Montag, 23. Oktober 2017

Zu Luft, zu Land und zu Wasser

Zuerst gehen wir in die Luft. In Maun fliegen wir über das Okavango Delta. Es ist ein besonderes Gefühl, in einem Helikopter mit ausgehängten Türen zu sitzen und die Landschaft nur wenige Hundert Meter unter sich dahin gleiten zu sehen. „Halten die Sicherheitsgurte wirklich“ frage ich mich still. Ja, es ist nichts für Ängstliche, aber zum Fotografieren ideal. Das Okavango Delta ist weltweit einmalig. Wo sich sonst überall auf der Welt die Flüsse ins Meer ergiessen, versickern die Wassermassen des Okovango in der Wüste und erreichen nie das Meer. Vorher aber bilden sie eine einmalige Landschaft mit vielen Wasserarmen und Teichen.


Und diese Landschaft bietet unzähligen Tieren Lebensraum. Ganze Herden von Büffeln, Zebras und Impalas sehen wir aus der Luft, aber auch Elefanten, Giraffen und Hippos. Die Flugstunde ist schneller vorüber als uns lieb ist und wir landen wieder am Flughafen von Maun. Dieser Flughafen soll, gemessen an der Anzahl Starts und Landungen, der meist frequentierte Flugplatz Afrikas sein. Der Grund sind die Lodges im Delta, die nur mit Kleinflugzeugen zu erreichen sind.


Dann zu Land: Wir fahren in das Moremi Wild Reserve, einem riesigen Schutzgebiet, das fast das ganze Okavango Delta umfasst. Es gibt ab Maun noch etwa 25 Km Asphaltstrasse, dann nur Pisten, meistens der übelsten Art. 

Wir kämpfen uns durch, denn im tiefen Sand zu fahren haben wir inzwischen gelernt. Einfach den Luftdruck in den Reifen reduzieren, Vierradmodus einschalten und mit Vollgas durch - ohne Rücksicht auf Verluste. Unglaublich, was ein Toyota Hi Lux schafft. (Leider muss ich zugeben, dass der Brummi hier nicht den Hauch einer Chance hätte). Mit dieser Methode sind wir nie mehr stecken geblieben. Manchmal sind die Sandfelder einige Hundert Meter lang, sie können sich aber auch über Kilometer hinweg ziehen. Im ersten Gang heult der Motor qualvoll, aber irgendwie wühlt sich das Auto durch den bodenlos tiefen Sand. Als Entschädigung für die Schwerstarbeit wartet ab und zu hinter der nächsten Kurve ein Elefant und wenn er auch nicht klatscht, so macht er doch einen zufriedenen Eindruck.

Vier Nächte haben wir in diesem Park in verschiedenen Camps gebucht. Jeden Abend und jeden Morgen unternehmen wir so genannte „Game Drives“. Wir kreuzen in der Umgebung der Camps an verschiedenen Wasserstellen vorbei, in der Hoffnung, möglichst viele Tiere zu sehen. Es klappt nicht immer, denn wir kennen die Gegend nicht und wissen nicht, wo die Tiere gerade sind. Wir fragen die Wildhüter, wo die Chancen am grössten sind, doch die Antwort – „they move“ – hilft nicht wirklich. Manchmal sind wir enttäuscht, nichts gesehen zu haben, manchmal aber kommen die Tiere sogar in das Camp. Diese sind in Botswana nicht umzäumt, der Weg zur Toilette kann, besonders in der Nacht, auch mit einer unliebsamen Begegnung überraschen. In gewissen Camp raten die Ranger, beim nächtlichen Toillettengang alles gut auszuleuchten. Was man aber machen soll, wenn der Leuchtkegel der Stirnlampe einen Löwen anscheint, sagt er uns nicht. In einem anderen Camp rät man uns, nur im Auto zur Toilette zu fahren. 


Elefanten sind riesig, aber eigentlich harmlos und sie marschieren regelmässig durch den Campingplatz. Was aber in der Nacht alles herumläuft, können wir am Morgen nur an den Spuren im Sand erkennen. Immer wieder hören wir in der Nacht Löwengebrüll und das Lachen der Hyänen. Ein anderes Kapitel sind die Paviane. Ganze Horden streifen durch die Camps und nichts ist vor ihnen sicher. Kaum drehe ich mich um, schon klauen sie unser Frühstücksbrot. Die Wurst konnte ich im letzten Augenblick noch retten.

