Dienstag, 4. September 2012

Regenzeit in Kambodscha


Ohne Probleme erreichen wir die Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. Die Strasse führt durch eine schier endlose Ebene mit Reisfeldern, die jetzt in der Regenzeit wunderbar frisch grün sind. Ja, unsere Reiseplanung war nicht in jeder Hinsicht optimal…aber wenn man verschiedene Länder / Gebiete besucht, kann man nicht überall zur besten Zeit sein. Nun ist es aber nicht so, dass es dauernd ohne Unterbruch regnen würde, es sind teils heftige Regenschauer, die höchstens zwei Stunden dauern, selten länger. Dadurch liegen die Temperaturen nur noch bei 35 Grad, die Luftfeuchtigkeit allerdings bei 80 – 90 Prozent, echt ätzend. Aber das Land in dieser Zeit zu erleben ist auch eine Erfahrung wert.

Phnom Penh ist eine aufstrebende Stadt, die ersten Hochhäuser streben bereits zum Himmel. Was wir so oft gehört haben – Kambodscha sei sehr korrupt – bewahrheitet sich gleich. Wir fahren in eine Polizeifalle und schon sind wir 5 USD los, ohne uns eigentlich irgendwelcher Schuld bewusst zu sein. Auch das Bezahlen ist speziell in Kambodscha, alle grösseren Beträge werden in amerikanischen Dollars bezahlt. Da es aber keine Münzen gibt, bekommt man als Retourgeld dann die einheimische Währung Riel zurück.

Es ist unglaublich wie viel Leid das Land in der jüngsten Vergangenheit erleiden musste. Die Herrschaft der Roten Khmer zwischen 1975 und 1979 lastet schwer auf der älteren Generation. Damals wurden, je nach Schätzungen, zwischen zwei und drei Millionen Kambodschaner brutal ermordet, oder sind an Hunger und Krankheiten, bedingt durch den Krieg, gestorben (ein Drittel der kambodschanischen Bevölkerung). Alles nur, weil man eine reine kommunistische Gesellschaft aufbauen wollte. Alle, die scheinbar in diese Gesellschaft nicht passten, seien es Gebildete, Mönche, solche die eine fremde Sprache beherrschten oder auch nur Brillenträger waren (das galt als intellektuell), wurden kurzerhand eliminiert. Das eindrucksvolle Zeugnis dieser Terrorherrschaft kann man im ehemaligen Sicherheitsgefängnis sehen, das in ein „Genozides Museum“ umgewandelt wurde. Waren es Menschen oder Tiere, die dieses unermessliche Leid dem eigenen Volk angetan haben? Wir haben in der Schule gelernt, was für Gräueltaten die Nazis im Zweiten Weltkrieg verübt hatten. Für uns war das eine ferne Vergangenheit. Die Roten Khmer aber haben in den Siebzigerjahren gewütet – in einer Zeit, in der wir in Europa ein gutes Leben führten. Der Westen, vor allem die USA, haben nichts unternommen, wollten davon gar nichts wissen, obwohl sie auch an der politischen Entwicklung in Kambodscha beteiligt waren.

Doch es gibt zum Glück auch schönere Dinge hier in der Hauptstadt, der Königspalast und die Silberpagode, um einige Sehenswürdigkeiten zu nennen. Man kann hier auch sehr gut essen, vielleicht eine Hinterlassenschaft der französischen Kolonialherren. Ein Fischfilet mit einer sämigen Sosse – ein Gedicht. So etwas habe ich nicht mehr gegessen seit wir die Schweiz verlassen haben.

Hier treffen wir auch das erste Mal auf den Mekong, die Lebensader Südostasiens. Hier in Phnom Penh mündet ein anderer Fluss in den Mekong, der Tonle Sap. Und das ist vielleicht der einzige Fluss auf der Welt, der seine Fliessrichtung ändert. In der Regenzeit, wenn der Mekong Hochwasser führt, fliesst er „rückwärts“ und füllt den riesigen Tonle Sap See mit Wasser. In der Trockenzeit fliesst dann das Wasser zurück in den Mekong und weiter in sein Delta in Vietnam.

Wir werden nun dem Mekong lange Zeit bis nach Nord - Laos folgen. Doch bevor wir Kambodscha verlassen, wollen wir noch die seltenen Flussdelfine sehen. Mit einem kleinen Fischerboot mit einfachem Aussenbordmotor kreist unser Bootsmann im überfluteten Wald, denn die Tiere halten sich nicht gern in der starken Hauptströmung auf. Die Fahrt zwischen den Bäumen ist allein schon ein Erlebnis. Wir wollen schon fast die Hoffnung aufgeben, die Tiere zu Gesicht zu bekommen, doch dann haben wir aber Glück – wir sichten eine Gruppe. Die Flussdelfine sind viel kleiner als ihre im Meer lebenden Verwandten, sind aber gleich verspielt.

Der Grenzübergang nach Laos ist problemlos ausser dass die Beamten gerne ein Trinkgeld hätten. Und gleich danach kommt ein weiteres Highlight – die Mekong Wasserfälle.


Auf einer breiten Front stürzen sich die gewaltigen, braunen Fluten etwa 15 Meter in die Tiefe. Gischt sprüht und ein Donnern erfüllt die Luft. Hier mussten die Franzosen in der Kolonialzeit ihre Träume von einem durchgehenden Wasserweg bis nach China begraben. Aber klein beigeben wollten sie auch nicht. Sie haben grosse Verladerampen, eine Brücke und eine sieben Kilometer lange Eisenbahn quer durch die Mekong Inseln gebaut um auf dieser Weise die Wasserfälle zu umgehen. Auf der Trasse dieser Eisenbahn kann man heute wunderbar Fahrrad fahren und die grüne tropische Landschaft bewundern, in der die alten Dampflokomotiven vor sich hin rosten. Da Romy nach dem Unfall in Siem Reap aber noch nicht in die Pedalen treten kann, haben wir uns für diese Rundfahrt ein kleines Motorrad gemietet.


In Laos sind wir übrigens wieder Millionäre geworden. Für einen Franken bekommen wir ungefähr 8000 Kip. Der Bankomat spuckt freundlich grade auf einmal eine Million davon aus. Doch so schnell wie sie kommt, so schnell ist sie wieder weg…

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