Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kommt der Landrover an. Christine hat es in nur zwei Tagen geschafft von Lhasa bis hierher zu fahren. Die neue Dieselpumpe arbeitet tadellos und die Gruppe ist wiedervereint. Das feiern wir mit dem letzten gemeinsamen Abendessen zusammen mit unserem Guide.
Am nächsten Morgen geht es die letzten acht Kilometer zur Grenze. Habe ich schon geschrieben, dass die Strasse vollkommen mit Lastwagen verstopft ist?!? So schaffen wir es nicht mehr vor der Mittagpause durch die Grenzabfertigung zu kommen. Das ist aber wirklich das letzte Hindernis auf unserem dornigen Weg durch Tibet. Nachdem die Beamten gestärkt sind, geht es sehr schnell, der Ausreisestempel ist im Pass und wir dürfen vorbei am salutierenden Grenzsoldaten über die Freundschaftsbrücke fahren. Doch Halt, in der Mitte der Brücke müssen wir die Strassenseite wechseln, in Nepal fährt man ja links! Die Formalitäten an der Grenze in Nepal sind erstaunlich einfach und schnell. Das Visum wird für 40 USD in den Pass geklebt, das Carnet für das Auto abgestempelt, fertig - wir dürfen weiterfahren.
Bald merken wir, dass wir nun in einem ganz anderen Land sind. Die Strasse ist durch viele Erdrutsche unterbrochen, die nur mühsam auf provisorischen Pisten zu umgehen sind. Während der langen Jahre des Bürgerkrieges mit den Maoisten hat die Regierung kein Geld in den Strassenunterhalt investiert, der Zustand spricht für sich. Es wird klar – heute erreichen wir Kathmandu nicht mehr, obwohl es von der Grenze nur 120 km sind. Am nächsten Tag ist es so weit.
Das Ziel liegt nach fünf Monaten und fast 24’000 km vor uns unter einer Smogglocke – Kathmandu, die Stadt von der schon Generationen von Hippies in den Sechziger und Siebziger Jahren geträumt haben. Auch ich stand 1973 schon da, die Stadt, die damals noch ein Dorf war vor meinen Augen.
Heute ist alles anders, die Stadt ist ein Moloch geworden, sie platzt aus allen Nähten, der Verkehr erstickt an sich selbst. Und ich mache einen entscheidenden Fehler. Ich gebe in das GPS Gerät die Adresse des Hotels ein, wo wir im Garten stehen wollen und lasse mich dorthin führen. Leider ist bekanntlich der direkte Weg nicht immer der Schnellste. So komme ich in die Altstadt, wo die Gassen kaum breiter als unser Auto sind. Ausserdem bekommt das GPS wegen den hohen Häusern bald keinen Satellitensignal mehr und ich stehe da, ohne zu wissen, wo ich mich befinde. Ein Zurück gibt es nicht, es gibt kein Platz, wo ich kehren könnte und rückwärts fahren ist auch unmöglich, es ist viel zu eng. Dann setze ich dem Ganzen noch die Krone auf, indem ich in eine nicht gekennzeichnete Einbahnstrasse einbiege. Auch sie ist so eng, dass ein Kreuzen nur an wenigen Stellen möglich ist. Wieder einmal rettet Romy die Situation, sie läuft jeweils etwa 200 Meter voraus und hält mit Körpereinsatz den Gegenverkehr an, damit ich die engen Passagen durchfahren kann. Mühsam bewegen wir uns vorwärts, heute sind wir die Attraktion von Kathmandu. Ich höre nur eine Bemerkung von vorbei gehenden Touristen: „Die sind aber mutig“. Mutig ist gut, eher dumm ist zutreffend. Aber irgendwie schaffen wir es nach Stunden wirklich bei dem Hotel anzukommen - mit der Erkenntnis, dass es nicht immer ratsam ist, sich auf die modernste Technik zu verlassen.
Noch ist unsere Gruppe zusammen aber bald trennen sich unsere Wege. Nuria fliegt nach Hause, Fabian und Johanna wechseln in ein Hotel, das dem Stadtleben näher ist. Und in Katmandu herrscht wirklich das Leben. Im Stadtteil Thamel gibt es alles, was die westlichen Touristen angeblich brauchen. Wir selber sind beschäftigt einen sicheren Platz für den Brummi zu finden. Dann buchen wir den Flug in die Schweiz. Wir werden dort Ferien von unserem Urlaub machen. Nun haben wir Zeit und Musse uns etwas zu erholen, die Sehenswürdigkeiten Kathmandus ausgiebig zu besichtigen und alle Annehmlichkeiten der Stadt, die von den meisten Overlandern als das gelobte Land gepriesen wird, zu geniessen.
1 Kommentar:
Gruß an Christine, freue mich, dass sie es geschafft hat!
Jürgen
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