Da, wie erwähnt, das Delta aus vielen Wasserläufen besteht, bleibt ab und zu nichts anderes übrig, als mit dem Auto durch das Wasser zu fahren. Da stellt sich zuerst die Frage: „Wie tief ist es“? Klar, mit Durchwaten würde man es leicht feststellen können. Was aber ist mit den Krokodilen, die wir schon mehrmals an den Ufern der Gewässer gesehen haben? Vielleicht sind sie auch hier? Was, wenn sie hungrig sind? Wir können uns nicht einigen, wer von uns beiden diese Aufgabe übernehmen soll. Also bleibt nichts anderes übrig, als genau zu verfolgen, wo die Reifenspuren unserer Vorgänger in und aus dem Wasser führen und dann versuchen, die gleiche Linie fahren. Manchmal geht bei der Durchquerung das Wasser bis über die Motorhaube, aber es klappt immer, wir bekommen nie nasse Füsse. 

Auch nicht bei dem Ausflug mit einem Einbaum, hier Moroko genannt. Dabei ist allerdings Balance gefragt, denn die Boote sind alles andere als stabil.

Gut sieben Tage verbringen wir im Moremi- und später in Chobe National Parks. Bei der Errichtung dieser Parks wurden alle Menschen, die vorher hier gelebt haben, zwangsweise umgesiedelt. So treffen wir hier nur Touristen (deren Zahl durch die notwendige Vorausbuchung limitiert ist) und die Wildhüter. Es ist dann etwas seltsam, nach dem Besuch dieser Parks in eine lebendige Stadt wie Kasane zu kommen, wo die Strassen voller Menschen und Autos sind. Aber auch hier sind die Wildtiere. Wir staunen nicht schlecht, als sich ein Warzenschwein mit ihren sieben Jungen vor dem Supermarkt herum treibt. Auf unserem letzten Game Drive im Chobe sehen wir zwei Löwinnen - gleich neben der Piste - faul unter einem Baum liegen und riesige Zebraherden. Für uns ist es ein würdiger Abschluss unserer Reise durch die Wildnis Botswanas. Morgen verlassen wir das Land in Richtung Namibia. 


      

Samstag, 14. Oktober 2017

Durch Sand und Schlamm

Botswana ist ein sehr flaches Land. Kein Berg oder nur ein Hügel weit und breit. Und es ist sehr trocken und besteht fast nur aus Sand. Es ist nicht eine Wüste ohne Bewuchs, es hat fast Bäume und Büsche überall. Zu Abwechslung gibt es Pans. Das sind abflusslose Ebenen, in welchen das Wasser, falls es einmal kommt, verdunstet. Eine Ebene, die wir durchfahren müssen, heisst Sowa Pan. Sie ist etwa 120 km lang und 25-40 km breit. Normalweise ist die Oberfläche hart und relativ gut zu befahren. Doch es lauert stets die Gefahr, dass ein Fahrzeug einbrechen kann, denn im Untergrund lauert ein bodenloser Schlamm. Und dann hilft, wenn überhaupt nur noch ein Traktor. Aber der ist mindestens 100 km weit. Wir fahren nach Kubu Island. Es ist eine Erhöhung mitten der endlosen Weite des Pans, darum wird es hier Insel genannt. Nun kommt aber noch ein zusätzliches Unbill für uns dazu. Der Boden ist nach den Regenfällen noch nicht ganz ausgetrocknet und teilweise bis mit 20 cm tiefem Schlamm bedeckt. Da quälen wir uns durch. Der Schlamm spritzt bis zum Dach, die Räder drehen durch. Nur nicht stehen bleiben ist die Devise. Einmal dreht sich das Auto um die eigene Achse – völlig unvermittelt und ohne dass ich etwas dagegen machen kann. Der Wagen schlingert wie auf Eis. Was ein Steckenbleiben bedeuten würde, mag  ich gar nicht denken. 


Die weisse Toyota Farbe ist durch eine dicke Schlammkruste überdeckt, die in der heissen Sonne schnell eintrocknet. Doch wir schaffen es und „landen“ auf der Insel. Dort wachsen unzählige Baobab-Bäume. Ein unbekanntes Volk hat dort vor sehr langer Zeit einige Steinmauer errichtet, wer das war und warum, weiss man nicht. Eine Nacht verbringen wir dort in einem Camping, der zwar einen Haufen Geld kostet, aber als Infrastruktur einzig eine Latrine hat. Es soll hier eine mystische Stimmung herrschen, schreibt der Reiseführer. Doch wir spüren nur den starken Wind, der am Auto rüttelt.
Am nächsten Tag müssen wir wieder „aufs Festland“. Zum Glück ist die nördliche Zufahrt um einiges einfacher. Das nächste Ziel ist der Nxai Pan National Park. Wie der Name sagt, handelt es sich auch hier um eine abflusslose Ebene. Die Zufahrt besteht aus tiefem Sand, aber da wiederhole ich mich… Die erste Nacht verbringen wir bei Baines Baobabs. 

