So sicher, wie uns die Einheimischen weismachen wollten, ist Kaschmir wohl doch noch nicht. In der Nacht hören wir einzelne Gewehrschüsse. Wir hoffen nur, dass keine Kugel sich auf unser Hausboot verirrt. Doch bei etwa 1200 Booten auf dem Dal-See ist die Wahrscheinlichkeit relativ klein. Zwei Tage später lesen wir in einer indischen Zeitung, dass in einer Stadt nördlich von Srinagar von den, wie sie hier bezeichnet werden, „antinationalistischen Elementen“, eine Polizeistation angegriffen wurde und es mehrere verletzte Polizisten gab. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlassen wir Srinagar und fahren Richtung Ladakh.
Das Lachen vergeht uns aber schnell. Denn die Strasse hat es in sich, es geht über einen 3507 Meter hohen Pass. An dieser ersten Bergkette des Himalajas fangen sich die Wolken ab und entladen sich im Winter (und manchmal sogar im Sommer) als Schnee. Durch die meterhohen Schneewächten hat die Armee tiefe Schneisen ausgebaggert. In grossen Bächen rinnt das Schmelzwasser über die Strasse und sucht sich den Weg in tiefen Schluchten. Vom Strassenbelag ist nicht viel übrig geblieben. Das alles ginge noch, wenn es nicht den dichten LKW-Verkehr gäbe.
Denn diese Strasse ist der Hauptversorgungsweg für ganz Ladakh. Da die Strecke nur im Sommer für vier Monate geöffnet ist, muss man in dieser kurzen Zeit alle Waren, Lebensmittel und Treibstoff, die Ladakh braucht, hinaufbringen. Einen grossen Teil davon braucht das Militär, das hier oben stationiert ist. Die Grenze zu Pakistan und China ist nicht weit entfernt und umstritten, so markiert man starke Präsenz - ungeachtet der grossen Kosten. Langsam, mit vielen Stopps schiebt sich die schier unendliche Lastwagenkolone den Berg hoch. An einem Tag in die eine, am anderen Tag in die Gegenrichtung, denn das Kreuzen oder Überholen ist praktisch unmöglich. Auf einer Strassenseite geht es senkrecht mehrer hundert Meter hinunter, an der anderen eben so viel Meter hoch. Und in der Mitte davon - gefangen - unserer kleiner Brummi.
In Kargil, einer Stadt auf halben Weg zwischen Srinagar und Leh, biegen wir von dieser Horrorstrasse ab. Wir möchten Zanskar besuchen, eine Distrikt von Ladakh, der noch vor nicht allzu langer Zeit nur zu Fuss oder auf Pferderücken erreichbar war. Nun hat man eine Verbindungspiste zwischen Kargil und Padum, dem grössten Ort in Zanskar, gebaut. Zuerst geht es ganz gemütlich durch das Suru Tal. Das aus den Bergen kommende Schmelzwasser wird zur Bewässerung der Felder genutzt. Hier, in ca. die 3500 Meter Höhe, wird vor allem Gerste angebaut. Die Felder bilden grüne Oasen in der Sand- und Geröllwüste. In diesem Tal leben vorwiegend schiitischen Moslems, die Bilder der Ajatollahs grüssen uns in den Dörfern.
Dann steigt die ruppige Piste zu einem 4458 Meter hohen Pass an. Hohe, verschneite Berge, Gletscher zum Greifen nah, ein stahlblauer Himmel, bilden Das Panorama. Dicke Murmeltiere huschen über die Piste und zeigen kaum Scheu. Wir haben einen prächtigen Tag erwischt. Und dann geschieht die Wandlung – der erste Chörten taucht auf. Dieser Pass, Penzi La, ist die Grenze zu Zanskar.
Zanskar ist vorwiegend buddhistisch und wir glauben wieder in Tibet zu sein. Die Kleidung der Menschen, Mönche, Häuser, flatternde Gebetsfahnen, Yaks, das alles erinnert uns daran. Padum ist das Verwaltungszentrum mit etwa 700 Bewohnern und besteht aus kaum 200 Häusern, teils sehr schön im tibetischen Stil, teils mit hässlichen Wellblechdächern. Diese Stadt ist acht Monate im Jahr durch die Schneemassen von der Aussenwelt abgeschnitten und darum wirkt hier alles ein wenig provisorisch, so auch die Treibstoffversorgung. Gerade ist das Benzin ausgegangen und das wird zum Problem für uns. Der Rest in unserem Tank reicht nicht aus, um zurück nach Kargil zu kommen. Wann der Nachschub kommt ist ungewiss, es kann Übermorgen sein, oder vielleicht in einer Woche.
Zum Glück finden wir nach langem Suchen einen Hinterhof, wo wir unter abenteuerlichen Umständen 30 Liter tanken können. Es gibt nicht viel in diesem vergessenen Ort, doch ein Internetcafé zeigt den Fortschritt. Gerade als wir die erste E-Mail lesen wollen, bricht die Stromversorgung im ganzen Ort zusammen.
Zanskar ist vorwiegend buddhistisch und wir glauben wieder in Tibet zu sein. Die Kleidung der Menschen, Mönche, Häuser, flatternde Gebetsfahnen, Yaks, das alles erinnert uns daran. Padum ist das Verwaltungszentrum mit etwa 700 Bewohnern und besteht aus kaum 200 Häusern, teils sehr schön im tibetischen Stil, teils mit hässlichen Wellblechdächern. Diese Stadt ist acht Monate im Jahr durch die Schneemassen von der Aussenwelt abgeschnitten und darum wirkt hier alles ein wenig provisorisch, so auch die Treibstoffversorgung. Gerade ist das Benzin ausgegangen und das wird zum Problem für uns. Der Rest in unserem Tank reicht nicht aus, um zurück nach Kargil zu kommen. Wann der Nachschub kommt ist ungewiss, es kann Übermorgen sein, oder vielleicht in einer Woche.
Zum Glück finden wir nach langem Suchen einen Hinterhof, wo wir unter abenteuerlichen Umständen 30 Liter tanken können. Es gibt nicht viel in diesem vergessenen Ort, doch ein Internetcafé zeigt den Fortschritt. Gerade als wir die erste E-Mail lesen wollen, bricht die Stromversorgung im ganzen Ort zusammen.
Am Nächsten Tag besuchen wir Karsha, das vielleicht schönste Kloster in Zanskar. Wie ein Adlernest klebt es an einer Felswand. Es gilt viele Stufen hoch zu steigen, dabei merken wir bei der Höhe von 3600 Meter schnell, dass wir noch nicht genug akklimatisiert sind. Im Kloster leben etwa 80 Mönche und es gibt auch kleine Buben als Novizen. Wir besichtigen den Haupttempel mit vielen Statuen des tibetischen Buddhismus als wir einen tiefen Ton hören, den ein Mönch mittels einer riesigen Muschel erzeugt. Was wir zuerst als Beginn einer Zeremonie deuten, entpuppt sich als das Signal für das Mittagessen. Von überall strömen die Mönche in den Klosterhof. Blechteller werden verteilt und darauf schöpfen die Küchenhelfer eine reichhaltige Mahlzeit, bestehend aus Reis, verschiedenen Gemüse- und Kartoffelgerichten und sogar ein kleines Stück Fleisch gibt es. Auch die anwesenden Pilger werden verköstigt und dazu gehören scheinbar auch wir. So müssen wir lernen, wie man mit den Händen isst – Gabel oder Löffel gibt es im ganzen Kloster keine. Das Essen schmeckt ausgezeichnet und so nehmen wir diese Tischsitten in Kauf.
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