Viele Wochen sind wir durch fast menschenleere Landstriche
gefahren, Natur und Einsamkeit pur. Das hat sich nun drastisch geändert. Wir
sind im östlichen Teil Kanadas angelangt, dort wo die meisten Einwohner Kanadas
leben. Hier liegen auch die grossen Städte des Landes: Toronto, Ottawa,
Montreal und Quebec. Von Toronto geht unsere Reise in die Hauptstadt Ottawa.
Ihre
Gründung geht auf einen erbitterten Streit der Provinzen Ontario und Quebec
zurück. Sie konnten sich nicht einigen wo die Hauptstadt der Föderation liegen
soll – in Toronto oder in Montreal. Weder noch, hat die britische Königin
damals beschieden und hat eine unbedeutende Kleinstadt an der Grenze der beiden
Provinzen als der Sitz der Regierung bestimmt.
Vielen Politikern hat diese
Entscheidung gar nicht gefallen, doch gegen das Wort der Königin war nicht anzukommen.
Amerikanische Journalisten spotteten damals, dass im Falle eines Angriffs auf
Kanada die fremden Truppen keine Chancen hätten, weil sie die Hauptstadt in den
Wäldern ja gar nicht finden würden. Doch über die Jahre erwies sich die
Entscheidung der Monarchin als sehr weise. Heute ist Ottawa eine lebendige
Stadt an der Sprachgrenze, auf der einen Seite des Grenzflusses wird Englisch,
auf der anderen Französisch gesprochen. Symbolisch bildet sie so eine Brücke
zwischen den Kulturen Kanadas. Die Regierungsgebäude, Parlament und das Oberste
Gericht sind im anglo-gotischen Styl gebaut, sie sehen wie Schlösser irgendwo
in England aus.
Die Provinz Quebec ist die einzige Provinz Kanadas mit
Französisch als Amtssprache. Aber fast alle Einwohner sprechen auch Englisch. Die
Aussprache der beiden Sprachen ist für uns etwas gewöhnungsbedürftig. Der
„Indian Summer“ hat das Land nun vollends erreicht, das gelbe, orange und rote
Laub der Ahornbäume strahlt fantastisch in der Herbstsonne. Aus der Ferne
betrachtet sieht es manchmal aus, als ob die Wälder brennen würden.
Doch das wahre Juwel unter Kanadas Städten ist für uns eindeutig
Quebec. Es ist auch kein Wunder, denn sie ist die älteste Stadt in Nordamerika
und die einzige mit einer intakten Stadtmauer nördlich von Mexiko. Allein ihre
Lage am Ufer des St. Lorenz-Stromes ist fantastisch und nicht ohne Grund gehört
die Stadt zum Weltkulturerbe der UNESCO. Der St. Lorenz-Strom ist auch für grosse Kreuzfahrerschiffe schiffbar,
sie können direkt im Hafen der unteren Stadt anlegen. Darum treffen wir hier -
für diese Jahreszeit - erstaunlich viele Touristen. Über steile Gassen oder
lange Treppen gelangt man in die obere Stadt mit ihrer riesigen, mit vielen
alten Kanonen bestückten Festung. Sie wurde erbaut um den Schiffsverkehr am St.
Lorenz-Strom zu kontrollieren und einer möglichen Invasion der USA vorzubeugen.
Als wir an der Mauer entlang laufen, erschreckt uns plötzlich ein Kanonenschuss.
Zum Glück ist kein Feind in Sicht, es ist nur die Mittagskanone. Alles in der
Stadt ist vorbildlich renoviert und sauber, kleine Cafés und Restaurants säumen
die Gassen. Französische Küche ist angesagt, ein Fastfood-Lokal sucht man hier
vergebens. Trotz der schon fortgeschrittenen Jahreszeit belustigen
Strassenkünstler und Musiker das Publikum.
1 Kommentar:
Ihr wart genau zwei Monate zu spät, sonst hätten wir uns abermals treffen können auf eurer Reise. Wir waren an all diesen Orten im August, da war aber noch kein indian Summer.
Gruss Jan
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