Dienstag, 19. August 2014

Bären und der grosse Regen

Unser erstes Ziel in Alaska ist Homer, im Süden der Kenai-Halbinsel gelegen. Hier planen wir etwas Grosses – zu den Bären fliegen. Wir haben uns das „Hallo Bay Bear Camp“ ausgesucht, dort kann man relativ günstig in fest installierten Zelten übernachten. Zuerst haben wir Glück, denn obwohl wir nicht im voraus gebucht haben, gibt es noch freie Plätze. Zwar nicht schon für morgen, aber übermorgen. Wir besuchen inzwischen den „Homer Spit“, eine sandige Landzunge, die einige Kilometer ins Meer hinaus ragt.


Dort wird vor allem gefischt und es hat viele Campingplätze direkt am Strand. Leider scheint es, dass inzwischen das schlechte Wetter auch Homer erreicht hat. Als wir uns nach der genauen Abflugzeit erkundigen, werden wir auf Nachmittag vertröstet, und als wir dann wieder erscheinen, auf morgen. Das schlechte Wetter in der Gegend der „Hallo Bay“, erlaubt keine Flüge, heisst es. Auch die Leute, die bereits dort unten sind, können nicht ausgeflogen werden. Am dritten Tag wiederholt sich die Situation. Wir wollen nicht mehr länger warten, die Ungewissheit ist zu gross. Problemlos bekommen wir die Anzahlung zurück und wir denken dabei an die Touristen, die nicht zurückfliegen können – jede zusätzliche Nacht im Bärencamp kostet sie 150 Dollar - an verpasste Anschlussflüge und weitere Probleme gar nicht zu denken.

Doch so leicht geben wir nicht auf und suchen eine andere Möglichkeit, die Bären zu „besuchen“. Bei „Beluga Air“ buchen wir eine Tagestour in den Lake Clark Nationalpark. Diesmal fliegen wir pünktlich ab. Das kleine Wasserflugzeug mit nur sechs Plätzen hebt an einem See in der Nähe von Homer ab und landet, oder besser gesagt wassert, nach etwa 45 Minuten Flug im Nationalpark.



Dort werden wir zuerst mit einem köstlichen Lachs zum Mittagessen begrüsst, dann besteigen wir ein kleines Boot und fahren am Ufer entlang. Lange muss unser Ranger nicht suchen und wir sehen die erste Bärin, ein riesiges Tier, fast drei Meter, schätzen wir. Sie steht auf den Hinterbeinen im Wasser und hält nach Lachsen Ausschau.

Vom Ranger, der die Bären hier genau kennt, erfahren wir, dass sie 14 Jahre alt ist. Vergnügt fischt sie nach Lachsen und hat dabei viel Erfolg. Vielleicht auch wegen ihrer schlauen Taktik – sie taucht vollständig unter Wasser und bleibt relativ lange unten. Nie hätten wir geglaubt, dass es ein Bär es so lange unter Wasser aushalten kann. Später sehen wir noch viele andere Bären. Eine Mutter mit drei Jungen, die ziemlich mager ist, was bei so zahlreichem Nachwuchs kein Wunder ist. Der Ranger meint, dass es ungewiss ist, ob sie sich noch genug Reserven für den nächsten Winter anfressen kann. Ein vierjähriges Geschwisterpaar ist gemeinsam unterwegs, meistens begegnen wir aber Einzelgängern. Die Bären scheinen uns im Boot gar nicht zu bemerken, zu sehr sind sie auf die Lachse konzentriert. Dabei beträgt die Entfernung zu ihnen kaum 20 Meter.




Noch einmal fahren wir nach Whittier, dem Hafen, wo wir vor einer Woche angekommen sind. Damals hat es in Strömen geregnet, nun regnet es Bindfäden. Vielleicht hat es seit unserem ersten Besuch gar nie aufgehört? Dabei wollten wir eine Bootstour im Prince Williams Sound unternehmen. „26 Gletscher in 5 Stunden“ verspricht die Werbung. Bei diesem Wetter hat es aber keinen Sinn. Wir beschliessen, noch einen Tag länger zu warten. Es regnet die ganze Zeit ununterbrochen weiter, fast wachsen uns Schwimmhäute und wir kriegen einen Regenkoller. Nun bin ich geneigt, den Sätzen aus der Geschichte von Whittier zu glauben. Während des Zweiten Weltkrieges haben die Amerikaner diesen Hafen ausgebaut – wegen „notorisch schlechtem Wetter“, heisst es dort. Im Schutz der tiefhängenden Wolken war der Hafen vor den Angriffen der japanischen Flugzeuge sicher. Mit schwerem Herzen verzichten wir am nächsten Tag auf „die 26 Gletscher“ und lassen sie buchstäblich „ins Wasser fallen“. „Nichts als raus aus diesem Regenloch“, sagen wir uns und fahren nach Anchorage.

Der Camping in Anchorage ist fest in Schweizer Hand. Wir treffen dort zuerst auf Maria und Hans-Jürg, die mit einem Mercedes Wohnmobil mit Berner Nummer ein Jahr länger unterwegs sind als wir. Zwei weitere Paare mit gemieteten Fahrzeugen gesellen sich zu der Runde. Es gibt Kaffee, Engadiner Nusstorte aus der Schweiz und viel, viel zu erzählen.



Anchorage, die grösste Stadt in Alaska, bietet nicht viele Sehenswürdigkeiten. Bei einem schweren Erdbeben im Jahr 1964 wurden viele ältere Gebäude zerstört und später durch Neubauten ersetzt. Nach den vielen Tagen in der Wildnis tut es uns gut, genüsslich einen Cappuccino zu schlürfen und den Leuten beim Flanieren zuzusehen.

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