Es ist eine malerische Baobab - Gruppe die dadurch bekannt wurde, dass sie der englische Maler und Entdecker Baine 1860 auf Leinwand verewigt hat. Seitdem haben sich die Bäume nicht verändert, was nicht wundert, denn die Baobabs werden über Tausend Jahr alt. Wir sind ganz alleine hier, der nächste Mensch ist schätzungsweise mindestens 50 km entfernt. Bei einem Feuer und einem Drink geniessen wir die besondere Atmosphäre.


Da wir es im nächsten Camp im Nxai Pan bedeutend spannender. Kaum haben wir uns eingerichtet glaube ich meinen Augen nicht. Kaum sechs Meter entfernt trottet gemütlich ein Elefant durch das Camp. Das gehört hier zum Alltag hören wir später. Die Sanitäranlagen sind durch eine Art „Panzersperren“ mit scharfen Spitzen gesichert. Angeblich sind die Elefanten ganz friedlich, doch wenn sie Durst haben und irgendwo Wasser spüren, können sie durch ihre ungeheure Kraft alles kaputt machen.


Da ist es schon besser sie am Wasserloch im Park zu beobachten. Einer nach dem anderen kommt zum Trinken. Sie bespritzen sich mit Schlamm und planschen wie kleine Kinder. Bald zählen wir 15 Stück. Aber auch andere Tiere kommen um zu trinken. Es scheint uns, dass jeder Tierart eine bestimmte Zeit am Wasserloch vorbehalten hat. Und so kommen sie nacheinander – Springböcke, Zebras, Strausse, Kudus, Gnus, Schakale und, und, und. Nur die Löwen lassen sich nicht blicken - trotz stundenlangem Warten unserseits. Der Tag vergeht wie im Nu und bei so viel Abwechslung leiden wir nicht so sehr unter der grossen Hitze.

Dann fahren wir nach Maun. Das ist die einzige grössere Stadt im Westen Botswanas und sie wird die Safarihauptstadt benannt. Hier erfüllen wir uns ein lange gehegter Traum – ein Helikopterflug über Okavango Delta. 

       

Montag, 9. Oktober 2017

Verloren in den unendlichen Weiten der Kalahari





Nach der (fast) vergeblichen Blumensuche im Namaqualand im Nordwesten von Südafrika sind wir nach Namibia eingereist. Auf einem schönen Campingplatz direkt am Oranje River stimmen wir uns auf dieses Land ein. 

So schön grün war es später nicht mehr, sondern sehr trocken. In den Thermalquellen von Ai-Ais konnten wir uns nach den unerwartet kalten Nächten in Südafrika gehörig entspannen und unsere erste Reifenpanne flicken lassen. Weiter geht es zum Fish River Canyon. Er ist der zweitgrösste Canyon nach dem Grand Canyon in den USA. Man kann ihn in einer 80 km langen, sehr anstrengenden, Wanderung durchlaufen, wozu fünf Tage nötig sind. Aber nur im Winter, denn im Sommer sind die Temperaturen am Boden des Canyons schier unerträglich. Nun ist aber die Wandersaison zu Ende. Am Einstiegsort begegnen wir einer Gruppe Freiwilligen, die nun die Wanderroute von den Hinterlassenschaften der Wanderer säubern will. Eigentlich kein gutes Zeugnis für die Naturfreunde.. Wir schauen uns den Canyon von der verschieden Aussichtspunkten an und bewundern ihn beim Sonnenuntergang. 


Auch am Morgen fahren wir noch einmal hin, denn dann ist das Licht zum fotografieren besonders gut. Bei Keetsmanshoop verbringen wir den Abend in einem Köcherbaumwald und Romy kann schöne Bilder mit der untergehenden Sonne schiessen.




Dann aber verlassen wir Namibia schon wieder. Bei Mata-Mata reisen wir in den Kgalagadi Transfrontier National Park ein. Dieser Park hat einen südafrikanischen und einen botswanischen Teil. Nach langen Verhandlungen zwischen den beiden Ländern hat man den Grenzzaun abgerissen und den ganzen Park zum „Niemandsland“ erklärt. Nur wenn man in ein anderes Land ausreisen will als man eingereist ist sind die Grenzformalitäten nötig, was auch uns betrifft, denn wir reisen weiter nach Botswana.

