt erfahren hat, bleibt fraglich. Mit dem
Schmiergeld sind die Zöllner gar nicht kleinlich. Gut USD 450 verlangen sie für
ihre Diente – eigentlich nur einen Stempel im „Carnet de Passage“, ein Dienst,
der bei der Ausreise an einer Landesgrenze noch nie etwas gekostet hat. Das
sind in Indien mehr als zwei Monatslöhne eines Facharbeiters. Wir ärgern uns
grün und blau. Das Schlimmste daran – wir können dagegen nichts machen, denn
der Seeweg ist die einzige Möglichkeit unser Auto aus dem Land zu bringen. Als
Alternative käme nur die Ausreise nach Pakistan in Frage und das ist uns zu
gefährlich. Das alles wissen die Zöllner natürlich und so können sie ihre
Forderungen in die Höhe schrauben.
07.07. Samstag: Heute
sind wir genau eine Woche hier. Zuerst scheint nicht viel zu passieren, dann
bekommen wir die Nachricht, dass heute das Auto verladen wird. Mit den Leuten
von der Agentur fahren wir etwa eine halbe Stunde zum Hafen. Der Container
steht bereit. Wir haben grosse Bedenken, ob wir hineinfahren können, denn die
Agentur hat mit der Gesamthöhe des Containers gerechnet, aber nicht bedacht,
dass der Rahmen für das Einfahrtstor einiges niedriger ist. Ich montiere die
Dachluke ab um ein paar Zentimeter zu gewinnen, dann machen wir den ersten,
vorsichtigen Versuch. Weitere Massnahmen wären die Luft aus den Reifen
rauszulassen. Doch es klappt, der Brummi steht in dem grossen Container
ziemlich verloren. Wir lernen als weiteres Wort „lashing“ kennen. Drei Arbeiter
mit einem Aufseher kommen um das Auto im Container mit dicken Stahlseilen
festzuschnüren. Denn ein Container kann auf dem Schiff selber oder beim
Verladen an den Kranseilen bedenklich schwanken. Ich will mir nicht auszumalen
wie es ausgehen würde, wenn dabei das Auto anfangen würde im Container hin und
her zu rollen. Die Arbeit zieht sich bis in die späten Abendstunden. Nur das
vorgesehene Benzinabpumpen wurde „vergessen“, wir reklamieren nicht, denn wir
haben den Tank fast halb voll. Der letzte Blick und ein Foto, dann wird die
schwere Containertüre geschlossen und versiegelt. Ob wir den treuen Brummi je
wiedersehen? Am Montag soll der Container in den Hafen zur Zollinspektion
gefahren und dann am 12. Juli auf das Schiff verladen werden. Wenn es alles
klappt… Der Weg zurück in die Stadt gestaltet sich sehr schwierig, denn in der
Hafennähe ist zu dieser Stunde kein Taxi aufzutreiben.
08.07. Sonntag: Da
heute nicht gearbeitet wird hoffen wir auf einen ruhigen Tag. Wir machen
Tempelbesichtigungen und eine Bootsfahrt auf dem Ganges.
09.07. Montag: Zuerst
fahren wir zum thailändischen Konsulat für das Visa, denn an der Grenze gibt es
nur eine Bewilligung für 15 Tage. Beim Mittagessen lernen wir eine Gruppe
junger Mädchen aus Spanien kennen. Sie sind für einen Monat hier um
Freiwilligenarbeit im „Mutter Theresa Haus“ zu machen. Nachmittag wieder Besuch
bei der Agentur. Wir bekommen die Rechnung und gleichzeitig sollen wir eine
Unbedenklichkeitsbestätigung des Automobilclubs von Indien vorlegen. Dieser
Klub hat wirklich mit uns nicht zu tun, so lehnen wir ab.
10.07. Dienstag: Wir
holen die Pässe beim thailändischen Konsulat ab. Wenigstens etwas hat geklappt.
Allerdings bringt der Taxifahrer es fertig 146 Rupien auf den Taxameter zu
fahren, wo es normalweise um die 90 Rupien kostet. Bei der Rückfahrt machen wir
einen Fixpreis von 100 Rupien ab. Beim Hotel sind auf dem Taxameter allerdings
nur 55 Rupien. Kaum im Hotel kommt den Anruf von der Agentur, wir sollen die
Pässe bringen, der Zoll will die Originale mit den Kopien vergleichen. Es
scheint, die Beamten nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Kaum haben wir das erledigt
und sind wieder im Hotel, folgt der nächsten Anruf von der Agentur. Wir müssen
dringend in den Hafen fahren, denn die Leute können die Chassis- und
Motornummer nicht finden. Also ab mit dem Taxi zum Hafen. Ein grosses Problem
stellt sich uns in den Weg. Es ist in Indien Ausländern nicht erlaubt einen
Hafen zu betreten. Also muss eine Spezialbewilligung her. Das braucht seine
Zeit und längere Diskussionen, immer höhere Chefs werden geholt. Dann dürfen
wir das Gelände betreten. Interessanterweise braucht Romy aber keine
Bewilligung, sie kann einfach mitkommen. Der Container wird geöffnet und ich sehe
den Brummi wieder – so schnell habe ich es wirklich nicht erwartet. Nach dem
Vergleichen der beiden Nummern dürfen wir wieder gehen. Noch ist das Auto nicht
durch den Zoll und bis es auf dem Schiff ist kann noch viel passieren. Die
Fortsetzung dieser Story folgt sicher am nächsten Tag. Mehr davon im Teil II.
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