Sonntag, 20. Juli 2014

Von Bären und rauchenden Tälern

Yellowstone ist der erste und älteste Nationalpark, nicht nur in den USA, sondern in der ganzen Welt. Hier wurde die Idee geboren, besonders schöne und wertvolle Landschaften vor jeder kommerziellen Nutzung zu schützen und sie in ihrer Pracht für die nächsten Generationen zu erhalten. Und natürlich ist Yellowstone ein Muss für jeden, der den Westen der USA besucht. Die Hauptsehenswürdigkeiten sind die zahlreichen Geysire, Wasserfälle und verschiedene Tierarten.


Der bekannteste Geysir im Park ist der „Old Faithful“, der ziemlich pünktlich alle 75 Minuten riesige Heisswasserfontänen bis zu 55 Meter hoch gegen den Himmel schiesst. Anzeigetafeln im Visitors Centre informieren die Besucher über den Zeitpunkt der nächsten Eruption. Hunderte versammeln sich dann im Halbkreis um den Geysir und schauen sich diesen Spektakel an. Gut 20 Minuten kann es dauern und manchmal wird am Ende sogar geklatscht. Natürlich ist der Old Faithful nicht der einzige Geysir im Park, es zischt, brodelt, dampft und spritzt an allen Ecken und Enden. Heisser Schlamm blubbert, Dampffahnen steigen gegen den Himmel und die durch kochendes Wasser an die Oberfläche gebrachten Mineralien verwandeln die Thermalgebiete in unvorstellbare Farbenpracht.



Eine weitere Attraktion sind die Wasserfälle, es gibt unzählige kleinere und zwei besonders gewaltige. Der Yellowstone-Fluss stürzt sich in zwei Stufen in einen tiefen Canyon. Wassergischt verhüllt die Sicht, das gewaltige Donnern des stürzenden Wassers erinnert an ein Düsenflugzeug und übertönt jede Stimme - einmalig.
Und dann die Tiere. Eigentlich will jeder die drei Bekanntesten sehen, die im Park leben: Bisons, Bären und Wölfe. Bisons gibt es viele, man sieht sie bequem aus dem Auto neben der Strasse grasen. Aber nicht nur dort. Als ich im Campingplatz zurück zum Auto komme, wundere ich mich über die viele Leute, die, wie ich zuerst annehme, das Auto fotografieren. Es passiert ab und zu, dass fremde Leute ein Foto vom Brummi machen, aber gleich so viele? Ich bin ein wenig enttäuscht als ich merke, dass nicht das Auto das Objekt für die Fotografen ist, sondern ein dahinter friedlich grasender Bison.


Die Parkverwaltung gibt klare Regeln raus. Man darf sich einem Bär oder einem Wolf auf höchstens 90 Meter nähern und zu den Bisons muss man mindestens 30 Meter Abstand halten. Aber was man machen muss, wenn die Bisons sich dem Menschen nähern, hat sie nicht bekannt gegeben. Etwas anderes sind die Bären. Vor ihnen wird überall ausdrücklich gewarnt, zu sehen bekommt man aber fast nie einen. Und wenn doch, dann sind zwei Sachen unvermeidlich – ein Stau, denn alle halten sofort an, um den Bären zu fotografieren und einen Ranger, der den Bären (oder die Leute?) bewacht. Böse Zungen behaupten, dass im Yellowstone Nationalpark jeder Bär von einem eigenen Ranger, (oder auch einer Rangerin) 24 Stunden betreut wird. Auch einen Wolf haben wir beobachtet, doch die Situation war gleich wie bei den Bären. Zusätzlich hat ihn der Ranger mit der Autosirene in die Büsche weggescheucht, bevor Romy ein gutes Bild schiessen konnte

Dafür hat sie dann mit ihrem Super-Tele einen Grizzly ganz nah vor die Linse bekommen. Wer mehr Tiere sehen will, muss im Hinterland des Parks wandern. Dort ist man aber auf sich allein gestellt und hat kein schützendes Auto, sollte ein Bär oder Wolf zu nahe kommen.

Der Yellowstone verabschiedet sich von uns mit einem kurzen aber heftigen Wolkenbruch – es ist der erste Regen seit wir unterwegs sind. Wir verlassen Wyoming und reisen nach Idaho ein. Der Teilstaat ist in den USA für die grössten und schmackhaftesten Kartoffeln bekannt. Und wirklich, die Kartoffelfelder, meistens mit fahrbaren Sprinkleranlagen bewässert, reichen bis zum Horizont. Ob der zweite Teil des bekannten Spruches (der dümmste Bauer hat die grössten Kartoffeln) auch auf die hiesigen zutrifft, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir wissen nur, dass hier auch kluge Menschen am Werk sind. In der Wüste von Idaho stehen viele geheimnisvolle Anlagen, dir mit für uns unverständlichen Abkürzungen angeschrieben sind. Weit von den nächsten Siedlungen wird hier Atomforschung betrieben. Natürlich ist alles geheim und nicht zugänglich.

Eine Ausnahme gibt es allerdings. Es ist EBR-1, angeblich der weltweit erste Atomreaktor, mit dem elektrischer Strom produziert wurde. Heute, sauber dekontaminiert, dient er als Museum unter dem Titel: Atomforschung für friedliche Zwecke. Die Begeisterung der Forscher war damals gross. Wir können es fast nicht glauben, was man alles mit Atomenergie erreichen wollte - sogar Flugzeuge antreiben, die fast unbegrenzt lange in der Luft bleiben sollten. Zum Glück hat man die Pläne rechtzeitig gestoppt, bevor so ein strahlendes Ding irgendwo abstürzen konnte.


Nun fahren wir Richtung Westen. Es liegen noch wenige Nationalparks auf dem Weg, bevor wir die Küste des Pazifiks erreichen.

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