Im Park herrschen strenge Regulierungen. Die Liste der Verbote ist lang und muss persönlich unterschrieben werden. Ohne vorherige Reservierung der Camps wird man gar nicht rein gelassen. Fahren darf man nur in den angegebenen Zeiten von 6:30 morgens bis 18:30 abends. Wer sich verspätet steht vor geschlossenem Tor und muss eine Busse zahlen. Zu sehen, hauptsächlich an Wasserstellen, sind vor allem Springböcke, Orixantilopen, Kudus, Gnus und viele Vögel. Durch unsere intensive Suche bekommen wir auch einen Löwen und mehrere Schakale zu sehen. Hier gibt es die Kalahari-Löwen, deren Männchen eine schwarze Mähne haben. Dann haben wir besonderes Glück, ein Gepard mit seinem Nachwuchs läuft direkt vor unserem Auto über die Piste als wir am Abend zum Camp zurückkehren. Drei Tage verbringen wir im südafrikanischen Teil, dann erwartet und die erste grosse Herausforderung. Um in den botswanischen Teil zu gelangen, muss man eine über 160 km lange, sehr anspruchsvolle Piste bewältigen. Diese hat es in sich, besonders für mich, der keine grossen Erfahrungen mit „4x4 Fahren“ im tiefen Sand hat. „Lerning by doing“ ist die Devise. Es geht über unzählige Sanddünen. Bald bleiben wir im Sand stecken, aber wir lernen schnell dazu. Den Luftdruck in den Reifen reduzieren, etwas schaufeln, die Untersetzung einschalten, zurück fahren  und schon bald ist die Düne überwunden. Kaum 300 Meter weiter glauben wir unseren Augen nicht trauen zu können. Mitten auf der Piste liegt eine Löwenfamilie und nur ungern gibt sie den Weg frei. Der botswanische Teil des Parks ist praktisch unerschlossen. Die sehr einfachen Camps haben keine Zäune und so ist ein Löwenbesuch bei Abendessen durchaus möglich. Romy beruhigt mich – angeblich gehören Menschen nicht zum Speiseplan der Löwen. Nun - testen möchte ich es lieber nicht…


Löwen in einem Camp erleben wir schon am nächsten Tag wirklich. Wir steuern ein Campingplatz an, um ruhig Mittag zu essen. Als wir später wegfahren wollen, erscheint plötzlich ein Löwe. Und er bleibt nicht alleine, andere trudeln ein und bald können wir fünf Löwen aus nächster Nähe beobachten (natürlich aus dem sicheren Auto). Es gibt nämlich Wasser aus einem Hahn im Camp und das ist der Grund, warum sie gekommen sind. Und genau da, wo wir vor einer Viertelstunde unsere Wasservorräte aufgefüllt haben, lassen sie sich nun nieder. Die erwachsenen Löwen verschwinden bald im Busch, doch die drei Jungtiere bleiben und machen keine Anstalten, den Platz zu räumen. Das junge Männchen hat eine weggeworfene PET Flasche gefunden und spielt ausgiebig damit - wie ein kleines Kind. Wir beobachten das Trio fast bis zum Abend. Doch wir sind froh ein anderes Camp für die Nacht gebucht zu haben.
Nach fünf Tagen kehren wir in die Zivilisation zurück. In Kang können wir wieder duschen und ein Abendessen im Restaurant geniessen. Sogar Interzugang gibt es hier. Aber nichts ist vollkommen – irgendwann fällt der Strom aus und ein Generator wird angeworfen. Leider steht dieses laute Ding gleich neben dem Campingplatz.

Dann geht es wieder in die Wüste, unser Ziel heisst Central Kalahari Game Reserve. Und wieder haben wir auf dem Zufahrtsweg mit tiefem Sand zu kämpfen. Entschädigt werden wir durch Elefanten, die an einem Wasserloch beim Parkeingang ihren Durst stillen.


Nie hätten wir gedacht, dass in dieser trockenen Einöde Elefanten leben. Im diesem Park bleiben wir drei Nächte und haben mit Hitze und sehr schlechten Pisten zu kämpfen. Auch lernen wir, dass nicht nur  Raubtiere lästig sein können. An einem der völlig einsamen Camps wimmelt es nur so von Ameisen, die auch unangenehm beissen können. Wie schon einmal gesagt – nichts ist vollkommen.