Mittwoch, 13. August 2014

Inside Passage

Man muss ja nicht immer nur Autofahren. Um nach Alaska zu gelangen kann man auch das Schiff nehmen. Es ist möglich auf der berühmten „Inside Passage“, die als Traumziel vieler Kreuzfahrten gilt. Die Schiffspassage führt zwischen vorgelagerten Inseln hindurch und an der Küste entlang. Somit sind die Schiffe nicht den mächtigen Wellen des Pazifiks ausgesetzt und können in ruhigeren Gewässern fahren, was von den Passagieren geschätzt wird. Manchmal kommt es uns vor, als ob das Schiff auf einem Fluss fahren würde, denn die Küste ist sehr nahe. Die vielen Kreuzfahrtschiffe auf diese Route zeigen, dass diese Fahrt bei den Amerikanern sehr beliebt ist. Mit einigen Tausend Passagieren und allem erdenklichen Komfort gleichen manche Schiffe einer schwimmenden Stadt.

Wir wollen nicht so hoch hinaus und ausserdem haben wir den Brummi dabei, der auch mitkommen muss. Darum nehmen wir eine Fähre der staatlichen „Alaska Marine Highway“, die vor allem Einheimische transportiert. Sie legt an Orten an, die durch keine Strassen mit der übrigen Welt verbunden sind. Und solche Orte gibt es in Alaska viele. Es wird kein grosser Komfort und keine Unterhaltung am Bord geboten, dafür ist alles zweckmässig, einfach und sauber eingerichtet, dazu relativ günstig. Die Plätze auf der Fähre sind im Sommer schnell ausgebucht. Wir haben sie schon im Januar im Internet reserviert.

In Bellingham, in der äussersten Nordwestecke Washingstons, gehen wir an Bord. Wir haben eine (kleine) Kabine, denn die Überfahrt nach Whittier, dem Hafen von Anchorage, dauert fünf Tage. Einige, vor allem junge Leute, stellen auf dem Sonnendeck ihre Zelte auf, aber das wollen wir uns nicht zumuten. Unspektakulär verlässt das Schiff „Kennicott“ den Hafen.


Es ist uns ein Rätsel, wie sich der Kapitän in diesem Labyrinth von kleinen Inseln, alle mit Wald bewachsen, zurecht findet, denn für uns sehen sie alle gleich aus. Bald verlassen wir die Vereinigten Staaten, weiter geht es ein langes Stück durch die Gewässer von Kanada. Die Einheimischen werden gewarnt, nicht ihre Mobiltelefone zu benützen – die meisten haben keine Abonnemente für das Telefonieren im Ausland und somit würden ihnen hohe Kosten entstehen.


Von Vancouver sehen wir nur die Lichter, dann wird es am Ufern dunkel, nur die Leuchttürme blinzeln an den gefährlichen Stellen in regelmässigen Abständen. Die Fahrt am nächsten Tag verläuft ruhig. Die Sonne scheint und wir beobachten vom Deck aus die Natur. Ewig grüne Wälder ziehen an uns vorbei. Jedesmal gibt es eine grosse Aufregung wenn Wale oder Seelöwen gesichtet werden. Aber auch ein Weisskopfadler, auf einem Fels oder Baum sitzend, sorgt für Abwechslung. Mit Kameras bewaffnet stürzen sich viele an Deck.


Ab und steht am Ufer ein einsames Haus, nur auf dem Wasserweg oder mit einem Wasserflugzeug erreichbar. Ketchikan ist die erste Stadt in Alaska wo wir anlegen. Wir dürfen von Bord gehen und die Stadt besichtigen. Es gibt ein paar alte Häuser aus der Gründerzeit und viele Geschäfte mit Souvenirs für die Kreuzfahrtpassagiere. Ihre Schiffe liegen am Kai, sie überragen um vielfaches auch die höchsten Häuser der Stadt. Nach drei Stunden fährt unsere Fähre weiter, nachdem Fahrzeuge und Container aus- und umgeladen wurden.

Noch immer ist das Wetter schön. Die grüne Landschaft, auf den ersten Blick in ihrer Gesamtheit gleich und doch stets in den Einzelheiten verschieden, gleitet an uns vorüber
Wieder eine grosse Aufregung an Bord – etwa 25 Wale wurden gesichtet. Der Kapitän ändert den Kurs, leider nicht um näher an die Tiere zu kommen, sondern um ihnen weiträumig auszuweichen. Vor einem Monat ist nämlich das Schiff mit einem dieser streng geschützten Tiere zusammengestossen, was immer noch Gegenstand einer Untersuchung ist. Der nächste Hafen, den wir anlaufen, ist Juneau, die Hauptstadt von Alaska. Leider hat man hier den Fährhafen über 20 Kilometer weit weg von der Stadt gebaut. Den Hafen direkt in der Stadt dürfen nur die grossen Kreuzfahrtschiffe anlaufen.


So wird für uns eine Taxifahrt unumgänglich. Zum Glück kennt man mittlerweile einige der Mitreisenden und so können wir eine Fahrgemeinschaft bilden. Eine Seilbahn bringt die Touristen direkt vom Kai auf den Hausberg. Dort kann man die Aussicht auf die Berge, Gletscher und die Inselwelt der Inside Passage bewundern. Dafür reicht unsere Zeit leider nicht, wir müssen uns mit einem Stadtrundgang zufrieden geben. Auffallend ist die renovierte russisch-orthodoxe Kirche sowie das Parlamentsgebäude.

Der nächste Ort auf unserem Weg ist Yakutat, ein kleines Dorf am Ende eines Fjords. Zuerst ist nicht klar, ob wir überhaupt an Land gehen dürfen. Am Strand tummeln sich nämlich zwei Bären. Die herbeigerufene Polizei verscheucht sie mit einigen Schüssen in die Luft. Dann ist der Weg für uns frei, jedoch gibt es in diesem Ort beim besten Willen jetzt, wo die Bären verschwunden sind, nicht viel zu sehen.


Nach fünf Tagen und 2600 Kilometer auf dem Wasser darf auch der Brummi an Land. Wir sind in Whittier angekommen. Der Hafen ist mit dem übrigen Strassennetz Alaskas verbunden. Aber nicht direkt, sondern durch einen Eisenbahntunnel, der abwechslungsweise von Autos oder der Bahn benutzt wird. Natürlich hat der Zug immer Vortritt, so dass Warten angesagt ist. Aber nach fünf Tagen langsamer Fahrt übers Wasser stört uns das nicht. Alles ist gut, bis auf das Wetter, es nieselt, die Wolken hängen tief und alles ist grau in grau. Auf eine solche Begrüssung hätten wir gerne verzichtet.

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