Sonntag, 22. Juni 2014

Canyons ohne Ende


Ohne reich geworden zu sein (aber auch nicht viel ärmer), verlassen wir Las Vegas. Die weitere Strecke hat Janine geplant, mit dem Ziel, in ihren drei Wochen Ferien möglichst viel zu sehen. Wir hätten allerdings eine etwas langsamere Gangart vorgezogen. Zuerst geht es zum Zion Nationalpark. Seine mächtigen Felswände imponieren uns schon vom Weiten. Der Park selber ist für den privaten Verkehr Tabu, im Inneren verkehren Shuttle Busse. Nur die Durchgangstrasse im Süden ist befahrbar. Aber auch nicht ohne Einschränkungen, denn es gibt unterwegs einen niedrigen Tunnel. Deshalb müssen hohe Fahrzeuge in der Mitte der Strasse fahren, was natürlich eine Einbahnverkehrsführung bedingt. Um den Verkehr zu regeln, könnte man einfach Ampeln aufstellen - wie sie an den Baustellen üblich ist, denken wir. Nicht aber hier, hier wird jedes Ende des Tunnels von einer Person überwacht. Der Fahrer des letzten Fahrzeuges, das in die freigegebene Richtung fährt, bekommt einen Stab, wie bei einem Staffellauf. Diesen gibt er auf der anderen Seite ab, damit dort die Aufsichtsperson den Verkehr in die andere Richtung freigeben kann. Dieser Service kostet dann pro Fahrzeug mit Überhöhe 15 Dollar.

Unser nächster Nationalpark ist der Bryce Canyon. Für uns ist es der schönste Park überhaupt. Unglaublich, was die Kraft der Erosion für eine Schönheit erschaffen kann. An den unzähligen Türmen, weiss und in allen Schattierungen von Rottönen, können wir uns kaum satt sehen. Es gibt kaum Worte mit der man die Szenerie beschrieben kann – einfach spektakulär.

Eine lange Fahrt bringt uns zum Antelope Canyon. Lang ist sie deshalb, weil wir einen weiten Umweg nehmen müssen. Es gibt zwar eine viel kürzere Strecke über die Berge. Vom Befahren mit grossen Wohnmobilen wird aber dringend abgeraten. Als eine Art Entschädigung finden wir auf dem Umweg eine deutsche Bäckerei mit zwar sündhaft teurerem, aber köstlichem Brot. Den Colorado Fluss überqueren wir auf einer grossen Brücke bei einem Staudamm, der den Colorado zum Lake Powell staut. Das türkisfarbene Wasser bildet einen unglaublichen Kontrast zu umliegenden Wüstengegend.


Der Antelope Canyon liegt auf dem Gebiet der Navajo Indianer und war bis vor kurzer Zeit ein Geheimtip. Es ist mehr ein Tunnel als ein Canyon, von Wasserfluten tief in dem roten Felsen ausgewaschen und er darf nur in der Trockenzeit betreten werden. Ab und zu fällt ein Sonnenstrahl in die Tiefe - gleich einem Scheinwerferlicht. Nachdem der „National Geographic Magazin“ die ersten märchenhaften Bilder veröffentlich hat, kommen immer mehr Touristen. Weil unsere Fotografinnen mindestens so gute Bilder machen wollen, buchen wir hier eine Foto-Tour. Zwar kostet sie etwas mehr, dafür haben wir genug Zeit und es laufen uns nicht ständig fremde Leute vor die Kamera. Unsere kleine Gruppe besteht aus fünf Personen, geführt von einem Navajo Guide, der selber ein engagierter Hobbyfotograf ist und uns zahlreiche Tips gibt. Als wir wieder ans Tageslicht kommen sind die Speicherkarten voll.




Viele Bilder gibt es auch beim nächsten Halt, bei „Horse Shoe Bend“, einer Biegung des Colorado Flusses, die wie ein perfektes Hufeisen geformt ist, daher auch der Name.


Und auch im Monument Valley gibt es Motive in Hülle und Fülle. Eine ruppige Piste, voll mit Schlaglöchern und Steinen, führt 17 Meilen durch das Tal. Das Wohnmobil muss auf dem Parkplatz bleiben, für Brummi ist die Piste aber kein Problem. Die Landschaft ist hier fantastisch, so stellt man sich den Wilden Westen vor. Hier wurden schon etliche Western Filme gedreht, mit John Wayne und vielen anderen. Auch der Marlboro Mann aus der Zigarettenwerbung ist hier zu Hause.

Ungern verlassen wir diese Gegend, aber Janines Reiseplan ist unerbittlich. Das letzte gemeinsame Ziel ist der Grand Canyon Nationalpark. Es gilt als eine der grössten Sehenswürdigkeit in den USA überhaupt. Entsprechend gross ist der Andrang und es ist schwierig hier ohne rechtzeitige Reservation einen Platz im Camping zu bekommen. Wir haben aber Glück und können drei wunderschöne Tage im Park verbringen. Nur der starke Wind macht den Aufenthalt nicht immer angenehm. Er ist auch der Grund für ein allgemeines Feuerverbot. So landen die Steaks in der Bratpfanne und nicht auf dem Grill, wie wir es gerne hätten. Nur ein kleiner Teil des Parks darf mit dem eigenem Auto erkundet werden, auf den übrigen Strecken fahren Shuttle Busse. Und der Canyon selber? Er ist gewaltig, unvorstellbar gross und schön. Aber das sind nur Worte, man muss die Dimension erlebt haben. 1600 Meter unter uns glitzern die Stromschellen des Colorados in der Sonne. Wir wandern immer wieder ein Stück oben auf der Kante und schauen mit Respekt hinunter. Leider sind wir nicht alleine, hier sind wörtlich Menschenmassen unterwegs. Oft kann der Shuttle Bus die Leute gar nicht alle aufnehmen. Das ist aber nicht so schlimm, denn in zehn Minuten kommt schon der nächste.



Und dann kommt der letzte gemeinsame Tag, der Tag des Abschieds. Janine und Rafi machen das Wohnmobil startklar. Sie fahren nun auf dem schnellsten Weg nach Los Angeles zurück, um das Auto abzugeben und sich in aller Eile noch die Stadt anzuschauen, bevor sie nach Hause fliegen. Wir bleiben noch einen Tag länger hier. Es war eine schöne Zeit mit ihnen. Es fällt schwer Adieu zu sagen. Einige Tränen fliessen, denn es werden Monate vergehen, bis wir uns wiedersehen. Rafi gibt Gas, wir winken, das Ungetüm von Wohnmobil verschwindet hinter der nächsten Kurve. Ab jetzt reisen wir wieder alleine. Vielen Dank liebe Janine und lieber Rafi für die gemeinsame Zeit.

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