Endlich ist das Auto startbereit. Wir gönnen uns noch einen Himalaja-Rundflug, bevor wir Katmandu verlassen. Die drei Overländer, die im Moment beim Hotel Vajra Station machen, winken uns zum Abschied. Alle kommen gerade aus Indien und wissen, was uns dort erwartet, nämlich Hitze, Mücken, hektischer Verkehr, einfach lauter unangenehme Dinge. Aber davon wird später sicher noch die Rede sein.Zum Glück ist der Verkehr heute mässig, die Gewerkschaften haben zu einem Streik aufgerufen. Das kommt uns für das Angewöhnen an die hiesigen Verhältnisse wie gerufen. Möglichts schnell verlassen wir die Stadt. Später nehmen wir die Strasse Richtung Indien, die als erste Strasse überhaupt nach Katmandu gebaut wurde – es war etwa vor 60 Jahren. Vorher war Katmandu über Land nicht erreichbar. Sie wird heute vom Schwerverkehr gemieden, da sie unzählige Kurven aufweist und über zwei hohe Pässe führt. Dort oben übernachten wir, es wird die letzte Nacht mit angenehmer Temperatur sein. Landschaftlich ist diese Strecke sehr schön und das ist es, was wir suchen.
Unser nächstes Ziel ist Hetauda. Nicht dass es in dieser Bezirksstadt etwas Sehenswertes. geben würde. Wir fahren dorthin, weil die Hilfsorganisation PLAN International dort ihr regionales Büro hat. Meine Schwester unterhält bei dieser Organisation eine Patenschaft und ihr Patenkind Sunisha wohnt hier in einem Bergdorf. Im PLAN-Büro werden wir herzlich begrüsst und mit dem Besuchsprogramm bekannt gemacht. Wir bekommen einen Dolmetscher und später kommt noch der zuständige Gebietskoordinator dazu. Zuerst fahren wir etwa eine halbe Stunde mit dem Geländewagen, dann ist die Strasse zu Ende.
Sunishas Vater erwartet uns schon und wir werden auf nepalesische Art begrüsst – wir bekommen einen Blumenkranz und ein Schleife um den Hals und einen roten Punkt auf die Stirn. Nun folgt ein steiler Anstieg zum Dorf, natürlich in der vollen Mittagshitze ohne Schatten. Wir sind ja noch an die Kälte in der Schweiz gewöhnt und es fällt uns sehr schwer, die neuen Temperaturen zu ertragen. Den berggewöhnten Nepalis kommen wir kaum nach. Wir schnaufen wie zwei Dampflokomotiven, der rote Punkt auf der Stirn zerfliesst in unserem Schweiss. So geht es eine ganze Stunde steil den Berg hinauf, ich bewundere Romy, die tapfer mithält. Zuerst kommen wir bei der Dorfschule an, die auch von PLAN mitgebaut wurde. Es ist ein Anliegen dieser Organisation, dass die Dorfbewohner sich am Bau beteiligen, denn dann ist es ihre Schule und nicht eine von Fremden erbaute. Das kleine Gebäude hat drei Klassenzimmer. Sunisha wird gerufen. Sie ist ein kleines, hübsches Mädchen von etwa 9 Jahren, allerdings sehr scheu, wie auch alle anderen Kinder in ihrer Klasse. Denn in diese Gegend kommen garantiert keine Touristen. Für die Schule haben wir Hefte und Farbstiften mitgebracht, denn es fehlt hier an allem. Weitere zehn Minuten laufen wir alle zusammen zu Sunisha’s Elternhaus. Es hat nur ein Zimmer mit nacktem Erdboden, unter dem Dach hängen die Vorräte, gekocht wird draussen. Unser Begleiter Amil bemüht sich alle unsere Fragen zu beantworten. Sunishas‘ Mutter ist die zweite Frau ihres Vater, die erste ist vor vielen Jahren gestorben und die Kinder aus der ersten Ehe sind schon erwachsen. Sunisha hat noch einen Bruder, etwa 11 Jahre alt. Ich übergebe Sunisha die Geschenke von meiner Schwester. Sie freut sich sichtlich, sagt aber kein Wort. Nach einer kleinen Erfrischung, von Frauen des Hauses zubereitet, laufen wir zurück zur Strasse, was naturgemäss viel einfacher ist als umgekehrt.
Damit ist das Programm aber noch nicht beendet. Wir werden zum Mittagessen in einem lokalen Restaurant eingeladen und nachher wird uns eine Frauengruppe vorgestellt. Sie führen zusammen eine Bank, wohin sie ihre Ersparnisse bringen können. Nach einer gewissen Zeit können sie dann auch einen Kredit beanspruchen. Auch da werden wir herzlich begrüsst und unser Begleiter muss sein ganzes Können anwenden, um einerseits unsere Fragen zu diesem Projekt - bei uns als Mikrofinanzierung bekannt – und andererseits das Interesse der Frauen über unser Leben zu beantworten. Denn leider können die Frauen – obwohl eigentlich Bankfrauen – kein English. Am Ende des Tages will uns noch der Manager sehen. Im gepflegten Englisch erzählt er über die Programme von PLAN International, denn was wir gesehen haben ist nur ein kleiner Teil der Arbeit, die die Organisation in Nepal leistet.
Für diejenigen, die sich für diese Arbeit interessieren oder sogar auch eine Patenschaft abschliessen möchten, hier die Webseiten: www.plan-schweiz.ch und www.plan-deutschland.de
Zurück im PLAN-Büro werden wir zur Attraktion. Alle Angestellte kommen uns begrüssen und jeder hat eine Menge Fragen. Die grösste Aufmerksamkeit erntet natürlich der Brummi. Sie haben hier schon viele Besuche von Sponsoren gehabt, aber kein einziger ist bis jetzt mit dem eigenen Haus auf Rädern aus Europa gekommen. Wir dürfen auf ihrem Gelände übernachten und am Morgen geht das Ausfragen und Fotografieren weiter - bis wir schliesslich mit Ehren verabschiedet werden.
Nicht weit von Hetauda liegt der Chitwan Nationalpark, unser nächstes Ziel. Er ist vor allem wegen seinen Panzernashörnern bekannt, die hier in einer geschützten Umgebung leben. Wir sind gespannt ob wir sie zu sehen bekommen und buchen deshalb eine Elefantensafari. Unheimlich hoch sin diese Tiere und wir werden auf dem Rücken in einer Art Korb gehörig durchgeschaukelt. Kreuz und quer geht es durch Wald und Wiesen. Lange sehen wir nur das Unterholz und dann mit viel Glück ein paar Axishirsche. Schliesslich wird unsere Geduld belohnt – in einem Schlammloch suhlen sich gleich zwei Nashörner! Später besuchen wir eine Elefantenzuchtstation. Die Kühe sind mit dicken Ketten angebunden, aber die Elefantenbabies verschiedenen Alters tollen im Gelände herum und haben, wie es scheint, nur Dummheiten im Kopf. Bullen sehen wir keine – aber sie haben ihre Arbeit sichtlich gut gemacht. Den Tag schliessen wir bei einem Drink unten am Fluss ab. Die Sonne geht als feuerroter Ball langsam unter. Alles perfekt – wenn nur die Mücken uns nicht derart piesacken würden………
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