Der nächste Tag ist viel besser. Zuerst erreicht uns die Nachricht, dass Johanna und Fabian in Lhasa sind. Für uns bedeutet das, dass wir die schlechte Piste nicht noch einmal zurück fahren müssen. So können wir das Kloster in Ruhe besichtigen. Romy mit dem Guide das Innere, wo gerade eine eindrückliche Zeremonie stattfindet, ich besteige einen Hügel in der Umgebung, um das Kloster von oben fotografieren zu können. Die ganze Klosteranlage ist in Form eines übergrossen Mandalas gebaut und das kann man nur von oben sehen.
Der nächste Höhenpunkt ist das Mt. Everest Base Camp. Der Tag beginnt mit Regen, der, je höher wir kommen, in Schnee übergeht. Ich habe schon zur Genüge über schlechte Pisten und Strassen gejammert, aber diese gehört wirklich zu der allerschlechtesten Sorte. Es geht über einen 5100 hohen Pass, dann schneit es und Schneematsch verdeckt die Löcher. Die Sichtweite beträgt an die 300 Meter. Ich murmle nur: „Das war keine gute Idee“, denn man fährt ja hierher um den Mt. Everest zu sehen? Sehen kann man aber nur tief hängende Schneewolken.
Am nächsten Morgen ist der Schneematsch hart gefroren, die Busfenster von Innen mit einer dicken Eisschicht überzogen. Draussen aber scheit die Sonne und der Mt. Everest zeigt sich in voller Pracht - ohne eine einzige Wolke. Die letzten 8 km bis zum Base Camp sind für Fahrzeuge gesperrt, nur ein Shuttlebus fährt dorthin. Heute aber verkehrt er wegen der dicken Schneeschicht und vereisten Strasse nicht. Also laufen wir durch den frisch gefallenen Schnee. Im Sonnenschein stehen wir auf einem Hügel oberhalb des Kamps, wir vier, inzwischen verstehen wir uns ganz gut, und bewundern die weisse Pracht vor unseren Augen. Wir sind hier alleine, weiter darf kein Tourist gehen. Stille rund um uns, nur die Gebetsfahnen flattern in der klaren Luft. Der Berg steht wie ein König aus Eis vor uns und scheint gar nicht so uneinnehmbar. Sind wir Glückspilze, so ein Augenblick kommt hier nur ganz selten vor…
Auf der Weiterfahrt nehmen wir eine Abkürzung. Es war uns schon klar, dass eine Abkürzung selten besser ist als der Hauptweg. So ist es auch hier. Um es kurz zu machen – der blaue Bus bleibt im Schlamm stecken und als ich ihn rausziehen will grabe ich mich auch noch ein. Wir sind 5000 Meter hoch, jede körperliche Anstrengung bereitet Mühe und Atemnot. Wie kriegen wir die Autos wieder heraus? Ich sehe unseren Guide verzweifelt in Stille zu allen Schutzgottheiten Tibets beten. Und wirklich, sein Gebet wird bald erhört. Die Hilfe kommt in Gestalt eines Toyota Landcruisers mit chinesischen Touristen (welche Ironie des Schicksals). Es dauert nicht lange und unsere Fahrzeuge stehen wieder auf festen Boden. Die ganze Aktion wird durch klicken der Kameras der chinesischen Touristen begleitet, denn eine solche zusätzliche Attraktion erleben sie nicht jeden Tag. Wahrscheinlich sind wir schon morgen in einem chinesischen Facebook, falls es so etwas gibt. Sie sind glücklich uns geholfen zu haben, wir sind glücklich, auf sicherem Boden zu stehen. Freundlich dankend verabschieden wir uns gegenseitig. So festigt man die Freundschaft zwischen den Völkern! Die Weiterfahrt bringt noch ein paar „Problemchen“ aber wir schaffen es und sind stolz bis zum unserem heutigen Ziel gekommen zu sein.
Der vorletzte Tag in Tibet. Viele Fragen sind noch offen. Schafft es Christine die Pumpe rechtzeitig einzubauen und hierher, nach Zhagmu, dem Grenzort zu Nepal, zu kommen, damit wir morgen gemeinsam ausreisen können? Müssen wir vielleicht in diesem gottverlassenen Ort tagelang auf sie warten? Eins ist gewiss – Fortsetzung folgt.
1 Kommentar:
Toll! Ich lese Euren Bericht sehr gerne und bin froh, dass der VW so wacker durchhält.
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